PBC – einfach erklärt

Artikel aktualisiert am 29. Februar 2024

PBC ist die Abkürzung für primär biliäre Cholangitis (englisch: primary biliary cholangitis). Der Begriff „primär biliäre Zirrhose“ ist für die frühen Stadien der PBC nicht zutreffend. Die Krankheit wird heute sehr viel früher diagnostiziert, meist weit vor dem Endstadium einer Leberzirrhose. Zirrhose bedeutet Narbenleber. „Primär biliär“ bedeutet, dass sich die Krankheit von den kleinen Gallenwegen der Leber aus entwickelt. „PBC – einfach erklärt“ macht verständlich, wie es zu der Erkrankung kommt und wie man sie aufhalten und behandeln kann.

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Die Leber


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Wie sich die PBC entwickelt und zeigt

Voraussetzung für das Verständnis der Krankheit ist es, das die Grundfunktionen des Organs mit der Bildung der Gallenflüssigkeit (kurz: Galle) und ihre Struktur mit den gallebildenden Leberzellen und den galleableitenden Gallenwegen bekannt ist (siehe auch unter Die Leber, Normale Funktionen der Leber und Aufbau der Leber). Erste Hinweise auf diese Krankheit sind allgemeiner Juckreiz und andauernde Abgeschlagenheit bei jungen bis mittelalten Frauen. Wenn eine leichte Gelbfärbung in den Augen (Sklerenikterus) auffällig wird, kann die Erkrankung bereits etwas fortgeschritten sein. Jedenfalls sind solche Symptome Anlass, eine Diagnostik in Richtung PBC zu starten.

Veranlagung und Auslösung

Die primär biliäre Cholangitis (PBC) ist eine relativ seltene chronische Leberkrankheit, die vorwiegend Frauen im mittleren Lebensalter betrifft (Verhältnis Frauen zu Männern 9:1). Dies hängt mit weiblichen Sexualhormonen zusammen, die in gewisser Weise förderlich sind.

Welche Auslöser zur Krankheit führen, ist weitgehend unbekannt. Möglicherweise sind es virale oder bakterielle Infektionen, die bei den meisten Menschen keinen bleibenden Schaden anrichten, die aber bei einer genetischen Veranlagung zur PBC führen.

Zerstörung von Gallenwegen und Reparatur

Bei der PBC handelt es sich um eine Autoimmunkrankheit der Leber: Der Körper greift fälschlicherweise Bestandteile der Leber durch das eigene Immunsystem an (dazu siehe hier). Im Fall der PBC werden die Gallenwege der Leber (Cholangiolen) vom Immunsystems langsam zerstört. Es bilden sich die ersten Narben im Lebergewebe. Das Reparatursystem der Leber versucht nun dem entgegenzuwirken, indem es neue Gallenwege bildet, was im histologischen Bild gut zu erkennen ist.

Die neu gebildeten Gallenwege tragen lange Zeit kompensatorisch ausreichend zum Abfluss der Galle bei. Solange bleibt die Ausscheidungsfunktion der Leber ungestört. Wenn jedoch mehr Choangiolen zerstört als neu gebildet werden, beginnt eine Krankheitsphase, in der Galle nicht mehr ausreichend abfließen kann. Sie bleibt im Körper zurück und ruft Symptome hervor. Es entwickelt sich ein Gallestau („Cholestase“, mehr dazu siehe hier). Das auffälligste Kennzeichen (Symptom) ist Gelbsucht (Ikterus). Diese Phase ist auch gekennzeichnet durch eine besonders intensive Narbenbildung: die Leber wandelt sich zur Narbenleber (Leberzirrhose) um.

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Einbeziehung anderer Drüsen

Bei der PBC sind oft nicht nur die Ausführgänge der Leber betroffen, sondern – wohl in unterschiedlichem Ausmaß – auch diejenigen anderer sekretorischer Drüsen des Körpers, wie der Speicheldrüsen und der Tränendrüsen. Es kommt auch hier zu Störungen der Flüssigkeitsableitungen; die Drüsen werden „trocken“ (lateinisch: sicca). Daher nennt man dies „Sicca-Syndrom“. Bemerkbar macht es sich durch trockenen Mund und trockene Augen. Auch kann es eintreten, dass sich Gelenkschmiere (Synovialflüssigkeit) nicht mehr genügend bildet, was zu erheblichen Gelenkbeschwerden führen kann.

