Hepatozyten

Artikel aktualisiert am 25. Juli 2023

Hepatozyten ist die wissenschaftliche Bezeichnung der eigentlichen Leberzellen. Sie sind für wesentliche Hauptfunktionen der Leber verantwortlich. Im histologischen Bild der Leber machen die Hepatozyten etwa 80% aus. Sie sind mit 30 – 40 µm Durchmesser sehr groß und haben einen großen Kern, selten auch zwei Kerne, und sie weisen eine hohe Stoffwechselaktivität auf.


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Hauptfunktionen

Die Hauptfunktionen der Hepatozyten betreffen

  • zentrale Funktionen des Stoffwechsels für den Körper
  • die Bildung von Galle,
  • eine regulierende Funktion im Säure-Basen-Haushalt des Körpers.

Herkunft und Nachproduktion

Hepatozyten weisen eine außerordentlich geringe Zellteilung auf; der Ersatz untergegangener Leberzellen erfolgt durch Stammzellen im Bereich des Übergangs des Hepatozytenbereichs zu den kleinsten Ausläufern der Gallenwege (Ductulli biliferi) am Übergang zu den Portalfeldern. Sie sind in der Leber mikroskopisch erkennbar durch ihre besonderen färberischen Eigenschaften (Positivität für Cytokeratin-18 und -19, CD34, Alpha-Fetoprotein und Albumin).

Therapeutische Perspektiven

Eine Methode, Zellen zu isolieren, die fähig sind, Leberparenchymzellen zu regenerieren und für eine Zelltransplantation nutzbar zu machen, wäre eine Perspektive für viele Leberkrankheiten. Derzeit scheint dies jedoch wenig erfolgversprechend.

Die fetale Leber (während ihrer Entwicklung) enthält blutbildende Areale (hämatopoetische Kolonie-bildende CD34- und CD117-positive pluripotente Zellen mit hohem Proliferationspotential), aus denen sich Albumin-bildende Vorläuferzellen für Hepatozyten und CK19-positive Vorläuferzellen für Cholangiozyten bilden können. Solche fetalen Zellen sind für therapeutische Überlegungen zur Leberregeneration von hohem Interesse. (1)Gut. 2005 Jul;54(7):972-9 (2)Stem Cells. 2009 Mar;27(3):577-605

Heute geht man eher in die Richtung der Entwicklung von mehrzelligen Leberorganoiden. Dabei berücksichtigt man die Zell-Zell-Interaktionen und die Bedeutung verschiedener spezialisierter Zellkomponenten, die in der Leber zusammenwirken. (3)Cells. 2023 May 19;12(10):1429. DOI: 10.3390/cells12101429.

Polarität, Bildung von Gallenkapillaren

Die Leberparenchymzellen (Hepatozyten) liegen zwischen Blutbahn und Gallenkapillaren. Sie sind polar aufgebaut; sie haben eine zum Blut hin (basale) und eine zu den Gallenkapillaren hin (apikale) orientierte Zellmembran; zwischen benachbarten Hepatozyten liegt ein interzellulärer Membrananteil. Alle Membrananteile haben unterschiedliche Funktionen. Ein Transport von Substanzen aus dem Blut in die Galle (z. B. von Cholesterin, Gallensäuren, Medikamenten oder von Bilirubin) bedeutet damit einen Transport durch die sinusoidale oder sinulaterale Zellmembran, das Zytoplasma und schließlich durch die gallenkapilläre Zellmembran.

Hepatozyten haben einen direkten Kontakt mit dem Blutplasma, da in der Leber die Basalmembran um die kleinen miteinander kommunizierenden Blutgefäße (Sinusoide) fehlen und zudem die Endothelzellen (begrenzende Zellen der kleinen Blutgefäße) kleine Fenster (Fenestrae) enthalten. Durch diese können auch Lipoproteine (außer Chylomikronen) passieren und direkt die Hepatozytenoberfläche erreichen. Der Raum zwischen dem Endothel der Sinusoide und den Hepatozyten (Disse-Raum) ist mit multiplen Mikrovilli, fingerförmigen Ausstülpungen der basalen Leberzelloberfläche, ausgefüllt, die einen Austausch von Substanzen fördern. Seitlich grenzen die Hepatozyten an Nachbarhepatozyten, von denen sie durch einen submikroskopisch engen Spaltraum getrennt sind, mit denen sie jedoch durch vereinzelte „Gap-Junctions“ in direktem Kontakt stehen.

