Hepatozelluläres Karzinom

Von Fachärzten geschrieben und wissenschaftlich überprüft.

Hepatozelluläres Karzinom (engl.: hepatocellular carcinoma, HCC) bedeutet ein von Leberzellen (Hepatozyten) ausgehender bösartiger (maligner) Tumor. Es ist der eigentliche Leberkrebs und muss von den anderen Tumoren, die in der Leber wachsen können (Metastasen anderer Tumore), unterschieden werden. Das HCC gehört zu den häufigsten Tumoren weltweit. Besonders häufig entwickelt es sich in einer Narbenleber (Leberzirrhose) oder einer virusbedingten Leberentzündung (Virushepatitis: Hepatitis B und C).


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Epidemiologie

In der westlichen Welt kommt das HCC bei ca. 1-3 pro 100 000 Einwohner, in Südafrika und Ostasien bei ca. 50-150 Einwohnern pro Jahr  vor. Der Anstieg der Inzidenz in westlichen Ländern beruht auf der Zunahme des Übergewichts und der mit ihr assoziierten nichtalkoholischen Fettleberhepatitis, die eine wichtige Ursache einer Leberzirrhose darstellt, die wiederum das Hauptrisiko für Leberkrebs bedeutet. (1)World J Gastroenterol. 2015 Nov 14;21(42):12003-21. doi: 10.3748/wjg.v21.i42.12003. PMID: 26576088; … Continue reading

Entstehung

Ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) entwickelt sich in aller Regel auf dem Boden einer Leberzirrhose aus entarteten Hepatozyten bzw. deren Vorstufen. Dies gilt vor allem in den Fällen, in denen die Leberzirrhose hervorgerufen wird durch

Eine unerkannt gebliebene Infektion mit dem Hepatitis-B-Virus (HBsAg negativ und HBV-DNA im Serum in PCR nachweisbar) scheint das HCC-Risiko bei HCV-Infektion zu erhöhen. Auch in einer nicht zirrhotischen Leber erhöht eine HBV-HCV-Koinfektion das HCC-Risiko (2)Kubo, S. et al. Cancer 1999; 86: 793-798.

Eine Leberzirrhose auf dem Boden einer primär biliären Cholangitis (PBC) oder eines Morbus Wilson hat dagegen kein, oder ein nur gering erhöhtes Risiko eines HCC.

Pathologische Anatomie

Das hepatozelluläre Karzinom bildet zunächst meist lokale Satelitenmetastasen in der Leber.

Typischerweise sind HCCs  arteriell besonders gut durchblutet (hypervaskularisiert und entsprechend hyperperfundiert). Pfortaderäste dagegen tragen zur Durchblutung kaum bei. Das hat eine Bedeutung für die Kontrastmittelanschwemmung bei der Diagnostik durch die Kontrastmittelsonographie.

Ein hepatozelluläres Karzinom produziert im Gegensatz zu dem umgebenden normalen Lebergewebe keine Galle. Dies lässt sich zur Erkennung (Diagnostik) durch gallegängige Kontrastmittel ausnutzen, so auch für die Leberszinitigraphie.

Die Tumorzellen können gut, mittelgradig oder auch niedrig differenziert sein. Es wird eine Stadieneinteilung nach der TNM-Klassifikation vorgenommen.

Sonderform

Fibrolamelläres Karzinom (FL-HCC)

Das fibrolammelläre Karzinom ist eine Sonderform eines HCC, das sich meist in einer nicht zirrhotischen Leber bei Patienten im jüngeren und mittleren Lebensalter entwickelt. Der sonst HCC-typische Tumormarker AFP ist in der Regel negativ. Oft findet sich ein hoher Vitamin-B12-Spiegel im Blut. Es werden 2 Typen unterschieden, das reine FL-HCC und die gemischte Form, die Anteile eines normalen HCC enthält und etwa 25% aller FL-HCC-Fälle ausmacht. Eine genetische Analyse kann zur Diagnostik verwendet werden (DNAJB1:PRKACA-Fusion) (3) 2018 Oct;68(4):1441-1447. doi: 10.1002/hep.29719..