Wie die PBC erkannt wird

In den Frühstadien macht die PBC kaum oder keine Beschwerden. Sie wird in diesen Fällen meist zufällig durch auffällige Laborwerte erkannt. Typisch sind hohe Cholestaseenzyme; dies sind Enzyme aus der Leber, die bei Gallestau im Blut ansteigen. Diagnostisch wertvoll sind vor allem die Werte der Gamma-GT und der alkalischen Phosphatase.

Manchmal kommt es in Frühstadien allerdings schon zu Symptomen, die eine genauere Untersuchung veranlassen. Dazu gehören – jeweils in unterschiedlicher Stärke und Ausprägung:

  • besondere Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Lustlosigkeit,
  • Gelenkbeschwerden (die zunächst oft verharmlost werden),
  • trockene Augen mit dem Gefühl des Sandreibens und trockener Mund,
  • gelblich-weißliche Flecke an den Augenlidern (Lipidflecke, medizinisch: Xanthelasmen) und
  • außerordentlich quälender Juckreiz.

Wenn bei einer Frau im mittleren Alter solche Symptome und Beschwerden zusammentreffen, liegt eine PBC als Ursache nahe, und es wird die Bestimmung von Leberwerten veranlasst. Wenn die Cholestaseenzyme besonders erhöht sind, werden er die antimitochondrialen Antikörper (AMA) bestimmt. Sind sie positiv, liegt die Diagnose einer PBC schon sehr nahe. In etwa 5% sind jedoch die AMA negatv. In diesen Fällen können die PBC-spezifischen Antikörper Anti-Sp100 und Anti-gp210 ANA diagnostisch weiterhelfen. Die IgM-Immunglobuline sind bei einer PBC meist erhöht; sie können zur Differenzierung gegen eine Autoimmunhepatitis herangezogen werden, bei der sie i.d.R. niedrig sind. Allerdings gibt es auch Überlappungen beider Leberkrankheiten.

Eine Leberpunktion sichert im Zweifelsfall die Diagnose und zeigt außerdem, wie weit die Krankheit fortgeschritten ist. In eindeutigen Fällen kann auf sie verzichtet werden. (1)Pathologica. 2021 Jun;113(3):170-184. DOI: 10.32074/1591-951X-245

Wichtig ist es zu wissen, dass die Gamma-GT bereits in der Frühphase einer PBC auffallend erhöht sein kann. Das ist insofern von Bedeutung, weil eine erhöhte Gamma-GT meist als Hinweis auf erhöhten Alkoholgenuss interpretiert wird – was in diesen Fällen nicht zutreffen muss!

Zusammengefasst

Man kann von einer PBC ausgehen, wenn folgende Konstellation vorliegt: Frau mittleren Alters mit Juckreiz, erhöhten Cholestaseenzymen, ohne Hepatitis-Nachweis, kein Alkoholabusus, AMA positiv.

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Was bei der PBC sonst noch untersucht werden sollte

Fettstoffwechselstörung: Bei der PBC besteht eine Fettstoffwechselstörung mit erhöhtem Risiko für Folgekrankheiten, so auch einer koronaren Herzkrankheit (Verengung der Herzkranzgefäße, mit Risiko für einen Herzinfarkt). Daher sollten die Blutfette unter Kontrolle bleiben. Allerdings ist die PBC in einem frühen Stadium ohne Beschwerden noch nicht mit einem erhöhten Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall verbunden.

Leberkrebs: In etwa 3,5% entwickelt sich bei der PBC Leberkrebs (hepatozelluläres Karzinom, HCC). Bei den regelmäßigen ärztlichen Kontrollen sollte in fortgeschrittenem PBC-Stadium daran gedacht werden. Kontrollen erfolgen durch die Bestimmung des Tumormarkers alpha-Fetoprotein und durch die Sonographie und andere bildgebende Verfahren.

Lungenfibrose: Sinnvollerweise sollte eine Lungenfunktion durchgeführt werden, um die – wenn auch geringe – Wahrscheinlichkeit der Entwicklung einer Lungenfibrose (Vernarbungen in den Lungen) im Auge zu behalten und einen Ausgangswert zu haben.

Brustkrebs: Es sollte eine Mammographie durchgeführt und regelmäßig wiederholt werden, denn das Risiko für Brustkrebs ist bei PBC-Patientinnen etwas erhöht.

