Asthma bronchiale ist eine chronische Krankheit, die durch eine Verkrampfung (spastische Verengung) der Atemwege und zähen Schleim zustande kommt. Symptome und Komplikationen sind anfallsartig starke Atemnot und langfristig eine Lungenüberblähung (Lungenemphysem), eine chronische Bronchitis und eine Rechtsherzbelastung. Für eine anhaltend wirksame Therapie müssen die auslösenden Ursachen erkannt werden.

Das Wichtigste verständlich


Kurzgefasst
Das Bronchialasthma (Asthma bronchiale) ist eine Erkrankung des Atemwegssystems die mit anfallsartiger Luftnot einhergeht.

Entstehung: Beim Asthma neigen die Bronchien (mittlere und kleine Atemwege) zu einer überschießenden, krampfartigen Verengung sowie zu einer vermehrten Bildung von zähem Schleim. Ausgelöst werden kann dies auf zwei Wegen, nämlich durch:

  • unspezifische Reize verschiedenster Art (z. B. Infekte, RauchFeinstaub), (keine IgE-Erhöhung und keine Eosinophilie nachweisbar)
  • Allergene, Auslöser von allergischen Reaktionen (z. B. Hausstaub, Blütenpollen) (IgE-Erhöhung und Eosinophilie nachweisbar).
CT-Querschnitt des oberen Brustbereichs. Kräftige Pulmonalarterie als Zeichen einer beginnenden Rechtsherzbelastung. Dies lässt sich bei langjährigem Asthma finden. Großer Thoraxtiefendurchmesser als Folge des Emphysems, das sich durch das langjährige Asthma entwickelt hat. Verkalkende Aortensklerose.

Folgen: Folge solcher Verkrampfungen sind Verengungen der Atemwege und damit eine akute Atemnot. Eingeatmete Luft kann nicht genügend ausgeatmet werden (verlängerte Ausatemzeit). Auf lange Frist kommt eine Lungenüberblähung (Lungenemphysem) und eine Rechtsherzbelastung bei pulmonaler Hypertonie (Bluthochdruck im Lungenkreislauf) zustande.

Im akuten Stadium kann Angst vorm Ersticken aufkommen; die Angst kann sich verselbständigen und zur Angst vor neuen Anfällen und ganz allgemein zur Lebensangst werden. Daher gehört eine psychische Stabilisierung zur Asthmatherapie hinzu.

Diagnostik: Die Diagnose wird meist durch Anamnese (Atemnotanfälle, Auslöser oft den Betroffenen bekannt) und klinischen Befund (ziehendes Atmen, Giemen, später auch Emphysemaspekt) gestellt.

Die Lungenfunktionsprüfung hilft, den Schweregrad einzuordnen und die Reaktion des Atemwegssystems auf potenzielle Allergene, sonstige Auslöser, sowie auf Medikamente zu erforschen.

Unter den Laborwerte wird nach einer Erhöhung von Immunglobulin E (IgE) gesucht; das Blutbild soll eine eventuelle Eosinophilie nachweisen.

Ein Allergen-Inhalations-, Prick- oder RAST-Test kann Allergene identifizieren, dabei Vorsicht: Asthmaauslösung möglich (zur Allergiediagnostik siehe hier).

Besonderheiten: Asthma kann durch Anstrengung, durch Acetylsalizylsäure (ASS), durch eine chronische Nasennebenhölenentzündung oder durch eine Refluxkrankheit ausgelöst werden. Bei Kindern erhöht Paracetamol das Asthmarisiko.

Die Therapie des allergischen Asthmas (extrinsic Asthma) besteht im wesentlichen in Kortikosteroiden, ß2-Agonisten (Sympathomimetika), und neuerdings zusätzlich in Anti-IgE-Antikörpern wie Omalizumab. Dupilumab, ein Anti-Interleukin-4- Receptor-Antikörper, verspricht eine weitere Verbesserung; nach ersten Studien ist es auch dann wirksam, wenn andere Therapien, inkl. Omalizumab, versagen (s. u.). Das nicht allergische Asthma (intrinsic Asthma) reagiert meist auf ß-Sympathikomimetika, Anticholinergika und Sekretolytika.

→ Patienteninfos zum Asthma bronchiale siehe hier.

Definition

Das Asthma bronchiale ist gekennzeichnet durch eine reversible Atemwegsobstruktion.