Das fibrolammelläre Karzinom ist, wenn früh diagnostiziert, meist gut operativ resezierbar. Nicht resezierbare Tumore sind schwer behandelbar. Immuncheckpoint-Inhibitoren (PD-1-Hemmer) sind offenbar wirkungslos, wie Einzelbeobachtungen nahelegen. (4)Visc Med. 2019 Mar;35(1):39-42. doi: 10.1159/000497464. Epub 2019 Feb 12. PMID: 31312648; PMCID: … Continue reading (5)J Med Case Rep. 2021 Mar 16;15(1):132. doi: 10.1186/s13256-021-02695-8. PMID: 33722275; PMCID: … Continue reading


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Klinik

Ein hepatozelluläres Karzinom verursacht keine eindeutig hinweisenden Symptome sondern nur uncharakteristische Oberbauchbeschwerden und allgemeine Mattigkeit, in fortgeschrittenem Stadium Appetitlosigkeit und Gewichtsabnahme bis hin zur Tumorkachexie. Es kann Aszites auftreten. Viele der Beschwerden sind auf eine zugrunde liegende Leberzirrhose zurück zu führen.

Die klinische Stadieneinteilung folgt der Einteilung nach Okuda und berücksichtigt die Tumorgröße, Aszites, Albumin und Serum-Bilirubin. Der CLIP-Score berücksichtigt zudem das AFP. (6) 2002 Jun;50(6):881-5. Er dient der Vorhersage von Mortalität und Rezidiv und ist dafür besser geeignet als andere Scores, wie die der BCLC-Klassifikation (Barcelona Clinic Liver Cancer). (7) 2018 Aug;9(4):750-761. doi: 10.21037/jgo.2018.05.11.

Diagnostik

Labor

Die Laborwerte sind nicht diagnoseweisend. Eine starke Erhöhung des alpha-Fetoproteins (AFP) kann einen ersten Hinweis geben. AFP ist jedoch nicht immer positiv und beim fibrolammellären HCC regelmäßig negativ. Da Sensitivität und Spezifität nicht ausreichend hoch erachtet werden, dient es nicht als einiger Marker zur Frühdiagnostik.

Histologie

Eine gezielte Punktion zur Gewinnung einer Gebebeprobe für die Histologie ist häufig nicht erforderlich und sollte zur Vermeidung einer Tumoraussaat im Stichkanal nur dann erfolgen, speziell wenn die Diagnose mit Hilfe der rein bildgebenden Verfahren zweifelhaft bleibt. Das Risiko für eine Stichkanalmetastasierung soll bei 2-3% liegen. (8)Gut. 2008 Nov;57(11):1592-6 (9)Cancer Treat Rev. 2007 Aug;33(5):437-47

Bildgebende Verfahren

Die Kontrastmittelsonographie ist eine Methode, die es rasch ermöglicht, eine relativ sichere Diagnose eines HCC zu stellen. Sie eignet sich mehr zur Verlaufskontrolle als zu frühzeitigen DIagnose in einer zirrhotischen Leber. Verlässlicher und reproduzierbarer sind die CT-und MRT-basierten Verfahren. (10)Cureus. 2020 Jul 14;12(7):e9191. DOI: 10.7759/cureus.9191. PMID: 32818122; PMCID: PMC7426666.

