Das Wichtigste verständlich


Hypotonie bedeutet zu niedriger Blutdruck und ist definiert durch Werte unter 100/60 mm Hg. Häufig liegt eine Veranlagung vor oder eine Fehlregulation durch eine Krankheit. Als Hypotension wird dagegen eher ein aktuell zu niedriger Blutdruckwert bezeichnet, der einmalig oder im Rahmen einer Hypotonie auftreten kann.

Häufige Ursachen: Um über die Notwendigkeit einer Behandlung entscheiden zu können, ist eine genaue Diagnostik erforderlich. Sie soll harmlose Ursachen, wie zu starkes Schwitzen und mangelnde Flüssigkeitszufuhr, ausschließen sowie ernsthafte Ursachen, wie

  • eine Herzkrankheit, wie eine Herzinsuffizienz, eine Herzklappenerkrankung oder einen Herzinfarkt,
  • eine bakterielle Vergiftung (Sepsis)
  • eine Überdosierung eines Blutdruck-senkenden Medikaments.

Kommen die häufigen Ursachen nicht in Betracht, muss eine sehr differenzierte Diagnostik erfolgen, die auch einen verborgenen Blutverlust und eine hormonelle Krankheit (wie das Addison-Syndrom) berücksichtigt.

Die Diagnostik umfasst vor allem die Untersuchung des Herzens auf eine Leistungsschwäche als auch die des Hormonsystems und des zentralen und vegetativen Nervensystems mit Parasympathicus und Sympathicus auf eine Fehlregulation.

Behandlung: Eine Hypotonie ist nicht immer behandlungswürdig, sondern nur dann, wenn sie Ausdruck einer Krankheit oder eines toxischen Einflusses ist (wie von Medikamenten) oder zu Komplikationen veranlassen kann. Die Behandlung richtet sich nach der Ausprägung und der Ursache der Hypotonie sowie nach dem Komplikationsrisiko.

Blutdruck

Einteilung

Niedriger Blutdruck lässt sich folgendermaßen unterteilen:

  • orthostatische Hypotonie: sie wird insbesondere bei jungen Menschen manifest, wenn sie aus der Ruhe heraus aufstehen. Es kommt zu Schwindel, Flimmern vor den Augen, weichen Beinen und gelegentlich zu einem „hypostatischen Kollaps“, der im Liegen rasch reversibel ist.
  • sekundäre Hypotonie:
    • Folge einer Störung des Flüssigkeitshaushalts und durch Volumenmangel, vermehrte Diurese (Flüssigkeitsausscheidung über die Nieren), starkes Schwitzen, Diuretika;
    • Erweiterung des Blutbetts durch Sepsis oder Blutdruck senkende Medikamente, s. u.);
    • bedingt durch eine Herzinsuffizienz (Herzleistungsschwäche).
  • essentielle Hypotonie: ihre Ursache ist nicht auf Anhieb eruierbar.

Ursachen

Folgende Ursachen können vorliegen:

  • Hypovolämie: Flüssigkeitsmangel durch z. B.
    • Blutverlust (offen oder okkult),
    • starkes Schwitzen,
    • mangelnde Flüssigkeitszufuhr,
    • anhaltenden Durchfall (Diarrhö),
    • starke Diurese (vermehrte Urinproduktion),
    • Umverteilung der Blutmenge (z. B. in den Bauchraum bei der dekompensierten Leberzirrhose),
    • Erweiterung der Blutgefäße und damit des Blutbetts, Folge: Versacken des Bluts (z. B. bei einer Sepsis oder einem allergischen Schock)
  • Herzinsuffizienz (z. B. nach Herzinfarkten),
  • Herzklappenerkrankung: Aortenstenose oder Mitralstenose,
  • tachykarde oder bradykarde Herzrhythmusstörung,
  • Shuntvitien mit Links-rechts-Shunt (Vorhofseptumdefekt, Ventrikelseptumdefekt),
  • Addison-Syndrom (Nebenniereninsuffizienz mit Mangel an Mineralokortikoiden)
  • Bartter Syndrom (inadäquate PGE2-Produktion, Gefäßdilatation und ADH-Sekretion)
  • periphere Erweiterung von Blutgefäßen
    • medikamentös (durch gefäßerweiternde Mittel, z.B. durch Nitro-Präparate oder Kalziumantagonisten vom Nifedipin-Typ),
    • toxisch (durch Giftstoffe, z.B. durch Alkohol),
    • septisch (im Rahmen einer bakteriellen Blutvergiftung),
    • neurogen: durch eine Fehlfunktion des Nervensystems bedingt, z. B. durch Überwiegen des N. vagus (vagotone Dystonie) oder nach Sympathektomie: es kommt zu einer peripheren Erweiterung der Blutgefäße, in denen das Blut „versackt“,
  • Nebenwirkungen von Medikamenten: z. B. durch Diuretika, Beta-Blocker, ACE-Hemmer oder Kalziumantagonisten,
  • Cava-Kompressionssyndrom (Syndrom durch verminderten Blutrückfluss wegen Kompression der unteren Hohlvene, Einengung der Vena cava inferior) z. B. durch einen Tumor im Bauchraum oder durch ausgeprägten Aszites: Verminderung der Blutfüllung des Herzens,
  • im Rahmen einer heftigen Schmerzattacke z. B. bei akutem Abdomen.