Es werden zwei Haupttypen unterschieden:

Entstehung

Extrinsic Asthma: Diese als „allergisches Asthma“ bezeichnete Form  wird durch inhalative Allergene ausgelöst. Diese führen zu einer lokalen allergisch-entzündlichen Reaktion der Schleimhaut und der Muskulatur der Atemwege (Bronchialsystem) mit Schleimhautschwellung, Schleimbildung und spastischer Verengung mit der Folge von Atemnot. Charakteristisch sind eine Erhöhung der IgE-Immunglobuline und eine Eosinophilie. In einem Allergentest (z. B. RAST) lassen sich meist die auslösenden Faktoren (z. B. bestimmte Pollen) identifizieren. Die allergische Reaktion bewirkt eine Verkrampfung der Bronchialmuskulatur; bei Menschen mit einem hyperreagiblen Bronchialsystem fällt die Reaktion besonders stark aus, und die Atemnotanfälle können lebensbedrohlich verlaufen.

Mehr dazu siehe hier.

Intrinsic Asthma: Infekte oder toxische Substanzen reizen das Bronchialsystem, das hyperreagibel veranlagt ist. Es werden vermehrt Histamin, besondere Leukotriene und andere Mediatorstoffe freisetzt; die Bronchialwandung reagiert überschießend mit Bronchospastik, Verschwellung und Bildung zähen Schleims (Dyskrinie). Die gleiche Reaktion kann auch durch körperliche Anstrengung ausgelöst werden („belastungsinduziertes Asthma“).

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Die chronische Lungenüberblähung führt im Laufe der Zeit oft zur Ausbildung eines Lungenemphysems. Durch die Neigung zu Infekten (retinierter Schleim, verminderte Selbstreinigung des Bronchialsystems) kommt es zu gehäuften Bronchitiden, die die Schleimhaut mit ihrer Selbstreinigungskraft (mukoziliäre Clearance) weiter schädigen und schließlich zum Bild der chronisch obstruktiven Lungenkrankheit (COPD oder COLD) führen. Sie kann verschiedene Ursachen und Entstehungsgeschichten haben. Bei ihr kann sich ein Asthma-ähnliches Bild entwickeln.

Mehr dazu siehe hier.

Klinik und Symptomatik des Asthmas

Typisch ist die anfallsartig auftretende Atemnot mit dem Gefühl, die eingeatmete Luft schwer wieder ausatmen zu können (exspiratorische Dyspnoe). Dabei behindert zudem zäher Schleim die Atmung. Auskultatorisch sind Brummen, Giemen und Pfeifen zu hören. Ein beschleunigter Herzschlag (Tachykardie) weist auf eine heftige vegetative Reaktion hin: der Sympathicus springt an und versucht über eine Erweiterung de Bronchialsystems die Luftnot zu mildern. Wenn Fieber auftritt, deutet dies auf eine Infektion der Atemwege (Bronchitis), wozu der zähe Schleim prädestiniert.

Komplikationen: Ein schwerer Asthmaanfall kann in einer respiratorischen Insuffizienz bis hin zur Erstickung münden. Wenn der Asthmaanfall über 24 Stunden anhält, besteht ein Status asthmaticus. Jeder Asthmaanfall bedeutet ein Risiko für eine Rechtsherzinsuffizienz und Rechtsherzdekompensation. Chronisches und immer wiederkehrendes Asthma mit seiner Behinderung der Ausatmung führt zu einem Lungenemphysem.

Asthma-Diagnostik

Eine Differenzierung von allergischem oder nicht-allergischem Asthma gelingt oft über die Anamnese (Fragen nach einer allergischen Reaktionen in der Vorgeschichte und nach Allergien in der Familie).

Eine Messung der Atemfrequenz und eine Pulsoximetrie (pO2, Pulsfrequenz) geben rasch Auskunft über wichtige Vitalparameter in einem Anfall von Atemnot.

Metacholin-Test: Er dient der Erkennung einer bronchialen Übererregbarkeit (nicht während eines Asthmaanfalls durchzuführen): Die Atemparameter werden über eine Messung in einem Bodyplethysmographen vor und nach Gabe von Metacholin gemessen. Die Bronchialverengung wird abschließend i. d. R. durch inhalatives Salbutamol wieder neutralisiert (Bronchospasmolyse).

RAST: Wenn eine allergische Diathese im Raum steht, kann mit einem RAST nach dem auslösenden Agens (Allergen) gesucht werden. Ein RAST (Radio-Allergo-Sorbent-Test) ist ein Labortest zur Identifizierung von Antikörpern im Blut von Asthmakranken (allgemein von „Allergikern“) gegen spezifische Allergene.