Sonographie

Die Sonographie kann bei genauer Untersuchung HCC-verdächtige Herdbildungen ab einer Größe von 2-3 cm nachweisen. Kleine Herde sind meist hypoechogen, größere inhomogen mit echoreicheren Arealen. In der Duplexsonographie erkennt man Veneneinbrüche oder eine Pfortaderthrombose. Ein arterielles ins Zentrum führendes Gefäß ist eher für ein HCC als für ein Leberadenom typisch, bei dem ein portalvenöses Gefäß ins Zentrum führt. Es finden sich auch hyperechogene HCC-Herde, die manchmal schwer von Hämangiomen zu unterscheiden sind. In der Hand geübter Diagnostiker ist diese Methode ein unverzichtbares Mittel für eine frühzeitige Diagnostik und Verlaufskontrolle. (11)World J Gastroenterol. 2015 Nov 14;21(42):12003-21. doi: 10.3748/wjg.v21.i42.12003. PMID: 26576088; … Continue reading

→ Mehr zur Sonographie der Leber

Kontrastmittel-Ultraschall

Die Kontrastmittelsonographie lässt oft in der früh arteriellen Phase wegen der arteriell gespeisten Hypervaskularisierung des Tumors Herde erkennen, die sonst nicht nachweisbar sind. Sie ist heute für die HCC-Suche und -Überwachung als einfach durchzuführendes Verfahren unverzichtbar.

Ultraschall-Angiographie

Bei dieser Methode wird Kontrastmittel (CO2-Mikrobubbles) durch einen Katheter selektiv in das zuführende arterielle Gefäß des HCC injiziert und mit Ultraschall die Anreicherung im Tumor beobachtet. Diese Methode wird als sehr sensitiv zur Beurteilung der Vaskularisierung des Tumors gewertet.

Computertomographie

Die Computertomographie (CT) der Leber mit Kontrastmittel ist sehr aussagefähig. Eine hypodense Raumforderung färbt sich mit Kontrastmitteln gleich in der arteriellen Phase rasch an und bleibt länger und stärker kontrastiert als das umgebende Lebergewebe. HCC-Herde können bei Leberverfettung, die zu einer Abnahme der HE führt, maskiert sein. Diagnostisch hinweisend ist die Anfärbung mit Kontrastmitteln in der früharteriellen Phase, während Regeneratknoten und dysplastische Knoten überwiegend portalvenös durchblutet werden.

Hämangiome sind zwar auch arteriell durchblutet; sie füllen sich mit Kontrastmittel jedoch typischerweise irisblendenartig vom Rand und werden erst in einer späten Phase voll angefärbt (dann, wenn die Markierung eines HCC schon wieder abnimmt). Die ebenfalls arteriell versorgte FNH (fokal noduläre Hyperplasie) zeigt meist eine Radspeichenstruktur und eine KM-Ausbreitung von einer zentralen Arterie aus. Bei der FNH wird das KM rasch ausgewaschen.

→ Mehr zur Computertomographie (CT) der Leber.

MRT

Ein hepatozelluläres Karzinom ist im MRT auf T1-gewichteten Aufnahmen meist hypointens, auf T2-gewichteten hyperintens mit unregelmäßigem Mosaikmuster. Durch hepatobiliäre Kontrastmittel kommt es zum früharteriellen Enhancement, das anschließend wieder abnimmt. Kontrastmittel, die vom RES aufgenommen werden (superparamagnetische Nanopartikel, die das normale Lebergewebe dunkler erscheinen lassen, „Schwarzmacher“), lassen den HCC-Herd aus. Kontrastmittel, die von Hepatozyten aufgenommen werden (z. B. Primovist(R) und normales Lebergewebe heller erscheinen lassen („Weißmacher“), zeigen ebenfalls im HCC keine Anreicherung (wie auch Metastasen nicht, aber ganz im Gegensatz zur FNH, die funktionsfähige Hepatozyten enthält.

Szintigraphie

Die Szintigraphie hat sich zur Diagnostik nicht bewährt.

→ Mehr zur Szintigraphie der Leber.


