Therapie der Leberzirrhose

Von Fachärzten geschrieben und wissenschaftlich überprüft.

Die Therapie der Leberzirrhose richtet sich auf

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Allgemeines

Die Therapie der Leberzirrhose setzt sinnvollerweise schon bei der Vorbeugung an. So kann die rechtzeitige Behandlung einer chronischen Virushepatitis, einer diabetischen Fettleber oder einer Hämochromatose vor der Entwicklung einer Leberzirrhose schützen.

In der Regel ist nicht davon auszugehen, dass eine einmal eingetretene Vernarbung des Organs wesentlich zurück geht; allerdings wird immer wieder von einer Verbesserung des Fibrosierungsgrads berichtet; fibrotische Frühstadien (Leberfibrose) lassen sich möglicherweise heilen. Aber auch das Zirrhosestadium kann möglicherweise reduziert werden.

Behandlung der Grundkrankheit

Die Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung kann in frühen Stadien die Entstehung und in späten Stadien das Fortschreiten einer Leberzirrhose verhindern. Beispiele:

  • Hämochromatose: Bei der Behandlung einer Leberzirrhose auf dem Boden einer Hämochromatose ist die Entfernung überschüssigen Eisens (am effektivsten durch Aderlässe) aus dem Körper essentiell. Dies kann zu einem Rückgang der Narbenbildung führen. Ähnlich verbessert bei der sekundären Eisenüberladung nach Transfusionen im Rahmen der ß-Thalassämie die medikamentöse Entfernung von Eisen den Fibrosegrad der Leber (1) Am J Hematol. 2018;93(7):943-952. doi:10.1002/ajh.25103 (2)Int J Mol Sci. 2019;20(9):2132. Published 2019 Apr 30. doi:10.3390/ijms20092132
  • Morbus Wilson: Bei der Behandlung einer Leberzirrhose auf dem Boden eines Morbus Wilson ist die Entfernung überschüssigen Kupfers aus dem Körper essentiell. Dies kann ebenfalls zu einer Verbesserung der Leberstruktur und Reduktion des Komplikationsrisikos führen. (3)Clin Res Hepatol Gastroenterol. 2018;42(6):512-520. doi:10.1016/j.clinre.2018.03.007
  • Chronische Hepatitis C: Die Behandlung einer Leberzirrhose auf dem Boden einer chronischen Hepatitis C mit einem Therapieschema, das einen „sustained virilogical response (SVR) bewirkt, kann in Einzelfällen zu einer Regression der Leberzirrhose führen. Heute werden mit hoher Erfolgsrate „direct-acting antiviral agents“ (DAAs) angewendet. (4)Gut Liver. 2017;11(3):335-348. doi:10.5009/gnl15458
  • Leberzirrhose nicht-alkoholischer Ursache: Hat sich die Leberzirrhose auf dem Boden einer nicht-alkoholischen Fettleberhepatitis (NASH) gebildet, so ist eine Umstellung der Ernährungsgewohnheiten und eine Gewichtsabnahme Grundvoraussetzung der Behandlung.
  • Leberzirrhose auf dem Boden einer Autoimmunhepatitis: Eine immunsuppressive Therapie vermag, die Ausprägung der Leberfibrose zu reduzieren. (5)Dig Dis Sci. 2005 Mar;50(3):547-51

Weitere spezifische Therapie seltener Ursachen

Siehe unter:
alkoholischer Fettleberhepatitis, NASH, autoimmuner Hepatitis, PBC, PSC, Hämochromatose, Morbus Wilson, Stauungsleber, Alpha-1-Antitrypsin-Mangel, Mukoviszidose.

Alkoholkarenz

Alkoholabstinenz gilt für alle Lebererkrankungen.

→ Informationen zur Alkoholwirkung siehe hier

Ernährung

Die Therapie der Leberzirrhose wird diätetisch begleitet. Bei der nicht dekompensierten Leberzirrhose wird eine ausgewogene Normalkost in der Regel empfohlen. Eine überkalorische und fette Kost ist zu vermeiden. Es kann in Einzelfällen notwendig sein, die Eiweißzufuhr auf 1g pro kg Körpergewicht pro Tag zu beschränken. Eine weitere Beschränkung ist auf Dauer zu vermeiden, da sie zu Katabolie und einem Muskelabbau führt.