An der apikalen Oberfläche befinden sich zwischen den dort ebenfalls benachbarten Hepatozyten die Gallenkapillaren (Canaliculi biliferi). Während der seitliche parazelluläre Raum vom Disse-Raum nicht abgegrenzt ist, bestehen um die Gallenkapillaren herum eng abdichtende Abschlüsse, die „Tight Junctions“ (Zonulae occludentes), so dass Galle nicht austreten kann. Sie messen nur etwa bis 0,8 µm im Durchmesser und umziehen jeden Hepatozyten. Zwischen den eng aneinander liegenden Hepatozyten formt sich ein verzweigtes Netz an kommunizierenden Gallenkapillaren, die schließlich in den Portalfeldern in kleine Gallengänge münden.

Stoffwechselfunktionen

Hepatozyten dienen dem Körper für zentrale Stoffwechselfunktionen. Zu ihnen zählen insbesondere:

  • Zytosol:
    • Synthese, Speicherung und Abbau von Glykogen,
    • Teil der Glukoneogenese (Synthese von Glukose aus Aminosäuren),
    • Teil der Hämsynthese,
  • Mitochondrien:
    • Entgiftung toxischer Substanzen inkl. von Medikamenten über das Zytochrom-P450-System,
    • Teil des Harnstoffzyklus, Harnstoffsynthese,
    • Teil der Glukoneogenese (Bildung von Glukose aus Pyruvat, Laktat und Aminosäuren),
    • Teil der Hämsynthese,
  • glattes endoplasmatisches Retikulum und Golgi-Apparat:
  • raues endoplasmatisches Retikulum,

Zonierung der Stoffwechselfunktion

Das makroskopisch homogen erscheinende Leberparenchym unterliegt mikroskopisch einer Zonierung, wobei

  • Zone 1 dasjenige Areal ist, in das das Pfortaderblut über die Portalfelder in das Lebergewebe eintritt,
  • Zone 2 das in der Mitte liegende Areal darstellt,
  • Zone 3 das Areal bildet, welches das Blut aus dem Lebergewebe zu den ableitenden Zentralvenen sammelt.

Je nach Lage im Lebergewebe weisen die Hepatozyten einige unterschiedliche Funktionen auf. Die Funktionen sind nicht scharf abgegrenzt sondern nehmen entlang dem Blutstrom allmählich zu oder ab. Eine Ausnahme ist die Glutaminsynthese die streng auf 1 – 2 Zelllagen um die Zentralvenen begrenz ist.

  • In periportalen Zone 1 beispielsweise werden Gallensäuren bereits zu über 90% aus dem Pfortaderblut aufgenommen und in die Gallenkapillaren sezerniert. Dies gilt auch für einige Medikamente, wie für das Budesonid, das daher nach oraler Applikation kaum systemische Nebenwirkungen hat. Ihre „First-pass-Clearance“ in der Leber ist sehr hoch. Liegt jedoch eine Cholestase vor, werden diese Substanzen in den Sinudoiden zur Zentralvene und in den großen Kreislauf weiter geleitet und entfalten dort zum Teil erhebliche Nebenwirkungen.
  • In den Zonen 1 und 2
    • werden einige Stoffwechselprodukte und Fremdstoffe durch Sulfatierung für eine Ausscheidung vorbereitet.
    • erfolgt die überwiegende Ammoniumentgiftung durch die Synthese von Harnstoff. Da dabei Bikarbonat verbraucht wird, greift die Leber darüber gleichzeitig regulierend in den Säure-Basen-Haushalt des Körpers ein. Dieses Entgiftungssystem für Ammonium hat eine hohe Kapazität, ist aber wenig affin.
    • findet die Glukose-Produktion aus Pyruvat und Laktat (Glukoneogenese) statt.
  • In den perivenösen Zonen 2 und 3
    • werden einige Stoffwechselprodukte und Fremdstoffe durch Glukuronidierung für eine Ausscheidung vorbereitet.
    • überwiegt bei Bedarf die Glykolyse (Abbau von Einfachzuckern).
  • In Zone 3 werden Stoffwechselprodukte durch das dort besonders aktive Cytochrom-P450-System ausscheidungsfähig gemacht.
    • Ausschließlich in wenigen perivenösen Zelllagen der Zone 3 erfolgt die definitive Entgiftung von Ammonium durch Einbau in Glutamin. Dieses Ammoniumentgiftungssystem ist im Gegensatz zu dem der davor liegenden Areale (Zonen 1 und 2), die Ammonium durch Harnstoffsynthese entgiften, hochaffin, hat aber eine geringe Kapazität.

