Koloskopie

Artikel aktualisiert am 13. Dezember 2022

Die Koloskopie (Spiegelung des Dickdarms durch ein Sichtgerät, Koloskop) dient der Untersuchung des Dickdarms und des terminalen Ileums (unterster Teil des Dünndarms) bei Verdacht auf eine Entzündung, Polypen oder Darmkrebs sowie zur Darmkrebsvorsorge oder zur Abklärung von Beschwerden oder Stuhlgangsunregelmäßigkeiten.

Dickdarm (Kolon)
Vorsorgespiegelung


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Gerätschaft

Das Koloskop ist flexibel und lässt sich von außen steuern. Es enthält einen Arbeitskanal durch den gespült, abgesaugt und manipuliert werden kann. Durch ihn lassen sich Biopsiezangen, Elektroschlingen, Injektionskanülen oder andere Hilfsmittel (z. B. ein Glasfaserkabel zur Laserkoagulation) einführen.

Heute sind die Geräte mit einer Videokamera ausgestattet, so dass das innere Darmbild über den Monitor verfolgt werden kann (auch vom Patienten, wenn er nicht sediert ist). Angeschlossen sind meist Printer und Videoaufzeichnungsgeräte zur Dokumentation. Zur Gerätschaft gehören ein Pulsoximeter zur Kontrolle von Puls und Sauerstoffsättigung und ein automatisches Blutdruckmessgerät.

Aussagekraft

Maligner Darmpolyp
Koloskopie: Flacher, maligne wirkender Polyp

Erkannt werden können Entzündungen, Divertikel, Polypen, Tumore, Stenosen, Angiodysplasien und andere Schleimhautveränderungen. Indirekt kann auf Darmfixierungen, z. B. durch Verwachsungen nach Operationen (Briden) oder Entzündungen geschlossen werden. Schwierig zu erkennen sind manchmal Fistelabgänge.

Der Vorteil gegenüber radiologischen Untersuchungsmethoden, z. B. einer virtuellen Koloskopie, liegt in der Möglichkeit, Gewebeproben für histologische Untersuchungen entnehmen zu können. Dies ist manchmal auch aus einer normal aussehenden Darmwand erforderlich, z. B. wenn es um die Abklärung einer mikroskopischen Colitis geht. Die gelegentlich propagierte virtuelle Koloskopie (CT-Kolonographie) hat im Gegensatz zur direkten Endoskopie folgende Nachteile: keine Biopsiemöglichkeit, keine Polypabtragung, schwierige Beurteilbarkeit kleiner Schleimhautveränderungen, kein Nachweis von Angiodysplasien oder gering entzündlicher Veränderungen. Zu ihrem Stellenwert siehe dort.

Indikationen

Häufige Indikationen einer Dickdarmspiegelung sind: Tumorsuche und Tumornachkontrolle, Polypensuche und Polypabtragung, Suche nach einer Blutungsquelle, Abklärung von Stuhlgangsunregelmäßigkeiten und von unklaren Bauchschmerzen, Blutstillung, Beurteilung der Aktivität und Ausdehnung einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa).

→ Zur Vorsorgekoloskopie und ihren Indikationen siehe hier.
→ Zur Darmkrebsvorsorge bei Risikogruppen siehe auch unter Kolonkarzinom.

Durchführung

Vorbereitung

Der Darm muss so vorbereitet werden, dass eine Schleimhautbeurteilung möglich ist. Für eine Rektosigmoideoskopie oder Linkskoloskopie reicht ein Einlauf, der bei geformtem Stuhl gut vorbereitet, bei dünnem Stuhl dagegen kaum (während der Untersuchung rutscht dünner Stuhl von oben nach). Für eine hohe Koloskopie muss am Tag zuvor abgeführt werden. Üblich ist vielfach eine Vorbereitung mit Magnesiumsulfat und Polyäthylenglykol (Makrogol). Mit diesem Regime ist die Gefahr einer Elektrolyt- oder Flüssigkeitsverschiebung relativ gering, so dass herzinsuffiziente Patienten bei entsprechender Vorsicht und Überwachung (ggf. stationär) vorbereitet werden können.

Auf das rechtzeitige Absetzen einer Antikoagulation vor der Untersuchung sollte geachtet werden, so dies medizinisch vertretbar ist.

Koloskopie-Vorbereitung

Sedierung / Analgosedierung

In manchen Fällen ist eine Sedierung nicht erforderlich und wird auch nicht gewünscht. Viele Untersucher wenden sie jedoch routinemäßig an, um Verspannungen während der Untersuchung und unangenehmen Erinnerungen nach der Untersuchung vorzubeugen. Sie sollte in jedem Fall den Patienten angeboten werden. Eine Sedierung ist unter bestimmten Bedingungen in jedem Fall erforderlich, z. B. wenn Patienten sehr aufgeregt sind und an erhöhtem Blutdruck Hypertonie oder einer Herzinsuffizienz leiden, oder wenn eine endoskopische Intervention geplant ist (z. B. ERCP, Stenteinlage, Ballondilatation, Behandlung von Ösophagusvarizen).

