Ischämische Kolitis
Artikel aktualisiert am 1. September 2022
Die ischämische Kolitis ist eine Entzündung des Dickdarms auf dem Boden einer Minderdurchblutung der Darmschleimhaut. Meist ist eine Arteriosklerose der Mesenterialarterien und ihrer Äste bzw. eine Arteriolosklerose (Sklerose der kleinsten Äste) die Ursache. Häufig sind Menschen mit Raucheranamnese, hohem Blutdruck und lang dauerndem Diabetes mellitus betroffen. Auch Medikamente können eine ischämische Kolitis auslösen. (1)World J Gastroenterol. 2008 Dec 28;14(48):7302-8 Es werden nicht-gangränöse (ohne Untergang eines Darmwandteils) und gangränöse Formen (mit Untergang eines Teilstücks) unterschieden, die den gesamten Dickdarm oder auch nur ein Segment betreffen. Die nicht-gangränösen Fälle überwiegen. Eine ischämische Kolitis ist eine häufige Ursache unterer Bauchschmerzen und einer Darmblutung. (2)World J Gastroenterol. 2008 Dec 28;14(48):7302-8. doi: 10.3748/wjg.14.7302 (3)Curr Opin Gastroenterol. 2017 Jan;33(1):34-40. DOI: 10.1097/MOG.0000000000000325
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Inhaltsverzeichnis
Ausprägung
Es wird eine nicht-gangränöse von einer (seltenen) gangränösen Form der ischämischen Kolitis unterschieden. Die meisten Erkrankungen verleufen leicht und heilen spontan aus. Wahrscheinlich werden nicht alle leichteren Fälle diagnostiziert.
Risikofaktoren
Die wahrscheinlich häufigste Ursache für eine ischämische Kolitis ist eine stenosierende Arteriosklerose der den Dickdarm versorgenden Blutgefäße (A. mesenterica superior und inferior).
Zu den häufigeren Ursachen zählen auch Medikamente. Beschrieben wurde eine ischämische Kolitis unter der Medikation von Herzglykosiden (Digitalis), Appetithemmern (Phenterminen), Chemotherapeutika (Taxane, Vinca-Alkaloide), Kontrazeptiva oder NSAR. Auch neuere Medikamente wie TNF-alpha-Hemmer können eine ischämische Kolitis auslösen oder befördern. (4)Drug Saf. 2013 May;36(5):329-34 Cocain- oder Metamphetamin-Abusus sind ebenfalls mit einer ischämischen Kolitis assoziiert worden. (5)South Med J. 2000 Sep;93(9):909-13. PMID: 11005354. (6)Int J Surg Case Rep. 2019;58:11-13. doi: 10.1016/j.ijscr.2019.03.061
Auch eine mechanische Einengung z. B. durch einen Tumor, eine entzündliche Verschwellung, einen Volvulus oder Briden oder eine Stenose am Abgang einer Mesenterialarterie von der Aorta durch ein Aortenaneurysma oder nach ihrer Operation können in seltenen Fällen der Auslöser sein.
Eine Vaskulitis kann Auslöser einer ischämischen Kolitis sein.
Eine angeborene Anlageanomalie an der Riolan-Anastomose und den Drummond-Arkaden erhöht das Risiko für eine ischämische Kolitis im Bereich der linken Flexur.
Eine erhöhte Koagulabilität (Thrombophilie: z. B. bei Protein-S-Mangel, Protein-C-Mangel, AT3-Mangel, Faktor-V-Leiden, Prothrombin-Mutation) ist ebenfalls mit einem erhöhten Risiko für eine ischämische Kolitis verbunden.