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Vorbeugung und Überwachung

Risikopatienten mit Leberzirrhose bei chronischer Hepatitis B, Hepatitis C oder Hämochromatose, sollten  vorbeugend überwacht werden. Dazu gehören eine regelmäßige Sonographie der Leber möglichst mit Kontrastmittelverstärkung und eine Bestimmung des AFP. (12)Hepatology 2005; 42: 1208-1236 AFP alleine ist wegen zu geringer Sensitivität und Spezifität zur Überwachung und Frühdiagnostik nicht ausreichend. Eine frühzeitige Diagnose ermöglicht therapeutisch ein kuratives Verfahren (z. B. Operation, Radiofrequenzablation, Transplantation) anzuwenden. (13)World J Gastroenterol. 2015 Nov 14;21(42):12003-21. doi: 10.3748/wjg.v21.i42.12003. PMID: 26576088; … Continue reading Eine Kontrastmittelsonographie in der Hand eines/einer Geübten ist sehr aussagekräftig. Bei HCC-Verdacht ergänzen CT- und MRT-basierte Untersuchungen. (14)Cureus. 2020 Jul 14;12(7):e9191. DOI: 10.3748/wjg.v21.i42.12003. PMID: 32818122; PMCID: … Continue reading

Therapie des HCC

Je nach Ausdehnung, Lokalisation, Metastasierung und Stadium der Lebergrunderkrankung kommen folgende Therapieansätze zur Anwendung :

Operative Therapie

Eine Leberteilresektion ist beim HCC in einer nicht zirrhotischen Leber die Therapie der Wahl.

Beim HCC in einer zirrhotischen Leber muss abgeschätzt werden, ob eine Resektion eine noch ausreichend funktionsfähige Restleber übrig lassen kann. Wenn dies als nicht wahrscheinlich angesehen wird (z. B. bei Leberzirrhose Child B oder C), kommt eine Lebertransplantation (LTX) in Frage. Die Überlebenswahrscheinlichkeit nach LTX wegen HCC ist abhängig von der Tumorgröße (Überleben nach 1, 3, 5 Jahren bei einer Tumorgröße von >5 cm etwa 70%, 40%, 30%). (15)Otto G Ann Surg 1998; 227: 424-432 Nach LTX treten in 20% Rezidive auf, nach Teilresektion in >80%. (16)Bismuth H Ann Surg 1993; 218: 145-151; Weinman A et al. Transplant Proc 1999; 31: 500-501

Bei nicht operablen Tumoren kann die Möglichkeiten einer Embolisation oder (neuerdings vielfach bevorzugt) einer Alkoholinjektion diskutiert werden.

Therapie nicht kurativ behandelbarer Tumore

Für nicht kurativ behandelbare HCC kommen verschiedene therapeutische Verfahren in Betracht. Zur derzeitigen Standardtherapie gehören Sorafenib und eine transarterielle Chemoembolisation. (17)World J Gastroenterol. 2015 Nov 14;21(42):12003-21. doi: 10.3748/wjg.v21.i42.12003. PMID: 26576088; … Continue reading (18)Cureus. 2020 Jul 14;12(7):e9191. doi: 10.7759/cureus.9191. PMID: 32818122; PMCID: PMC7426666.

PEI

Bei der perkutanen Ethanolinjektion (PEI) werden durch eine dünne Nadel (22-G-Nadel) ultraschallgezielt 2-10 ml 96% Ethanol pro Sitzung in der Herd injiziert. Die Sitzungen werden je nach Erfolg wiederholt. Der Erfolg wird durch bildgebende Verfahren (z.B. Angio-CT, Ultraschall mit Kontrastmittel, Ultraschallangiographie) und durch Biopsie kontrolliert. Die PEI führt zu einer Verbesserung der Lebenserwartung bei Child-A- und Child-B-Patienten. Besonders effektiv können kleine HCCs behandelt werden. Patienten mit solitären Knoten unter 3 cm Durchmesser können mit einem 5-Jahresüberleben von etwa 60% rechnen. (19)Lencioni R et al. Cancer 1995; 76: 1737-1746; Livraghi T et al. Radiology 1995; 197: 101-108; … Continue reading Bei kleinen Tumoren ist die Vaskularisierung ein wichtiger Prädiktor für das Überleben nach PEI. (20)Toyoda H et al. J Hepatol 1997;26:1055-62 Hypervaskularisierte Tumore kommen für eine zusätzliche Behandlung mit TACE (s.u.) in Frage.

