Alkoholtoxische Leberschädigung

Artikel aktualisiert am 16. September 2022

Eine alkoholtoxische Leberschädigung (engl.: alcoholic liver disease, ALD) ist ein relativ häufiger Befund, der unterschiedliche Verläufe nehmen kann. Es kann sich eine alkoholische Fettleberhepatitis entwickeln. Alkohol als Ursache einer Leberschädigung wird meist dann angenommen, wenn Alkoholkonsum nicht verneint und eine deutlich erhöhte Gamma-GT gefunden wird. Eine chronische Alkoholschädigung der Leber bedeutet ein deutlich erhöhtes Risiko für Leberkrebs (hepatozelluläres Karzinom) (1)Alcohol Alcohol. 2019 Jul 1;54(4):408-416. DOI: 10.1093/alcalc/agz036. PMID: 31219169


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Typen

Es lassen sich verschiedene Typen einer alkoholischen Leberschädigung unterscheiden, die meist jedoch gemischt vorkommen:

  • Toxische Hepatose: Erhöhte gamma-GT und Transaminasen als Hinweis auf eine alkoholtoxische Leberzellschädigung.
  • Alkoholtoxische Fettleber: Zuerst als Fettleber erkennbar im Punktat, später auch in der Sonographie; die alkoholische Genese kann nach entsprechender Anamnese, gamma-GT und MCV gemutmaßt werden. Oft verbunden mit einer Entzündung und fibrotischen Umbauvorgängen in Sinne einer alkoholischen Steatohepatitis (ASH).
  • Alkoholisch bedingte chronische Hepatitis: Meist zusammen mit einer Leberverfettung (alkoholische Steatohepatitis, ASH). Wahrscheinlich in einigen Fällen immunologischer Mechanismus; typisch sind erhöhte gamma-Globuline. Ob eine Entzündung im Sinne einer ASH vorliegt, zeigt die Histologie.

Entstehung

Alkohol in größeren Mengen schädigt die Leber individuell unterschiedlich. Bei einer herabgesetzten Entgiftungsleistung (siehe unter Cytochrom P450) wirkt er schon in geringen Mengen toxisch. Ein länger dauernder erhöhter Alkoholgenuss kann unbemerkt in einer alkoholtoxischen Fettleberhepatitis und schließlich in einer Leberzirrhose münden.

Genetische Prädispositionen verschiedener Art erhöhen die Bereitschaft für einen alkoholtoxischen Leberschaden. Zu ihnen gehören Gene, die für den Alkoholstoffwechsel codieren, einschließlich Alkoholdehydrogenase, Acetaldehyddehydrogenase und Cytochrom P450 2E1. Auch Gene, welche die angeborene Immunantwort regulieren (z. B. IL-1, TNF) und das PNPLA3-Gen spielen eine Rolle. (2)Alcohol Alcohol. 2019 Jul 1;54(4):408-416. DOI: 10.1093/alcalc/agz036. PMID: 31219169

Alkohol stellt einen zellulären oxidativen Stress dar, der Leberzellen schädigt und zugrunde gehen lässt, und unter dem es zur Aktivierung von Kupffer-Zellen und anderer Immunzellen sowie proentzündlicher Mediatorstoffe kommt (dazu siehe hier). Auch die Wirkung von Alkohol auf das Mikrobiom des Magendarmtrakts führt zu Veränderungen, die (über Lipopolysaccharide) wesentliche Auswirkungen auf die Leber haben. Eine antibiotische Dekontamination pathogener Darmbakterien verbessert die Leberreaktion deutlich. (3)Nat Rev Gastroenterol Hepatol 12:231–42 Aktivierte Entzündungszellen bewirken eine Aktivierung von Zellen, die Kollagen produzieren und zu einer Vernarbung der Leber führen.

Diagnostik

Diagnoseweisend sind meist erhöhte Leberwerte, insbesondere der Gamma-GT, und eine Alkoholanamnese, wobei die Menge an konsumiertem Alkohol und auch die Dauer des Konsums eine Rolle spielen. Die ASAT ist meist höher als die ALAT. Im Blutbild finden sich meist in unterschiedlicher Ausprägung eine Anämie, Makrozytose, Leukopenie, Lymphozytopenie und Thrombozytopenie.

Bildgebende Verfahren können Hinweise darauf geben, ob sich

gebildet hat. Eine Messung der Steifigkeit des Organs durch einen Fibroscan oder eine MR-Fibroelastographie kann ohne Leberbiopsie den Vernarbungsgrad einschätzen lassen und wird zur Verlaufskontrolle eingesetzt.

Eine Leberbiopsie wird im Zweifel zur Absicherung der Diagnose, der Ausprägung der Entzündung und des Stadiums benötigt. Im hhistologischen Bild dominieren Leberzellnekrosen, Schaumzellen, Mallory-Körperchen, entzündliche Reaktionen und Cholestasezeichen.

Differenzialdiagnosen

Bei erhöhten Leberwerten, die bei Alkohol in Richtung Alkoholschaden der Leber interpretiert werden, sollten immer auch andere Ursachen, wie

bedacht werden.

Komplikationen

Eine akute schwere Fettleberhepatitis hat eine relativ hohe Mortalität von 30-50% innerhalb von 3 Monaten, wobei eine Nierenfunktionsstörung und Infektionen oft komplizierend hinzu kommen.

Eine schleichend verlaufende alkoholtoxische Hepatitis führt oft unerkannt zu einer Zirrhose. Manche als idiopathisch angesehene Leberzirrhose ist – bei Verschweigen der Alkoholanamnese – vermutlich alkoholtoxisch bedingt. In solch einem Verlauf kann sich ein hepatozelluläres Karzinom entwickeln.

Behandlung

Eine Alkoholabstinenz bei Alkoholabusus ist anzustreben, aber schwer zu erreichen. Eine Einbindung in überwachte Entzugsprogramme ist eine Möglichkeit der langfristigen Entwöhnung, wobei ein Relaps jederzeit stattfinden kann. Eine medikamentöse Unterstützung bei Alkoholsucht ist nicht auf Dauer wirksam; verwendet werden beispielsweise Acomprosate und Naltrexon. (4)Int J Psychiatry Med 42:227–66. Baclofen scheint eine gewisse Wirksamkeit bei einer schweren Leberschädigung zu haben, wie eine retrospektive Studie nahelegt. (5)Alcohol Alcohol 49:453–6. Bei massiver Entzündung der Leber können auch Kortisonpräparate und eine Anti-TNF-alpha-Therapie indiziert sein. (6)Alcohol Alcohol. 2019 Jul 1;54(4):408-416. DOI: 10.1093/alcalc/agz036

Verweise

Fachinformationen

Patienteninformationen



Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


Literatur

Literatur
1Alcohol Alcohol. 2019 Jul 1;54(4):408-416. DOI: 10.1093/alcalc/agz036. PMID: 31219169
2Alcohol Alcohol. 2019 Jul 1;54(4):408-416. DOI: 10.1093/alcalc/agz036. PMID: 31219169
3Nat Rev Gastroenterol Hepatol 12:231–42
4Int J Psychiatry Med 42:227–66.
5Alcohol Alcohol 49:453–6.
6Alcohol Alcohol. 2019 Jul 1;54(4):408-416. DOI: 10.1093/alcalc/agz036