Zusammenarbeit mit nicht-parenchymatösen Zellen

Viele der Funktionen von Hepatozyten werden durch nichtparenchymatöse Zellen der Leber beeinflusst oder reguliert. Zu ihnen gehören die Endothelzellen, die Kupffer-Zellen und die Ito-Zellen (hepatic stellate cells (HSC), fett storing cells), aber auch Lymphozyten und Pit-Zellen (großkörnige Lymphozyten/natürliche Killerzellen). (4)Adv Anat Embryol Cell Biol. 2001;161:III-XIII, 1-151.

Endothelzellen sezernieren je nach Bedingung Cytokine, Prostaglandine, Leukotriene, Endothelin-1 und Stickstoffmonoxid (NO), Kupffer-Zellen (stationäre Makrophagen der Leber) Entzündungsmediatoren wie TNF-alpha, Prostaglandine und Interleukine. Diese Mediatorstoffe beeinflussen die Funktion der Leberzellen.

Kupffer-Zellen fördern über Prostaglandine die Glukosebildung in benachbarten Leberzellen durch Stimulierung des Glykogenabbaus. Sie arbeiten mit Hepatozyten auch in der Synthese von Leukotrien LTC4 zusammen: Kupffer-Zellen synthetisieren ihre Vorstufe und Hepatozyten vervollständigen die Bildung.

HSC (hepatic stellate cells, Ito-Zellen) speichern in der Leber den größten Teil des mit der Nahrung aufgenommenen Vitamin A. Hepatozyten jedoch bilden das Retinol-bindende Protein für seinen Transport; dies ist ein Beispiel einer abgestimmten Stoffwechsel-Interaktion zwischen zwei Zelltypen. HSC vermögen über die Produktion von HGF (hepatocyte growth factor) oder TGF-beta den Zellumsatz (Turnover) der Hepatozyten zu fördern oder zu hemmen.

Besondere Aspekte von Hepatozyten

Auffällige Zellen

  • Zugrunde gehende Hepatozyten: Im Lebergewebe finden sich gelegentlich kleinere eosinophile Zellen mit pyknotischem Kern; sie sing zugrunde gehende Hepatozyten, die einer Apoptose unterliegen. Physiologisch sind sie im Läppchenzentrum am ehesten anzutreffen; der Zellnachschub erfolgt von den Portalfeldgrenzen des Leberläppchens aus.
  • Milchglashepatozyten (ground glass hepatocytes): Sie sind große Hepatozyten mit homogenem hell-eosinophilem Zytoplasma. Sie kommen bei der Hepatitis B vor und zeigen einen besonders hohen Gehalt an HBsAg an.

Auffällige intrazelluläre Strukturen

Hepatozyten können auffällige Strukturen enthalten:

  • Fetttröpfchen (Lipidtröpfchen): je nach Größe der Fetttröpfchen besteht eine groß- und mitteltropfige oder eine feintropfige, mikrovesikuläre Fetteinlagerung. Die groß- und mitteltropfige Steatose überwiegt in den meisten Fällen und ist beispielsweise beim metabolischen Syndrom, dem Diabetes mellitus und der Adipositas vorherrschend. Die mikrovesikuläre Steatose ist lichtmikroskopisch kaum sondern nur elektronenmikroskopisch eindeutig erkennbar; sie kommt selten vor, beispielsweise beim Reye-Syndrom und durch den Einfluss einiger Medikamente (z. B. von Tetracyclinen).
  • Glykogen: Glykogen ist die Speicherform von Glukose und je nach Ernährungszustand mehr oder weniger ausgeprägt in Hepatozyten erkennbar. Beim Diabetes mellitus finden sich Glykogenablagerungen auch in den Kernen der Leberzellen („Glykogenkerne“). Bei Glykogenspeicherkrankheiten sind Hepatozyten voll von Glykogen.
  • Sphingomyeline: sie werden bei einer angeborenen Stoffwechselstörung (Niemann-Pick-Krankheit) intrazellulär angesammelt.
  • Lipofuscin: diese auch als „Alterspigment“ bekannte Substanz stellt ein lysosomales Oxidationsprodukt ungesättigter Fettsäuren dar.
  • Mallory-Körperchen: sie sind eosinophile hyaline Einschlüsse im Zytoplasma der Hepatozyten, die bei Alkoholabusus in über 50% der Fälle zu erkennen sind, aber auch bei anderen Leberkrankheiten vorkommen können, so in ca. 25% bei der PBC und der Wilson-Krankheit.

 


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Verweise

 

 


Autor: Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (s. Impressum)


 

Literatur

Literatur
1Gut. 2005 Jul;54(7):972-9
2Stem Cells. 2009 Mar;27(3):577-605
3Cells. 2023 May 19;12(10):1429. DOI: 10.3390/cells12101429.
4Adv Anat Embryol Cell Biol. 2001;161:III-XIII, 1-151.