Autoimmunhepatitis: Auch andere Autoimmunkrankheiten sollten bedacht werden, so insbesondere die Autoimmunhepatitis. Es gibt Mischformen mit der PBC.

Osteoporose: Eine Abnahme der Knochendichte wird bei der PBC häufig beobachtet. Bei schweren Verlaufsformen steigt daher die Gefahr von Knochenbrüchen an. Eine Knochendichtemessung kann das Risiko frühzeitig abschätzen lassen.

Andere Autoimmunkrankheiten: Die PBC geht mit einem erhöhten Risiko für weitere Autoimmunkrankheiten einher. Dazu gehören insbesondere das Sjogren-Syndrom, autoimmune Schilddrüsenkrankheiten und die systemische Sclerose, aber auch die Coeliakie. Sie sollten in eine Anfangsdiagnostik einbezogen werden. (2) 2017 Nov 15;11(6):771-780. doi: 10.5009/gnl16365.

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Verlaufsformen

Die Geschwindigkeit, in der es bei der PBC zur Zirrhose kommt, ist zunächst meist nicht vorhersehbar. Es gibt verschiedene Verlaufsformen. Wegen der verschiedenen Verlaufsformen ist es verständlich, dass manche große Studien, in denen solche Subgruppen gemischt sind, nicht zu einheitlichen Ergebnissen kommen.

Es gibt eine Gruppe, die so langsam fortschreitet, dass nicht mit der Entwicklung einer Leberzirrhose gerechnet werden muss. Wenn Patienten dieser Gruppe behandelt werden, ist man (manchmal fälschlicherweise) geneigt, den guten Verlauf der Behandlung zuzuschreiben.

In einigen Fällen besteht zusätzlich zum autoimmunen Angriff auf die kleinen Gallenwege gleichzeitig eine autoimmune Erkrankung, die auf die Leberzellen gerichtet ist. Hier handelt es sich um eine Autoimmunhepatitis (AIH). Die Kombination von PBC und AIH wird auch als PBC-AIH-Overlapsyndrom bezeichnet. Diese Form reagiert oft positiv auf Kortison-Präparate (Kortikosteroide, z. B. Prednisolon) und Azathioprin.

Bei einer primär schwer verlaufenden PBC hat Urso meist eine unzureichende Wirksamkeit. Ob Obeticholsäure solche Verlaufsformen wesentlich verlangsamen kann, ist ungewiss. Weitere Medikamente mit einer gesicherten Wirkung auf das Fortschreiten der PBC sind bisher nicht bekannt. Eine Verbesserung der Leberwerte allein bedeutet leider nicht unbedingt eine Verlangsamung der Zirrhosebildung. In diesen Fällen sind vor allen Behandlungsmaßnahmen gegen die subjektiven Symptome, wie Abgeschlagenheit, Gelenkbeschwerden und Juckreiz, erforderlich.

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Wie ein Fortschreiten aufgehalten werden kann

Ursodesoxycholsäure (auch als Urso oder UDCA abgekürzt, eine spezielle Gallensäure) gilt als Standardbehandlung. Sie vermag bei einer Patientengruppe den Verlauf der Krankheit tatsächlich verzögern, die Symptome bessern und die Leberwerte senken. Offenbar ist dies jedoch nicht bei allen Betroffenen der Fall. Wenn seine Wirkung unzureichend ist – immerhin in etwa 40% -, wird gelegentlich sein Derivat Obeticholsäure als eine „second-line“-Therapie empfohlen, die dann noch wirksam sein kann. (3)Pathologica. 2021 Jun;113(3):170-184. DOI: 10.32074/1591-951X-245

Es gibt neue Entwicklungen: sogenannte PPAR-Agonisten werden wahrscheinlich eine Therapiemöglichkeit darstellen, wenn die derzeit wirksamen Optionen ausgeschöpft sind. (4)N Engl J Med. 2024 Feb 29

Was gegen die Symptome hilft

Am quälendsten ist oft der Juckreiz. Manchmal hilft Urso, ein Antihistaminikum oder ein Opiatantagonist. Es wird auch von Lokalanästhetika berichtet, die in besonders quälenden Situationen zur lokalen Linderung beitragen können. Dies ist alles individuell unter ärztlicher Begleitung auszuprobieren (siehe hier).

