Leberkrebs – einfach erklärt
Artikel aktualisiert am 27. Juli 2022
Bei Leberkrebs im engeren Sinn handelt es sich um eine bösartige Geschwulst, die sich in der Leber aus Leberzellen (Hepatozyten) entwickelt (hepatozelluläres Karzinom, abgekürzt HCC). Häufig wird jedoch jede Krebsgeschwulst, die sich in der Leber ausbreitet, als Leberkrebs bezeichnet, auch wenn es sich dabei nicht um ein HCC, sondern um Streukrebs (Metastasen) eines andersartigen Tumors handelt. „Leberkrebs – einfach erklärt“ macht verständlich, wie es zu einem HCC kommt, und wie man ihn vermeiden, aufhalten und behandeln kann.
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Inhaltsverzeichnis
Ursachen einer Leberraumforderung
Eine bösartige Geschwulst in der Leber kann durch verschiedene Krebsarten hervorgerufen sein. In Frage kommen:
- Leberzellkarzinom: der eigentliche Leberkrebs (hepatozelluläres Karzinom, HCC),
- Gallengangskrebs: er geht von den in der Leberpforte oder in der Leber gelegenen Gallenwegen aus,
- Gallenblasenkrebs, der von seinem Rand kontinuierlich in die Leber hineinwächst.
- Streukrebs (Metastasen) von einem bösartigen Tumor (Primärtumor), der sich zuerst in einem anderen Organ entwickelt hat. In Frage kommt prinzipiell jede bösartige Geschwulst, die Tochtergeschwülste bilden kann. Denn die Leber bietet für ihr Angehen gute Bedingungen. Tumore, die in sich häufig in der Leber absiedeln, sind Krebs der Lungen und Atemwege (Lungenkrebs, Bronchialkarzinom), Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom), Magenkrebs (Magenkarzinom), Dickdarmkrebs (Darmkrebs, kolorektales Karzinom) und gynäkologische Tumore. Aber auch an alle anderen bösartigen Tumore muss gedacht werden, wenn sich hier kein Ursprung findet. Beispiele sind Schilddrüsenkrebs, Melanom (schwarzer Hautkrebs), Speiseröhrenkrebs) oder Lymphknotenkrebs.
Leberzellkrebs entwickelt sich am häufigsten in einer chronisch entzündeten Leber und in einer Leberzirrhose. Eine chronische Hepatitis B und C und eine Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit) stellen ein hohes HCC-Risiko dar.
Diagnostik
Erstes Zeichen ist für die Betroffenen häufig eine unerklärliche Abgeschlagenheit, ein Appetitverlust und eine Gewichtsabnahme. Wenn eine chronische Leberkrankheit vorbesteht und bekannt ist, wird die Aufmerksamkeit sofort auf die Möglichkeit einer bösartigen Geschwulst der Leber gelenkt.
Diagnostische Methoden
- Die Laborwerte helfen nur beschränkt weiter. Häufig ist die Blutsenkungsgeschwindigkeit stark erhöht und stützt den Verdacht auf ein malignes Geschehen. Der Nachweis des Tumormarkers AFP ist ein starker Hinweis auf ein HCC in der obigen Konstellation.
- Die Ultraschalluntersuchung (Sonographie) ist meistens die erste bildgebende Untersuchung. Sie lässt Raumforderungen in der Leber recht gut erkennen. Eine umschriebene Raumforderung ist immer verdächtig auf Fremdgewebe. Sind mehrere Herde nachweisbar, so ist der Verdacht auf Metastasen gegeben; ist nur eine Raumforderung zu finden, so wäre auch ein HCC möglich. Eine Ultraschalluntersuchung mit Hilfe von Kontrastmittel kann ein HCC relativ sicher von anderen Tumoren unterscheiden.
- Die Computertomographie (CT) und die Magnetresonanztomographie (MRT) können HCC-typische Leberherde ebenfalls sehr sicher von Raumforderungen anderer Herkunft unterscheiden.
- Leberhistologie: Untersuchung von Gewebeproben aus Leberpunktionen können den Tumor sichern und weiter differenzieren.
Zur Umgebungsdiagnostik und zum weitgehenden Ausschluss anderer Tumore kommen folgende zusätzlichen Untersuchungen infrage:
- Röntgenbild der Lungen,
- Magenspiegelung (Gastroskopie),
- Darmspiegelung (Koloskopie),
- CT des Bauchraums.
Eine Leberpunktion wird praktisch immer durchgeführt. Sie dient der Gewinnung einer Gewebeprobe für die mikroskopische Untersuchung (Histologie, s. o.).