One-Shot-PEI (Single-Session-PEI)

Für ein großes hepatozelluläres Karzinom (> 5 cm) benötigt man eine große Äthanolmenge. Sie ist in der Regel nur in Allgemeinnarkose applizierbar. Die Erfolge sind jedoch hinsichtlich Überleben und Rezidive gut (5-Jahresüberlebensrate an die 60%). (21)Giorgio A et al. Eur J Ultrasound 2000; 12: 145-154 Die Komplikationsrate ist jedoch ebenfalls relativ hoch (u.a. ca. 2% latale Ausgänge). Die Anwendung der One-shot-PEI auf Knoten < 5cm Durchmesser zeigt Ergebnisse, die denen der herkömmlichen Multiple-Session-PEI überlegen zu sein scheinen (4-Jahrensüberlebensrate 82%). (22)Giorgio A et al. Eur J Ultrasound 2000; 12: 145-1549

Transarterielle Chemoembolisation (TACE)

Für ein hepatozelluläres Karzinom gab es kaum effektive Therapien. Die Entwicklung einer Kathetertechnik zur gezielten Abtötung von Tumorbereichen hat eine große Bereicherung gebracht.  Die transarterielle Chemoembolisation (TACE) wird dann in Erwägung gezogen, wenn eine Resektion nicht durchführbar ist oder eine PEI wegen ungünstiger Lokalisation (Nähe zu großen Gefäßen oder zur subphrenischen Leberkapsel, multiple Herde) oder Größe nicht in Frage kommt. Es wird meist ein Zytostatikum (Epirubicin, Carboplatin o.ä.) mit Lipiodol gemischt injiziert und nachfolgend das arterielle Gefäß (superselektive Katheterisierung) mit Gelatineschwamm verschlossen. Das Chemotherapeutikum wird dadurch nur verzögert ausgewaschen. Kontraindikation ist eine fortgeschrittene Leberzirrhose (Child C). Eine vollständige Tumornekrose ist wegen der zusätzlichen Blutversorgung durch die Pfortader nicht erreichbar.

Studien zum Vergleich einer TACE mit einer Leberresektion zeigen einen leichten Vorteil der Resektion, obwohl die Komplikationen des Eingriffs bei einer Resektion höher sind. (23) 2019 Apr;8(4):1530-1539. doi: 10.1002/cam4.2038. (24) 2018 Sep;12(5):417-428. doi: 10.1007/s12072-018-9888-4

TACE-PEI-Kombination

Für ein hepatozelluläres Karzinom bringt die Kombination von TACE und PEI eine deutliche Verbesserung des Überlebens (25)Allgaier HP et al. Int J Cancer 1998; 79: 601-605 bzw. des Wiederautretens lokaler und auch entfernter HCC´s. (26)Koda et al. Cancer 2001; 92: 1516-1524 Es profitieren davon besonders Patienten mit kleinen Tumoren. Eine TACE-PEI-Vorbehandlung vor geplanter Lebertransplantation (LTX) scheint sich positiv auf das rezidivfreie Überleben nach LTX auszuwirken. (27)Troisi R et al. Clin Transplant 1998; 12: 313-319

Radiofrequenzablation (RFA)

Kleine Herde werden durch RF-Thermoablation sehr gut zerstört. Dabei wird unter sonographischer Sicht eine Sonde mit ausfahrbarer Spitze eingeführt, die über einen 500-kHz-RF-Generator lokal Hitze und damit eine Nekrose mit einem Durchmesser von etwa 2,5 cm erzeugt. Eine komplette Nekrose kann in 90% der Fälle erreicht werden (vs. 80% nach Äthanolinjektion). (28)Livraghi T. et al. Radiology 1999; 210: 655-661

