Anakinra

Artikel aktualisiert am 24. Januar 2019

Anakinra (Kineret®) ist ein biotechnologisch durch E.-coli-Kulturen hergestellter Entzündungshemmer, der als Interleukin-1-Antagonist wirkt und zur Therapie der schwer behandelbaren rheumatoiden Arthritis eingesetzt wird. Günstige Wirkungen werden inzwischen auch bei anderen Autoimmunkrankheiten beobachtet. (1) 2018 Nov 6;9:1157. doi: 10.3389/fphar.2018.01157.


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Das Wichtigste

Kurzgefasst
Anakinra ist ein Medikament, das Entzündungsvorgänge hemmt. Es kann zur Behandlung einer schweren Verlaufsform der rheumatoiden Arthritis dienen, wenn andere Behandlungen versagt haben. Die Wirkung beruht auf einer Unterdrückung von Interleukin-1 (IL-1).

Meist wird Anakinra zusammen mit anderen Entzündungshemmern wie Methotrexat kombiniert und durch Injektion unter die Haut appliziert. Es werden einige z. T. auch schwere Nebenwirkungen berichtet. So kann es unter Anakinra zu Infektionen (z. B. Tuberkulose), Durchfall und Übelkeit kommen.

Siehe auch: Canakinumab, ein Anti-IL-1ß-Antikörper.

Wirkung

Interleukin-1 (Il-1) ist ein Zytokin, das als Entzündungsmediator im Körper gebildet wird und eine besondere Rolle bei der Aufrechterkaltung auch von chronischen Entzündungsprozessen, wie bei der rheumatoiden Arthritis, spielt. Die Wirkung von Anakinra beruht auf der Hemmung von Il-1 an seinem Rezeptor, es ist ein „Il-1-Rezeptorantagonist“.

Verabreichung

Anakinra wird täglich subkutan appliziert; die Dosierung liegt bei 1(-2) mg/kg Körpergewicht (max. 100 mg/d), die Halbwertszeit bei 4-6 Stunden. Bei der Behandlung der rheumatoiden Arthritis wird eine Kombination mit MTX empfohlen. Eine Kombination mit TNF-alpha-Blockern (Remicade, Humira, Enbrel) soll vermieden werden.

Indikationen

Als Indikation gilt die rheumatoide Arthritis, die durch Basismedikation nicht ausreichend behandelbar ist, und wenn TNF-alpha-Blocker nicht vertragen werden. Die antientzündliche Wirkung soll geringer ausgeprägt sein als die von TNF-alpha-Blockern.

Günstige Wirkungen werden auch bei anderen Autoimmunkrankheiten beobachtet. (2) 2018 Nov 6;9:1157. doi: 10.3389/fphar.2018.01157. So können auch dramatische Verbesserungen beim familiären Mittelmeerfieber beobachtet werden. (3)Nephrol. Dial. Transplant. 24 676–678. 10.1093/ndt/gfn646 (4) 2018 Dec;5(4):230-234. doi: 10.5152/eurjrheum.2018.18036.

Kontraindikationen

Es wird eine Reihe von Kontraindikationen aufgeführt. Die wichtigsten sind Allergie gegen Anakinra oder Coli-Proteine, schwere Leukopenie, schwere Niereninsuffizienz, Tuberkulose, Kindesalter, stillende Mütter. Zu den häufigen Nebenwirkungen gehören zudem Infektionen, Übelkeit und Diarrhö. Das Risiko der Entwicklung von Lymphomen soll etwas erhöht sein.

Wissenschaftliche Erkenntnisse

  • Bei der rheumatoiden Arthritis gilt Anakinra als eine relativ sichere und mäßig wirkungsvolle Therapie, die anderen Biologika unterlegen zu sein scheint [1].
  • Bei einem therapie-refraktären Verlauf eines Morbus Still hat die Kombination von MTX und Anakinra zu einer deutlichen Verbesserung geführt [2].
  • Bei der Behandlung von systemischer juveniler idiopathischer Arthritis (SJIA) hat Anakinra in einer kleinen Studie bei etwa 90% der Patienten zu einer Symptomverbesserung geführt; als Komplikationen wurden bakterielle Infekte und Hepatitis angegeben. Es wird angeregt, eine IL-1-Hemmung als Erstlinientherapie zu prüfen [3]. Eine doppelblinde Placebo-kontrollierte Studie hat ebenfalls günstige Ergebnisse gezeigt [4].
  • Bei der Behandlung des familiären Mittelmeerfiebers, die unzureichend auf die Standardtherapie ansprechen scheinen Il-1-Hemmer wie Anakinra eine Alternative zu Colchicin sein zu können [5] [6].
  • Bei therapierefraktärer Arthrofibrose (Operation und Lösung von Verwachsungen) hat eine intraartikuläre Injektion von Anakinra bei einer kleinen Patientengruppe eine deutliche Verbesserung erbracht [7].
  • Das seltene Muckle-Wells-Syndrom (MWS), eine autoinflammatorische Erkrankung mit Fieber, Hautausschlag, Gelenkschmerzen und Konjunktivitis, Schwerhörigkeit und Amyloidose, kann in seiner Krankheitsaktivität erheblich durch Anakinra gebessert werden [8].
  • Hemmung des Tumorwachstums: Anakinra trägt in Tierexperimenten zur Hemmung des Wachstums kleiner Tumore bei. Begründet wird dies dadurch, dass IL-1 als Tumorwachstumsfaktor wirken kann [9].
  • Therapie des Diabetes mellitus: Der Anstieg proinflammatorischer Zytokine sowie oxidativer Stress führen zu einer Zerstörung von Beta-Zellen im Pankreas. Wichtiger Mediator ist Interleukin (IL)-1, das ihre Apoptose induziert und die Insulin-Sekretion vermindert. Anakinra hemmt diesen Prozess und führt zu einer Verbesserung der diabetischen Stoffwechsellage [10] [11].

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Verweise

Literatur

  1. ? Cochrane Database Syst Rev. 2009 Jan 21;(1):CD005121
  2. ? Int J Rheum Dis. 2010 Aug;13(3):e36-41
  3. ? Arthritis Rheum. 2011 Feb;63(2):545-55
  4. ? Ann Rheum Dis doi:10.1136/ard.2010.134254
  5. ? Meinzer U et al. Semin Arthritis Rheum. 2011 Jan 28. [Epub ahead of print]
  6. ? Ozen S J et al. Rheumatol. 2010 Dec 15. [Epub ahead of print]
  7. ? Orthopedics. 2010 Dec 1;33(12). doi: 10.3928/01477447-20101021-09
  8. ? Kuemmerle-Deschner JB et al. Arthritis Rheum. 2010 Nov 15. [Epub ahead of print]
  9. ? Anticancer Res. 2010 Oct;30(10):3959-65
  10. ? N Engl J Med. 2007 Apr 12;356(15):1517-26
  11. ? Diabetes Care. 2009 Sep;32(9):1663-8

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).

Literatur

Literatur
1 2018 Nov 6;9:1157. doi: 10.3389/fphar.2018.01157.
2 2018 Nov 6;9:1157. doi: 10.3389/fphar.2018.01157.
3Nephrol. Dial. Transplant. 24 676–678. 10.1093/ndt/gfn646
4 2018 Dec;5(4):230-234. doi: 10.5152/eurjrheum.2018.18036.