Labor: Differenzialblutbild (Eosinophilie beim extrinsic Asthma) und IgE-Bestimmung (IgE-Erhöhung beim extrinsic Asthma). Entzündungsparameter (CRP, Leukozytose, Interleukin 5 und 8, TNF-alpha). Blutgasanalyse ( u. a. pH-Wert, CO2-und Sauerstoffkonzentration im Blut).

Bakteriologie: Austestung des Sputums auf Bakterien mit Antibiogramm.

Lungenfunktion: Bei der Lungenfunktionsprüfung findet man typischerweise folgende Veränderungen:

  • Sekundenkapazität (Tiffeneau-Test) < 70%, erheblich verlängert,
  • Flussvolumenkurve konvexbogig deformiert,
  • Erhöhung der Atemmittellage;
  • Verbesserung der Werte beim Bronchospasmolysetest (nach Inhalation eines ß2-Sympathomimetikums wie Salbutamol),

Diagnostik auslösender Ursachen:

Wenn eine allergische Ursache nicht in Betracht kommt, muss an andere Ursachen gedacht werden, die zu wiederholten Asthmaanfällen veranlassen können.

  • Gastroskopie bei Verdacht auf eine Refluxkrankheit, die ein extrinsic Asthma unterhalten kann;
  • HNO-Untersuchung bei Verdacht auf Nasennebenhöhlenentzündung, die zu einer chronischen Abtropfbronchitis prädisponieren kann.

Therapie des Asthma bronchiale

Allgemein: Vermeidung auslösender Noxen und Situationen, nicht rauchen, Vorbeugung grippaler Infekte, Impfung gegen Grippe.

Spezielle Maßnahmen:

  • Allergenvermeidung („allergisches Asthma“),
  • Vermeidung zu starker körperlicher Anstrengung („belastungsinduziertes Asthma“),
  • Vermeidung von Acetylsalicylsäure („ASS-indiziertes Asthma“),
  • Sanierung der Nasen-Rachen-Räume (chronisch infektexazerbiertes Asthma, „Abtropfbronchitis“ mit spastischer Reaktion),
  • Behandlung einer gastroösophagealen Refluxkrankheit.

Medikamentös: Entzündungshemmung (Kortikoide), Sekretolytika (Bromhexin, Acetylcystein), Verminderung bronchospastischer Einflüsse (Anticholinergika, ß2-Sympathomimetika), Bekämpfung bakterieller Infektion (Antibiotika).

Die häufig verwendeten ß-Mimetika führen häufig als Nebenwirkung zu einer Tachykardie, so dass zur Korrektur ein Frequenzsenker, z. B. Verapamil (Isoptin), eingesetzt werden, die wiederum Nebenwirkungen haben. Oft entsteht im Laufe der Asthmatherapie eine Polypragmasie.

Neuere Entwicklungen:

  • Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten (Antileukotriene) wie Montelukast,
  • Antikörper gegen Immunglobulin E (IgE):  Omalizumab (ein Anti-IgE) wurde als als Zusatz zu inhalativen Kortikosteroiden und ß-Mimetika geprüft. Nach 9 Jahren wurde eine positive Bilanz gezogen: keine Bedenken wegen stärkerer Nebenwirkungen, keine Notfallbehandlungen, Abnahme der Zahl schwerer Asthmaanfälle im Jahr von etwa 5 auf 0,63 (1)Allergy Asthma Immunol Res. 2017 Jul;9(4):368-372. doi: 10.4168/aair.2017.9.4.368.. Auch in einer Real-World-Setting hat sich Anti-IgE bezüglich Asthma-Kontrolle, Lungenfunktion und Zahl der Asthmaanfälle bewährt. (2)Clin Transl Allergy. 2020 Jun 26;10:25. DOI: 10.1186/s13601-020-00330-1.
  • Antikörper gegen den IL-4-Rezeptor (Dupilumab) : Mittelschweres und schweres Asthma reagiert gut auf Antikörper gegen die alpha-Untereinheitden des IL-4-Rezeptors (siehe hier). Nach ersten Studien scheint Dupilumab sowohl in eosinophilem wie in nicht-eosinophilem Asthma einen Vorteil vor herkömmlichen Therapien zu haben, inklusive Omalizimab, Mepolizumab und Reslizumab (3)Expert Opin Investig Drugs. 2017 Mar;26(3):357-366. doi: 10.1080/13543784.2017.1282458.. Es bietet bei sonst nicht kontrollierbarem Asthma eine Therapiemöglichkeit (4)Lancet. 2016 Jul 2;388(10039):31-44. doi: 10.1016/S0140-6736(16)30307-5.. Bei Kindern im Alter von 6 bis 11 Jahren mit unkontrolliertem, mittelschwerem bis schwerem Asthma zeigte eine Phase-3-Studie zeigte die Langzeitbehandlung mit Dupilumab gute Verträglichkeit  und ein akzeptables Sicherheitsprofil. (5)Lancet Respir Med. 2024 Jan;12(1):45-54.
    Dazu siehe hier.
  • Antikörper gegen den IL-5-Rezeptor: Benralizumab ist ein neu entwickelter Antikörper gegen diesen Rezeptor, der in einer Studie als add-on-Medikament Effektivität bei schwerem, therapieresistentem Asthma gezeigt hat; es reduzierte die Anfallsfrequenz auf etwa 60 %. Als Nebenwirkungen traten in etwa 20 % eine Nasopharyngitis auf, aber auch eine Verschlechterung des Asthmas in 14% (6)Lancet. 2016 Oct 29;388(10056):2128-2141. doi: 10.1016/S0140-6736(16)31322-8. Epub 2016 Sep 5.
  • Psychische Faktoren: Wichtig ist die Feststellung, dass eine gute ärztliche Betreuung alleine bereits zu einer Reduktion der Asthmaanfälle führt, wie in den Placebo-Kontrollarmen von Studien immer wieder festgestellt wird. Eine Atemtherapie unter Anleitung in Therapiegruppen kann außerordentlich hilfreich sein. (7)J Asthma. 2022 Feb;59(2):273-287. DOI: 10.1080/02770903.2020.1847927. Atemtrainingsprogramme verbessern die Lebensqualität, auch wenn sie nur geringe Auswirkungen auf die Lungenfunktion oder Atemwegsentzündung haben. (8)Lancet Respir Med. 2018 Jan;6(1):19-28. DOI: 10.1016/S2213-2600(17)30474-5
  • Langzeit-Antibiose: Schweres Asthma ist nicht nur durch besonders starke Atemnot sondern auch durch häufige Exacerbationen (Wiederkehr der Anfälle) gekennzeichnet. Die Häufigkeit der Anfälle lässt sich einer Studie zufolge durch eine Dauerantibiose mit Azitromycin (ein Makrolid-Antibiotikum, 3×500 mg pro Woche für 48 Wochen, zusätzlich zu der bedarfsgerechten Medikation eines langwirkenden Bronchodilatators und von Kortikosteroiden) fast halbieren (von 1,86 auf 1,07 pro Patientenjahre). Dies war allerdings verbunden mit einer Erhöhung der Durchfallhäufigkeit (von 19% auf 34%). (9)The Lancet 2017; 390: 659-668, DOI: http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(17)31281-3

Paracetamol und Asthma im Kindesalter

Seit vielen Jahren steigt die Prävalenz kindlichen Asthmas. Inzwischen kann als gesichert gelten, dass Paracetamol das Risiko der Asthma-Entwicklung bei Erwachsenen und Kindern erhöht; die Assoziation ist recht hoch gemessen an dem Pro-Kopf-Verbrauch und der Asthma-Prävalenz. In einer Doppelblindstudie wurde bei Kindern mit Asthma und Fieber festgestellt, dass eine Exacerbation bei der Behandlung mit Paracetamol auftrat, nicht dagegen bei der mit Ibuprofen; es gibt eine Dosisabhängigkeit. (10)Pediatrics. 2011 Dec;128(6):1181-5 Pathogenetisch soll eine Depletion von Glutathion in der Atemwegsmukosa eine entscheidende Rolle spielen.

Die Verwendung von Paracetamol in der Schwangerschaft ist mit einer erhöhten Anfälligkeit des Kindes für Asthma verbunden! (11)Clin Exp Allergy. 2011 Apr;41(4):482-9 Damit sollte schwangeren Frauen nahegelegt werden, kein Paracetamol zu nehmen.

Es wird jedoch immer wieder kritisch angemerkt, dass die bisherigen Studien den Zusammenhang von Paracetamol und Asthma nicht eindeutig belegen würden, so dass eine neue kontrollierte prospektive Studie gefordert wird (12)Can Fam Physician. 2017 Mar;63(3):211-213.. Andererseits ist nun ein spezieller Rezeptor als Verbindung zwischen Paracetamol und Asthmaauslösung gefunden worden, wodurch statistische Assoziationen auf eine biologische Basis gestellt wird (13)Pediatr Allergy Immunol. 2017 Mar;28(2):191-198. doi: 10.1111/pai.12673..


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Verweise

Patienteninfos

Literatur[+]