Wenn wegen Übelkeit, Erbrechen oder Appetitlosigkeit eine ausreichende Nahrungsaufnahme nicht möglich ist, muss die Nahrung mit flüssigen Formeldiäten ergänzt werden; ggf. Magensonde oder parenterale Ernährung (Bilanzierung).

→ Zur Ernährung bei Lebererkrankungen siehe hier

Substitution von Vitaminen und Spurenelementen

Bei der Leberzirrhose findet sich oft eine Mangel an Vitaminen und Spurenelementen. Zur Behandlung gehört ihre Substitution. Von praktischer Bedeutung sind vor allem:

  • Vitamin B6 bei peripherer Neuropathie, Krämpfen, Rhagaden, Cheilosis, Stomatitis

→ Mehr zur Ernährung bei Leberzirrhose siehe hier.
→ Mehr zum Vitaminmangel bei Leberzirrhose siehe hier.


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Medkamentöse Therapie

Die medikamentöse Therapie der Leberzirrhose richtet sich nach der Ursache und den Komplikationen. Auf Medikamente, deren Wirkung nicht gesichert ist, soll verzichtet werden, da hierdurch die Zirrhose ungünstig beeinflusst werden kann.

Cave: Anabol wirkende Steroide oder Aminosäurenzubereitungen mit aromatischen Aminosäuren und Methionin können zur Dekompensation der Leberzhirrhose führen!

Verzweigtkettige Aminosäuren

Verzweigtkettige Aminosäuren wirken sich bei der dekompensierten Leberzirrhose günstig auf den Krankheitsverlauf aus: nach Studienergebnissen bessern sich das Krankheitsempfinden und die hepatische Enzephalopathie und steigt die Albuminkonzentration des Bluts (siehe hier).

Hemmung der Vernarbung

Zur Therapie der Vernarbung (Fibrosierung) gibt es neuere Ansätze: Ein therapeutisches Ziel ist die Beeinflussung von aktivierten hepatischen Myofibroblasten (Ito-Zellen), die eine zentrale Rolle für die Fibrogenese der Leber spielen (6) Adv Drug Deliv Rev. 2017;121:27-42. doi:10.1016/j.addr.2017.05.007. Die experimentelle Antagonisierung des TGF-beta-Receptor-Signalwegs vermindert die Fibrosebildung (siehe Leberfibrose). (7)Am J Physiol Gastrointest Liver Physiol. 2017;312(3):G219-G227. doi:10.1152/ajpgi.00160.2016

Curcumin beeinflusst die Itozellen und vermag, die Fibrosebildung zu hemmen. (8)Endocrinology. 2009 Jul;150(7):3011-20 Auch an der Lunge werden Fibroblasten durch Curcumin gehemmt. (9)Sci Rep. 2019;9(1):491. Published 2019 Jan 24. doi:10.1038/s41598-018-36858-3

Sorafenib ist ein Angiogenesehemmer (Hemmstoff der Neubildung von Blutgefäßen), der im Tierversuch zu einer Reduktion des Pfortadrehochdrucks (portale Hypertension) und gleichzeitig zu einer Verbesserung der Leberfunktion sowie einer Abnahme des Fibrosierungsgrades führt. (10)Hepatology. 2009;49(4):1245-1256. doi:10.1002/hep.22758 Sorafenib wird auch beim Leberkrebs (hepatozelluläres Karzinom) eingesetzt. (11)United European Gastroenterol J. 2016;4(3):363-370. doi:10.1177/2050640615615041