Die Gelenkbeschwerden reagieren meist ausreichend auf Rheumamittel (Antithreumatika). In späteren Stadien wird oft auf zentral wirkende Schmerzmittel (Analgetika) zurückgegriffen.

Die Abgeschlagenheit ist meist nicht gut beherrschbar. Hier hilft möglicherweise ein gut geregelter Tagesablauf mit genügenden Ruhepausen, um wenigstens in geplanten Phasen ausreichend aktiv sein zu können. Eine medikamentöse Beeinflussung durch Modafinil scheint manchmal zu einer deutlichen Verbesserung führen zu können.

Manche Symptome reagieren positiv auf Vitamine und Spurenelemente, vor allem, wenn bei einsetzendem Gallestau (Cholestase) fettlösliche Vitamine (A, D, E, K) zu mangeln beginnen.

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Wie die PBC überwacht wird

Regelmäßige Kontrollen (z. B. ¼- oder ½-jährlich) des Befindens, der Laborwerte und des Ultraschalls der Leber und ihrer Durchblutung durch Duplexsonographie sind Routine, die jeder Arzt durchführen oder veranlassen kann.

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Perspektive Lebertransplantation

Wenn im Krankheitsverlauf Zeichen einer Leberzirrhose eintreten und das Bilirubin als Zeichen einer Cholestase ansteigt, dann sollte an die Perspektive einer Lebertransplantation (LT) gedacht werden. Dazu sollte eine Vorstellung in einem Zentrum erfolgen, das anschließend in größeren Abständen den Verlauf mit kontrolliert.

Sollte eine LT anstehen, müssen die Vorbedingungen geklärt werden, was einen großen körperlichen und psychischen Check-up bedeutet (verborgene Eiterherde? Risiko eines Herzinfarkts? Psychische Stabilität und Compliance (Folgsamkeit den Anordnungen gegenüber)? etc.).

Der richtige Zeitpunkt für eine LT wird über die Abnahme der Leberleistung bestimmt. Dazu dienen insbesondere die Bestimmung von Bilirubin und dem MELD-Score.

Die 5-Jahres-Überlebensrate von Patienten nach LT liegt bei 80-85%. Sie ist besser als bei den meisten anderen Indikationen. Nach LT kann erneut eine PBC auftreten; die Wahrscheinlichkeit dafür liegt bei 14% bis 42%. (5)Best Pract Res Clin Gastroenterol. 2018 Jun – Aug;34-35:107-111. doi: … Continue reading

Zur Lebertransplantation siehe hier.

Gibt es eine PBC-Diät?

Vielfach wird gefragt, ob man durch eine besondere Diät den Verlauf günstig beeinflussen kann. Leider nein! Umgekehrt kann man aber sagen, dass eine ungesunde fettreiche und vitaminarme Kost und zudem Alkohol und Nikotin in jeder Beziehung ungesund sind und einem günstigen Verlauf der PBC im Wege stehen. Es gelten prinzipiell die Empfehlungen wie auch für andere Leberkrankheiten. Dazu sei auf die Seiten Ernährung bei Leberkrankheiten und Ernährung bei Leberzirrhose verwiesen.

Vorsicht mit Internetinformationen

Da es verschiedene Verlaufsformen der PBC gibt, ist es immer ratsam, sich individuell durch den behandelnden Arzt beraten zu lassen.

  • Patientinnen, die einen nur leichten Verlauf aufweisen, sollten sich nicht unnötig durch die Berichte derjenigen, die einen schweren Verlauf durchmachen, in Angst versetzen lassen!
  • Und umgekehrt sollten sich diejenigen mit absehbar schwererem Verlauf in gewissen Abständen den nötigen Kontrolluntersuchungen unterziehen.
  • Internetinformationen, auch solche von Betroffenen, sind mit Vorsicht zu lesen. Was für eine Erkrankte / einen Erkrankten gilt, sagt die behandelnde Ärztin / der behandelnde Arzt.

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Verweise

Fachinfos

Patienteninfos

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Literatur

Literatur
1Pathologica. 2021 Jun;113(3):170-184. DOI: 10.32074/1591-951X-245
2 2017 Nov 15;11(6):771-780. doi: 10.5009/gnl16365.
3Pathologica. 2021 Jun;113(3):170-184. DOI: 10.32074/1591-951X-245
4N Engl J Med. 2024 Feb 29
5 2018 Jun – Aug;34-35:107-111. doi: 10.1016/j.bpg.2018.09.001.