Leberfunktionen bei Lebererkrankungen

Artikel aktualisiert am 13. Juli 2022

Die Leberfunktionen bei Lebererkrankungen können tiefgreifend gestört sein. Dies hat Auswirkungen, denn die Leber ist das zentrale Stoffwechsel- und Entgiftungsorgan, sorgt für die Bereitstellung der erforderlichen Energie und stellt wesentliche Bestandteile des Bluts und des Gerinnungssystems zur Verfügung.

Zur Leber und ihren Funktionen siehe hier.


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Überblick

Bei Lebererkrankungen können die normalen Funktionen der Leber mehr oder weniger deutlich eingeschränkt sein. Vor allem bei akuten Leberentzündungen (Hepatitis) oder fortgeschrittenen Narbenlebern (Leberzirrhose) finden sich Funktionsstörungen. Bei chronisch schleichenden Lebererkrankungen, die noch nicht zu einer Zirrhose geführt haben, sind sie dagegen selten, was mit der großen Reservekapazität der Leber zusammenhängt.

Häufige Ursache einer schweren Funktionsstörung ist die fortgeschrittene Leberzirrhose. Aber auch jede akute Hepatitis und andere tiefgreifende Erkrankungen der Leber können zu schweren Funktionsstörungen führen.

Bei der Leberzirrhose kommt es neben Funktionsstörungen meist auch zu einer erheblichen Behinderung der Durchblutung durch eine Widerstandserhöhung der Lebergefäße. Dies führt durch den Rückstau des Blutes zu ganz eigenen schwerwiegenden Symptomen der portalen Hypertension. Im Folgenden seien daher Folgezustände sowohl durch Leberfunktionsstörungen als auch durch Blutrückstau angesprochen.

Zu den normalen Funktionen der Leber siehe hier.

Auswirkungen einzelner Funktionsstörungen

Störung der Stoffwechselleistung

Bei einer Beeinträchtigung der Stoffwechselleistung kann es zu einer mangelhaften Bildung körpereigener Substanzen kommen. Hervorgehoben seien der Mangel an Gerinnungsfaktoren, der zu einer Blutungsneigung, und die unzureichende Bildung von Albumin, die zur Entstehung von Ödemen und Aszites führt. Eine unzureichende Umwandlung von Hormonen kann zu erheblichen Störungen führen. Dies betrifft unter anderem die Schilddrüsenhormone, die Sexualhormone und die für den Wasserhaushalt zuständigen Mineralokortikoide (u.a. Aldosteron). Die Folgen einer Sexualhormonstörung sind Libidoverlust und bei der Frau Menstruationsstörungen bzw. beim Mann Hodenatrophie und Gynäkomastie. Ein verminderter Abbau von Aldosteron trägt neben einer vermehrten Bildung zu einer verstärkten Wasser- und Salzretention im Körper und damit (wie der Albuminmangel) ebenfalls zur Ödem- und Aszitesbildung bei.

Störung des Zuckerhaushalts

Der Zuckerhaushalt des Körpers kann bei Lebererkrankungen empfindlich gestört sein. Seine Ursachen sind jedoch sehr komplex. Es kann ein Diabetes mellitus entstehen, aber auch – seltener – eine Neigung zur Hypoglykämie (Unterzuckerung) bestehen.

Störung der Entgiftungsfunktion

Eine Beeinträchtigung der Entgiftungsfunktion kann viele Auswirkungen haben. Patienten mit schwerem Leberschaden sind relativ anfällig für bakterielle Infektionen. Pneumonien oder eine bakterielle Peritonitis sind gefürchtete Komplikationen. Leberpatienten reagieren zudem empfindlich auf vom Darm eindringende Toxine. Sie gelangen ungehindert in den großen Kreislauf, was zu Auswirkungen auf den Kreislauf und andere Organe, speziell auch auf das Gehirn, führen kann. Eine Kreislauflabilität und eine Enzephalopathie können die Folge sein. Sie sind prinzipiell rückbildungsfähig. Eine mangelhafte Entgiftungsfunktion führt auch zu einem verlangsamten Abbau einiger chemischer Stoffe. Im Falle von Medikamenten führt dies zu einer nicht vorhersehbaren Veränderung ihrer Wirksamkeit.

Störung der Gallebildung

Eine Beeinträchtigung der Gallebildung führt einerseits zum Rückstau gallepflichtiger Substanzen im Körper (Cholestase) und andererseits zu einem Mangel an Galle im Darm.

  • Ein Gallerückstau bewirkt eine Gelbsucht (Ikterus) mit Juckreiz und Müdigkeit.
  • Ein Gallemangel im Darm führt zu einer Verschlechterung der Fettverdauung und der Resorption von Fettspaltprodukten und fettlöslichen Vitaminen (A, D, E, K). Der Mangel fettlöslicher Vitamine kann selbst wieder zu Symptomen im Körper führen. Ein Beispiel ist die Blutungsneigung bei Vitamin-K-Mangel.

Blutstau vor der Leber

Bei der Leberzirrhose, aber auch bei starken Leberschwellungen (Hepatomegalie) aus anderen Ursachen kommt es zu einem Blutstau in den zur Leber führenden Blutgefäßen und damit auch in der Milz und in den Schleimhäuten des Magens und Darms. Es kommt zu einer portalen Hypertension mit Ausbildung von Umgehungskreisläufen.

  • Ein Blutstau in der Milz führt zu einer Vergrößerung des Organs (Splenomegalie), was häufig mit einer Thrombozytopenie verbunden ist. Die Erniedrigung der Plättchenzahl bedeutet eine Blutungsneigung!
  • Ein Blutstau in den Schleimhäuten führt zu Maldigestion und Malabsorption. Damit kommt es auch zu einer nicht vollständigen Aufnahme einiger Medikamente! Ferner erhöht dies zusätzlich die Blutungsneigung.
  • Die Umgehungskreisläufe führen über Venen, die entlang der Speiseröhre ziehen; dies führt zur gefürchteten Ösophagusvarizenblutung. Ähnlich können auch pralle Rektalvenen (Rektalvarizen) zu lebensbedrohlichen Blutungen im Enddarm führen.

Störung der pH-Regulation des Körpers

Auch eine Störung der Regulation des Säure-Basen-Haushalts kann Folge einer schweren Lebererkrankung sein. Dazu siehe hier.

Behandlung und Vorbeugung

Alle diese Folgezustände einer Leberfunktionsstörung und einer Blutstauung vor einer verhärteten Leber (portale Hypertension) müssen nicht notgedrungen eintreten. Ziel einer frühzeitigen Behandlung ist es, ihnen vorzubeugen. Dies erfordert eine frühzeitige Diagnose. Liegen jedoch bereits Folgen einer Leberzirrhose vor, so sind meist eingreifende Maßnahmen notwendig, um sie zu beherrschen (z. B. Tipss, Lebertransplantation). Wichtig ist es daher, schon Frühsymptomen (z. B. Abgeschlagenheit, Juckreiz) diagnostisch nachzugehen.

Verweise

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).