Die Sedierung kann z. B. mit Midazolam oder Propofol durchgeführt werden. Es muss eine pulsoxymetrische Überwachung durchgeführt und ein Überwachungsprotokoll angelegt werden, in dem auch viertelstündlich der Blutdruck registriert werden sollte. In der Regel wird der Patient nach der Untersuchung für eine Zeit lang (z. B. 1-2 Stunden) nachbeobachtet.

Eine zusätzliche Gabe von Schmerzmitteln (z. B. Pethidin, Fentanyl) kann erforderlich sein, um eine schmerzhafte Stelle überwinden zu können.

Nach einer Sedierung kann auf mehrere Stunden die Fahrtauglichkeit nicht gegeben oder stark eingeschränkt sein; daher sollte für 24 Stunden nicht Auto gefahren, keine rechtswirksame Unterschrift geleistet und keine Lebensentscheidung getroffen werden.

Sedierung bei der Koloskopie

Ablauf der Untersuchung

  • Anfangs Linksseitenlagerung. Während der Untersuchung kann eine Rückenlage oder Rechtsseitenlage erforderlich werden, um Abknickungen des Darms überwinden zu können.
  • Äußere Inspektion und digitale Austastung.
  • Einführung des Sichtgeräts und Zurückziehen in den Analkanal. Dort können unter guten Bedingungen Hämorrhoiden, Fissuren, Blutungsquellen, Polypen oder Tumore erkannt werden.
  • Vorschieben des Geräts unter ständiger Begradigung, ggf. mit äußerer Schienung im Sigmabereich durch die Assistenz bis zum Coecum und ggf. ins terminale Ileum (Ileokoloskopie). Schlaufen, die vor allem im Sigma auftreten können, werden durch geeignete Drehung und Streckung des Geräts begradigt. Manchmal gelingt bei Verwachsungen, besonderer Schlingenbildung oder einem Colon elongatum eine vollständige Koloskopie nicht. Abgebrochen wird auch bei Schmerzen, sofern keine Analgosedierung gewünscht wird. Unter ausreichender Analgosedierung sind vollständige Spiegelungen bis ins Coecum in über 95% der Untersuchungen möglich.
  • Bei akuten Entzündungen (z. B. ausgeprägte akute Divertikulitis, ausgeprägter florider Schub einer Colitis ulcerosa) wird die Untersuchung in der Regel abgebrochen, um den Darm nicht zu gefährden und den Patienten nicht zu belasten. Bei Indikation wird die Untersuchung nach abklingen der Entzündung wiederholt.

Interventionelle Koloskopie

Über das Koloskop lassen sich endoskopisch-operative Eingriffe durchführen, wie z. B. eine lokale Blutstillung, eine Mukosektomie (Abtragung eines kleinen Schleimhautstücks) (Mukosektomie meist bei Verdacht auf eine Carcinoma in situ), Polypektomie (wobei auch große Polypen – teilweise in mehreren Schritten – abgetragen werden können), Stenteinlage zur Überbrückung von Stenosen, Lasertherapie von Tumoren.

Komplikationen

Die Koloskopie ist in der Hand des Geübten nicht komplikationsträchtig. In sehr seltenen Fällen kann eine Darmperforation, eine Blutung oder eine Perforation bei Polypektomien zustande kommen. In einer großen Studie fanden sich bei ambulanten Screening-Koloskopien nur 0,10% Komplikationen, 0,79% Blutungen bei Polypektomien (meist endoskopisch stillbar), 0,02% Perforationen bei normaler Koloskopie und 0,10% bei Polypektomien. (1)Dtsch Med Wochenschr. 2006 Feb 24;131(8):379-83 In einem großen Klinikzentrum, bei der alle Koloskopien in einem 8-Jahreszeitraum gerechnet wurden (nicht nur vorbeugendes Tumorscreening), ergab sich eine Perforationsrate von 0,058%. (2)World J Gastroenterol. 2006 Jul 14;12(26):4211-3

Eine Endokarditis-Prophylaxe ist nach einer neueren Evaluation der Datenlage nicht mehr erforderlich. (3)Circulation. 2007 Oct 9;116(15):1736-54

Der Patient sollte bezüglich der Risiken aufgeklärt sein und sie mittragen (Unterschrift nach mündlicher Aufklärung unter das entsprechende Aufklärungsformular; siehe auch Patientenaufklärung).

Vorsorgekoloskopie

Eine Vorsorgekoloskopie wird für Menschen ohne erhöhtes Darmkrebsrisiko von den Kassen ab dem vollendeten 55. Lebensjahr empfohlen. Wenn kein Polyp oder Tumor gefunden wird, sollte eine Kontrollendoskopie nach jeweils 10 Jahren erfolgen, bei genetischer (familiärer) Vorbelastung und nach Abtragung eines Polypen früher und häufiger, siehe unter HNPCC und FAP, Beratung durch den behandelnden Arzt).

Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen Kosten für Leistungen zur Darmkrebsfrüherkennung (siehe hier). (4)Darmkrebsfrüherkennungsprogramm, KBV-Mitteilungen


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Verweise

 

 

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


 

Literatur

Literatur
1Dtsch Med Wochenschr. 2006 Feb 24;131(8):379-83
2World J Gastroenterol. 2006 Jul 14;12(26):4211-3
3Circulation. 2007 Oct 9;116(15):1736-54
4Darmkrebsfrüherkennungsprogramm, KBV-Mitteilungen