TACE-RFA-Kombination

Auch die Kombination von TACE mit RFA ist den einzelnen Methoden überlegen. Das 3-Jahresüberleben war in der Kombinationsgruppe deutlich höher als in der TACE- und in der RFA-Gruppe (45% vs. 26,5 bzw. 27,9%) (29)Medicine (Baltimore). 2016 May;95(20):e3754. doi: 10.1097/MD.0000000000003754..

Medikamentöse Therapie

Für ein hepatozelluläres Karzinom gab es bisher keine effektive Chemotherapie. Interferon alpha schien eine Therapiemöglichkeit darzustellen. Rationale Grundlage könnte der wachstumshemmende Effekt von Interferon sein, der an HCC-Zell-Linien festgestellt wurde. (30) 2017 Jul 25;8(41):71249-71284. doi: 10.18632/oncotarget.19531. (31)Yano H. et al. Hepatology 1999; 29: 1708-1717 Heute wird diese Option weniger genutzt, da es mit Sorafenib eine günstigere Alternative gibt.

  • Sorafenib ist ein Tyrosinkinase-Inhibitor, der beim HCC Wirksamkeit bewiesen hat. Neuere Studien zeigen für Sorafenib (400 mg 2x täglich (32)J Clin Oncol 2006; 24: 4293-42300 (33)Dtsch Ärztebl 2007; 104(48): A3326-3333. ) eine angiostatische und wachstumshemmende Wirkung, so dass für fortgeschrittene Stadien das Überleben durchschnittlich von 7,9 auf 10,7 Monate verlängert wird (34)J Clin Oncol 2007 ASCO Annual Meeting Proceedings 25 Suppl, Abstr. LBA1; das bedeutet einen Überlebensvorteil von etwa 3 Monaten. (35)NEJM 2008; 359: 378-390 Sorafenib gilt inzwischen als Standardtherapie in fortgeschrittenen Stadien.
  • Cabozantinib, ebenfalls ein Tyrosinkinasehemmer, führt im Fall einer Sorafenib-Resistenz laut einer Studie zu einer Verlängerung des progressionsfreien Überlebens (ohne Fortschreiten der Erkrankung), von 1,9 auf 5,2 Monate. (36) 2018 Jul 5;379(1):54-63. doi: 10.1056/NEJMoa1717002.
  • Laut Tierversuchen kann eine Resistenz von Sorafenib auch durch Kombination mit Valproinsäure überwunden werden (37)Int J Clin Exp Pathol. 2014 Mar 15;7(4):1299-313 (siehe hier).
  • Auch andere Thyrosinkinase-Inhibitoren wie Erlotinib (EGF-Rezeptor) oder Sunitinib (c-KIT, VEGF- und PDGF-Rezeptor) und Antikörper wie Bevacizumab (Anti-VEGF) oder Cetuximab (Anti-EGF-Rezeptor) haben in Studien Wirksamkeit gezeigt. (38)Dtsch Ärztebl 2007; 104(48): A3326-3333 (39)J Hepatol. 2008;48 Suppl 1:S20-37

Tamoxifen

Bei großen Tumoren versprach man sich vor wenigen Jahren am meisten von einer Tamoxifentherapie (10-60 mg/d), von der man annahm, dass sie in einigen Fällen zu einer Verzögerung führen könnte (möglicherweise unabhängig von den Anwesenheit von Östrogenrezeptoren). Eine große Studie hat jedoch keine positive Wirkung auf das Überleben zeigen können. (40)CLIP-Group, Lancet 1998; 352: 17-20 Heute wird Tamoxifen nicht mehr empfohlen.