Behandlung
Die Behandlung richtet sich nach der Lokalisation und Größe des Tumors. Wenn der Tumor glatt begrenzt und nicht metastasiert ist, stehen verschiedene Therapiemöglichkeiten zur Diskussion. Es ist zu entscheiden, ob der Krebsherd durch eine nichtoperativ Technik (wie eine Thermoablation) vollständig zerstört werden kann, oder ob eine operative Therapie die sicherere Wahl darstellt. Ist dies der Fall, muss entschieden werden, ob er komplett herausgeschnitten (reseziert) werden kann, oder ob eine Lebertransplantation zur Diskussion stehen muss.
Da ein HCC häufig in einer Narbenleber (Leberzirrhose) entsteht, spielt es für die therapeutischen Überlegungen eine Rolle, wie die Leber durch die Resektion in ihrer Funktion beeinträchtigt werden wird und ob man ihr eine Verkleinerung durch eine Resektion zumuten darf.
Wenn eine Operation nicht erfolgversprechend ist
Im Fall einer fehlenden Operabilität muss geprüft werden, ob der Krebsherd lokal durch interventionelle Eingriffe zerstört werden kann. Dazu gibt es inzwischen verschiedene ablative Verfahren, wie TACE, SIRT etc. (siehe unter Hepatozelluläres Karzinom). Bei diesen Verfahren werden die Tumorherde über eine durch Punktion eingebrachte Sonde mit Hilfe von lokaler Hitze oder Elektrokoagulation o. ä. lokal zerstört.
Medikamentöse Therapie
Wenn operative und interventionelle Verfahren nicht zur vollständigen Tumorentfernung führen, bleibt die Option einer medikamentösen Behandlung. Sie führt allerdings nicht zu einer Heilung. Substanzen, die eingesetzt oder für die Therapie geprüft werden, sind z. B. Sorafenib, Sunitinib, Bevacizumab und Cetuximab. Die Behandlung sollte von Zentren gesteuert und überwacht werden.
Sorafenib ist ein Hemmstoff für Zellteilungen (Multikinasehemmer) und hat sich inzwischen als effektivste Behandlungsmöglichkeit für ein nicht operables HCC herausgestellt. Lenvatinib, ebenfalls ein Multikinasehemmer, ist ihm in einer Studie nicht unterlegen. (1)Signal Transduct Target Ther. 2020 Aug 11;5(1):146. DOI: 10.1038/s41392-020-00264-x. Die in einigen Fällen entstehende Resistenz des HCC (Tumorresistenz) gegen Sorafenib kann durch gleichzeitige Gabe von Valproinsäure überwunden werden. (2)Fundam Clin Pharmacol. 2021 Aug;35(4):690-699. DOI: 10.1111/fcp.12608
Neue Entwicklungen: Eine Reihe von Neuerungen versprechen einen erheblichen Fortschritt in der Behandlung eines nicht operablen HCC. Regorafenib, Ramucirumab, Cabozantinib sind Nachfolgepräparate von Sorafenib zur Behandlung im Falle eines Nichtansprechens der ersten Therapie (second-line-Behandlung). (3)Signal Transduct Target Ther. 2020 Aug 11;5(1):146. doi: 10.1038/s41392-020-00264-x Neue Medikamente sind die „Immun-Check-Point-Inhibitoren“; sie scheinen die Überlebenszeit weiter verlängern zu können. Studien und praktische Erfahrungen sind abzuwarten. (4) J Gastrointest Cancer. 2021 Dec;52(4):1217-1222. doi: 10.1007/s12029-021-00758-z. (5)Am J Transl Res. 2020 Jul 15;12(7):3212-3224.
Verweise
- Lebertransplantation bei Leberkrebs (HCC)
- Lebermetastase
- Sonographie der Leber
- Gastroskopie
- Koloskopie
- hepatozelluläres Karzinom
Infos für Patienten
Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).
Literatur
↑1 | Signal Transduct Target Ther. 2020 Aug 11;5(1):146. DOI: 10.1038/s41392-020-00264-x. |
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↑2 | Fundam Clin Pharmacol. 2021 Aug;35(4):690-699. DOI: 10.1111/fcp.12608 |
↑3 | Signal Transduct Target Ther. 2020 Aug 11;5(1):146. doi: 10.1038/s41392-020-00264-x |
↑4 | J Gastrointest Cancer. 2021 Dec;52(4):1217-1222. doi: 10.1007/s12029-021-00758-z. |
↑5 | Am J Transl Res. 2020 Jul 15;12(7):3212-3224. |