Juckreiz

Juckreiz (Pruritus) ist oft therapieresistent. Er ist besonders bei der chronischen Cholestase, wie sie bei der PBC auftritt, ein Problem. Endogene Opioide scheinen an seiner Entstehung beteiligt zu sein. Opiat-Antagonisten sind in diesen Fällen hilfreich. Auch andere Medikamente, wie der Stimmungsaufheller Sertalin (12)Am J Gastroenterol. 2003; 98: 2736-41 (ein Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer, SSRI), können erfolgreich sein. Der veränderte Medikamentenstoffwechsel bei Leberzirrhose und eine mögliche weitere Leberschädigung müssen jedoch bedacht werden. Die extrakorporale Albumindialyse (MARS-Dialyse (13)J Hepatol. 2010 Aug; 53(2):307-12. ) scheint in schwierigen Fällen erfolgreich eingesetzt werden zu können, wie bei PBC-Patienten gezeigt wurde. (14)Am J Gastroenterol 2004; 99: 1105-1110 Nicht therapierbarer Pruritus kann in Einzelfällen eine Indikation für eine Lebertransplantation sein. (15)World J Gastroenterol. 2017;23(19):3418-3426. doi:10.3748/wjg.v23.i19.3418

Infektionen

Bei einer Zirrhose besteht eine erhöhte Infektanfälligkeit besteht; und Infekte können besonders schwer verlaufen; es besteht ein  erhöhtes Risiko für eine bakterielle Blutvergiftung (Sepsis) und ein Multiorganversagen. Daher sind bei den ersten Hinweissymptomen Antibiotika indiziert. Erreger sind meist E. coli oder Streptococcus pneumoniae. Das Ergebnis einer Kultur wird meist nicht abgewartet. Verwendet werden vielfach Cephalosporine der 3. Generation, z. B. Cephalotaxim.

Eine antibiotische Prophylaxe ist normalerweise nicht sinnvoll, da ein hohes Risiko einer Resistenzentwicklung besteht. Sie kann jedoch als Rezidivprophylaxe nach einer spontanen bakteriellen Peritonitis indiziert sein sowie als Prophylaxe nach massiver Oesophagusvarizenblutung oder bei akutem Leberversagen.

Knochenabbau

Zur Vorbeugung eines Knochenabbaus, der mit einer Leberzirrhose assoziiert ist, sollten folgende Maßnahmen dienen: ausreichende Eiweißzufuhr, Substitution von Kalzium und Vitamin D, ggf. Calcitonin-Kuren und/oder Bisphosphonate wie Alendronsäure oder Pamidronat. (16)Clin Res Hepatol Gastroenterol. 2011 Jun;35(6-7):438-45. doi: 10.1016/j.clinre.2011.03.007  (17)Biomed Res Int. 2016;2016:1423462. doi: 10.1155/2016/1423462.

Muskelabbau

Die Verhinderunge eines Muskelabbaus (besonders ausgeprägt bei Alkoholkranken) ist ein wichtiges Behandlungsziel. Er ist bedingt durch Eiweißmangel und mangelhafte körperliche Aktivität, die durch Abgeschlagenheit und Müdigkeit sowie oft durch die toxischen Effekte des Alkohols gefördert wird. Der Muskelabbau fördert wiederum den Knochenabbau. Zur Behandlung werden daher eine angepasst-eiweißreiche Kost (angepasst an die Leistungsfähigkeit der Leber) und eine regelmäßige körperliche Aktivität empfohlen, die am besten nach einem Programm gestaltet wird.  (18)Cochrane Database Syst Rev. 2018 Dec 21;12(12):CD012678. doi: 10.1002/14651858.CD012678.pub2

Komplikationen

Die Therapie der Leberzirrhose berücksichtigt ihre Komplikationen. Dazu siehe unter

Lebertransplantation

Im Endstadium der Leberzirrhose, in dem die Syntheseleistung und Entgiftungsfunktion kritisch abnehmen, kommt eine Lebertransplantation in Frage. Die Entscheidung, ob ein Patient als Transplantationskandidat in Betracht kommt, sollte schon im Vorfeld geklärt werden, wobei Hepatologen und Transplantambulanzen helfen. Von Bedeutung sind dabei u. a. Alter und Comorbidität (Begleitkrankheiten), Compliance, soziale Einbindung und Nachweis einer Alkoholabstinenz über einen längeren Zeitraum (z. B. über 1/2 Jahr).

→ Mehr zur Lebertransplantation siehe hier.