Immuntherapie des HCC

Eine neue Option für die Behandlung des fortgeschrittenen HCC stellen Immuncheckpoint-Inhibitoren dar. Die Antikörper Nivolumab und Pembolizumab, beides PD-1-Blocker (Hemmer einer Immunantwort des Körpers), sind monoklonale Antikörper gegen den inhibitorischen T-Zell-Rezeptor PD-1 (programmed cell death protein-1, siehe hier). Für Nivolumab wurde eine nicht unbedeutende Nebenwirkungsrate registriert, die aber als handhabbar eingeordnet wurde. Es traten einige Fälle von Leberschädigung, Pemphigoid und Nebenniereninsuffizienz auf. Ein objektives Ansprechen wurde in 20% (bei kleiner Patientenzahl) festgestellt. (41)Lancet. 2017 Jun 24;389(10088):2492-2502. doi: 10.1016/S0140-6736(17)31046-2. Epub 2017 Apr 20. … Continue reading

Inzwischen sind weitere PD-1-Blocker entwickelt worden. Es werden individuelle Faktoren gesucht, die ein Ansprechen fördern bzw. hemmen und für Nebenwirkungen verantwortlich sind. Auf diese Weise sucht man derzeit, wirkungsvolle Kombinationstherapien zu finden und die HCC-Therapie zu optimieren. (42)Oncol Lett. 2021 Apr;21(4):279. DOI: 10.3892/ol.2021.12540. Epub 2021 Feb 10. PMID: 33732355; … Continue reading

Eine Doppelblockade von PD-L1 durch Atezolizumab (anti-PD-L1) und VEGF durch Bevacizumab (anti-VEGF) erbrachte in einer Studie an nicht resektablen HCC-Patienten während einer relativ kurzen Beobachtungszeit einen leichten Überlebensvorteil von etwa 3 Monaten gegenüber der Atezulizumab-Gruppe. (43)Lancet Oncol. 2020 Jun;21(6):808-820. doi: 10.1016/S1470-2045(20)30156-X. Erratum in: Lancet Oncol. … Continue reading

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Prognose

Die Prognose ist bei großen Tumoren schlecht; die mittlere Überlebensdauer nach Diagnosestellung beträgt etwa 6 Monate. Prognostisch ungünstige Faktoren: Größe > 5 cm, >3 Knoten, Gallenwegs- oder Gefäßinfiltration, niedriger Differenzierungsgrad, fehlende Tumorkapsel.

Bei kleinen Tumoren beträgt die mittlere Überlebensdauer nach 1, 2 und 3 Jahren 81%, 56% und 28%. (44)Llovet JM et al. Hepatology 1999; 29: 62-67 Bei kleinen Tumoren kann die zugrunde liegende … Continue readingscheidender sein als der Tumor.

Prophylaxe

Ein Risiko für ein hepatozelluläres Karzinom wird bei einer Leberzirrhose immer bestehen bleiben. Jedoch lässt es sich bei chronischen Lebererkrankungen durch Vermeidung zusätzlicher Risikofaktoren senken: Vermieden werden sollten speziell Alkohol, Aflatoxine, Androgene und Kontrazeptiva!

Bei Patienten mit Leberzirrhose auf dem Boden einer chronischen Hepatitis B oder C kann Interferon-alpha zur Prävention eines HCC diskutiert werden. (45)V. Baffis et al. Ann. Intern. Med. 1999; 131: 696-701 Besonders Patienten mit milder Leberfibrose (F2) auf dem Boden einer Hepatitis C scheinen zu profitieren, nicht oder kaum dagegen Patienten mit einer Leberzirrhose. (46)Okanoue, T. et al. J. Hepatol. 1999; 30: 653-659, Niederau C. et al. Hepatology 1998; 28: 1687-1695


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Verweise

Leberzirrhose – Neues

Fachinformationen

Informationen für Patienten

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


 


Literatur

Literatur
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