Zu den seltenen Ursachen gehört auch ein sportlicher Exzess, wie Marathon-Laufen. (7)Am J Emerg Med. 2009 Feb;27(2):255.e5-7 (8)Case Rep Gastrointest Med. 2012; 2012: 356895
Entstehung
Bisher wurde eine Minderversorgung der Kolonmukosa als Ursache der ischämischen Kolitis angesehen, speziell auch wegen der Assoziation mit Bedingungen einer Minderperfusion. Dabei wird vermutet, dass durch die Mangeldurchblutung die Schleimhautbarriere gegen die intestinale Flora leidet, was eine Entzündung fördert. Allerdings werden auch andere Hypothesen diskutiert, speziell auch wegen der nicht sonderlich ausgeprägten Empfindlichkeit des Darm gegen eine Ischämie, und da die Ausbreitung sich nicht an die „Wasserscheide“ zwischen Versorgungsgebiet der A. mesenterica superior und inferior hält, die besonders empfindlich reagieren müsste. Die Erkrankung wird gelegentlich bis dahin auch als „akute idiopathische Kolitis“ bezeichnet. (9)Dis Colon Rectum. 2011 Mar;54(3):370-3 Die Darmwand wird durch eine Minderdurchblutung permeabel für Darminhaltsstoffe, Bakterien und Endotoxine. Umgekehrt ändert sich die Keimzusammensetzung im Darm (Darmmikrobiom) rasch zugunsten pathogener Keime, die die Schleimhautschädigung und damit auch eine extraintestinale Organschädigung befördern. (10)PLoS One. 2012;7(7):e42027. doi: 10.1371/journal.pone.0042027 (11)Int J Biol Sci. 2022 Jun 13;18(10):3981-3992. doi: 10.7150/ijbs.71491.
Symptomatik
Alle Symptome einer nicht akuten ischämischen Kolitis sind unspezifisch und entsprechen im Wesentlichen denen auch anderer Dickdarmentzündungen. Leichte Formen manifestieren sich durch eine Neigung zu dünnem Stuhl und Diarrhö. Es können Darmkrämpfe hinzukommen. Bei schwererer Ausprägung können die Stühle blutig werden. Eine massive Blutung (Hämatochezie) ist untypisch. Der Bauch bei Palpation ist in der Regel weich, bei schwerem Verlauf kann Abwehrspannung als Zeichen einer Durchwanderungsperitonitis entstehen. Bei nekrotisierendem Verlauf und Entwicklung eines toxischen Megakolons kommen septische Symptome mit Fieber und Schüttelfrost hinzu; die Mortalität ist hoch.
Diagnostik
Koloskopie: Das endoskopische Bild variiert je nach Schweregrad und kann dem einer Colitis ulcerosa entsprechen. Gelegentlich erkennt man einzelne longitudinale Ulzerationen (single-stripe sign); sie sollen recht charakteristisch sein, können aber makroskopisch kaum von einem Morbus Crohn abgegrenzt werden. Eine Differenzierung erfolgt durch die Histologie.
Bildgebende Verfahren wie Computertomographie und Darmsonographie: Bei schwereren Fällen kann die Darmwandung kann im befallenen Bereich verdickt sein. Gelegentlich erkennt man eine Pneumatosis coli (Gasbildung in der Darmwand).
Therapie
Viele Fälle benötigen keine differente Therapie und heilen spontan. Bei leichten und mittelschweren Fällen kann eine antibiotische Therapie (z. B. Ciprofloxacin plus Metronidazol) die Heilung beschleunigen. In den eher seltenen schweren Fällen ist eine parenterale Ernährung zusammen mit eine antibiotischen Therapie oft über längere Zeit erforderlich. Ist das Kolon durch Meteorismus stark gebläht, sollte für eine Dekompression (z. B. endoskopische Absaugung, Einlage einer Dennis-Sonde) gesorgt werden. Als ultima ratio kommt eine Kolonresektion in Frage.
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Verweise
Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).
Literatur
↑1 | World J Gastroenterol. 2008 Dec 28;14(48):7302-8 |
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↑2 | World J Gastroenterol. 2008 Dec 28;14(48):7302-8. doi: 10.3748/wjg.14.7302 |
↑3 | Curr Opin Gastroenterol. 2017 Jan;33(1):34-40. DOI: 10.1097/MOG.0000000000000325 |
↑4 | Drug Saf. 2013 May;36(5):329-34 |
↑5 | South Med J. 2000 Sep;93(9):909-13. PMID: 11005354. |
↑6 | Int J Surg Case Rep. 2019;58:11-13. doi: 10.1016/j.ijscr.2019.03.061 |
↑7 | Am J Emerg Med. 2009 Feb;27(2):255.e5-7 |
↑8 | Case Rep Gastrointest Med. 2012; 2012: 356895 |
↑9 | Dis Colon Rectum. 2011 Mar;54(3):370-3 |
↑10 | PLoS One. 2012;7(7):e42027. doi: 10.1371/journal.pone.0042027 |
↑11 | Int J Biol Sci. 2022 Jun 13;18(10):3981-3992. doi: 10.7150/ijbs.71491. |