Neue Therapie-Perspektiven

Mesenchymale Stammzellen

In vitro ließen sich in geeignetem Medium aus Stammzellen des Knochenmarks Leberzellen mit der Fähigkeit zur Bildung von Albumin, AFP und Cytokeratin 18 züchten. Diese Zellen wurden intravenös Ratten mit einer experimentellen Leberzirrhose injiziert (Behandlung mit Tetrachlorkohlenstoff, CCl4). DieEs zeigte sich, dass die Vernarbung durch die anschließende Injektion der in Hepatozyten umgewandelten Stammzellen weitgehend reduziert wurde. (19)World J Gastroenterol. 2012 March 14; 18(10): 1048–1058 Stammzellen können auch aus menschlicher Leber gewonnen werden (hLD-SCs). Sie besitzen ein größeres Potenzial für eine Leberregeneration als mesenchymale Stammzellen und werden als vielversprechende Quelle für Stammzellen zur Leberregeneration angesehen. (20)Cells. 2020;9(6):1521. Published 2020 Jun 22. doi:10.3390/cells9061521

Emricasan

Emricasan ist ein Caspasehemmer, der Entzündungsreaktionen und den programmierten Zelltod (Apoptose) unterdrückt. Die durch Caspasen vermittelten Signalwege fördern eine durch Alkohol und durch Hepatitis C verursachte Leberzirrhose. Die Aktivierung dieser Wege lässt sich durch Emricasan hemmen. In einer Studie wurde gezeigt, dass die Hemmung zu einer Verbesserung der Leberfunktion führte und den MELD- und Child-Pugh-Scores reduzierte. (21)Clin Gastroenterol Hepatol. 2019 Mar;17(4):774-783.e4. doi: 10.1016/j.cgh.2018.06.012


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Verweise

Weitere Fachinfos

Patienteninfos

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Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


 

Literatur

Literatur
1 Am J Hematol. 2018;93(7):943-952. doi:10.1002/ajh.25103
2 Int J Mol Sci. 2019;20(9):2132. Published 2019 Apr 30. doi:10.3390/ijms20092132
3 Clin Res Hepatol Gastroenterol. 2018;42(6):512-520. doi:10.1016/j.clinre.2018.03.007
4 Gut Liver. 2017;11(3):335-348. doi:10.5009/gnl15458
5 Dig Dis Sci. 2005 Mar;50(3):547-51
6 Adv Drug Deliv Rev. 2017;121:27-42. doi:10.1016/j.addr.2017.05.007
7 Am J Physiol Gastrointest Liver Physiol. 2017;312(3):G219-G227. doi:10.1152/ajpgi.00160.2016
8 Endocrinology. 2009 Jul;150(7):3011-20
9 Sci Rep. 2019;9(1):491. Published 2019 Jan 24. doi:10.1038/s41598-018-36858-3
10 Hepatology. 2009;49(4):1245-1256. doi:10.1002/hep.22758
11 United European Gastroenterol J. 2016;4(3):363-370. doi:10.1177/2050640615615041
12 Am J Gastroenterol. 2003; 98: 2736-41
13 J Hepatol. 2010 Aug; 53(2):307-12.
14 Am J Gastroenterol 2004; 99: 1105-1110
15 World J Gastroenterol. 2017;23(19):3418-3426. doi:10.3748/wjg.v23.i19.3418
16 Clin Res Hepatol Gastroenterol. 2011 Jun;35(6-7):438-45. doi: 10.1016/j.clinre.2011.03.007
17 Biomed Res Int. 2016;2016:1423462. doi: 10.1155/2016/1423462.
18 Cochrane Database Syst Rev. 2018 Dec 21;12(12):CD012678. doi: 10.1002/14651858.CD012678.pub2
19 World J Gastroenterol. 2012 March 14; 18(10): 1048–1058
20 Cells. 2020;9(6):1521. Published 2020 Jun 22. doi:10.3390/cells9061521
21 Clin Gastroenterol Hepatol. 2019 Mar;17(4):774-783.e4. doi: 10.1016/j.cgh.2018.06.012