Klinik und Symptome

Zu niedriger Blutdruck macht sich durch eine Reihe von Symptomen bemerkbar. Zu ihnen gehören vor allem Konzentrationsschwäche, Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Schwäche, Kollapsneigung, Synkopen (plötzliche Bewusstlosigkeit), Flimmern vor den Augen, Ohrgeräusche (Tinnitus) und Schocksymptomatik (bei ausgeprägter Hypotonie).

Diagnostik

Der Nachweis einer Hypotonie gelingt durch Blutdruckmessung nicht immer zuverlässig, denn situativ können die Werte verfälscht sein. Deshalb wird häufig der Shellong-Test und eine Langzeitblutdruckmessung zu Hilfe gezogen.

Eine sorgfältige Anamnese führt zu einer eventuell verminderten Trinkmenge und vermehrten Flüssigkeitsausscheidung (durch Schwitzen, über Nieren oder Darm), zu einer vorbekannten Herz- oder Nierenkrankheit oder einer sonstigen bereits bekannten Diagnose. Auch kommen blutdruckwirksame Medikamenten ins Blickfeld.

Es schließen sich an:

Durch eine erhöhte osmotische Diurese, die z. B. bei zu hohen Blutzuckerwerten (Hyperglykämie) durch die Ausscheidung von Glukose bedingt sein kann, kann es ebenfalls zu einem Volumenmangel kommen.

Spezielle diagnostische Situationen

Bei der Suche nach der Ursache einer Hypotonie sind in folgenden Situationen spezielle Überlegungen zusätzlich hilfreich:

Bei sonst gesunden Menschen wird ein zu niedriger Blutdruck meist hervorgerufen durch starkes Schwitzen und zu geringer Trinkmenge.

Bei Kindern und Jugendlichen kommen vor allem eine orthostatische Reaktion und eine vegetative Überreaktion auf psychisch aufregende Ereignisse (wie Schreck, Trauer) oder Schmerz infrage. Sie sollten jedoch auch speziell auf Herzfehler untersucht werden.

Bei Herzkranken ist eine Hypotonie häufig bedingt durch

  • eine besonders ausgeprägte Leistungsschwäche der Herzmuskulatur (Linksherzinsuffizienz, erkennbar z. B. durch Echokardiographie).
  • durch zusätzliche Faktoren, wie
    • einen relativen Flüssigkeitsmangel (z. B. durch starkes Schwitzen,
    • einen überlagernden Infekt,
    • zu geringe Flüssigkeitszufuhr,
    • eine Überdosierung eines Blutdrucksenkers, z. B. eines Wasser treibenden Medikaments (Diuretikum)

Wenn bei Herzkranken keine dieser Ursachen für eine anhaltende Hypotonie in Frage kommt, werden die einzelnen Differenzialdiagnosen (s. o.) als Ausgangspunkte der Diagnostik einzeln abgeprüft, so auch verborgener (okkulter) Blutverlust, ein Addison-Syndrom und eine Leberzirrhose.

Shellong-Test

Eine orthostatische bedingte Hypotonie kommt durch Versacken des Bluts in die untere Körperhälfte beim Aufstehen und dadurch durch Unterversorgung des Gehirns zustande. Sie lässt sich durch einen Shellong-Test wahrscheinlich machen oder weitgehend ausschließen. Voraussetzung ist eine Ruhephase im Liegen vor dem Test von etwa 10 Minuten. Wenn der Blutdruck in den letzten Minuten stabil bleibt und nicht weiter absinkt, soll der Proband rasch aufstehen. Im Stehen wird der Blutdruck sofort und anschließend minütlich über 5 – 10 Minuten gemessen. Sinkt er stark ab und kommt Schwindel zustande, ist der Test positiv.

Der Test wird bei sonst gesunden Jugendlichen zum Nachweis einer Orthostasereaktion verwendet, ist aber nicht spezifisch, sondern kann durch Volumenmangel, eine Herzinsuffizienz oder eine sonstige Erkrankung (z. B. mit Fieber) ebenfalls positiv ausfallen.


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Verweise