Syntheseleistungsstörung der Leber

Artikel aktualisiert am 22. Oktober 2021

Syntheseleistungsstörung der Leber bedeutet, dass die Leber die für den Körper wichtigen Moleküle, die sie bilden muss und ins Blut abgibt, nicht mehr in ausreichender Menge produziert. Die Fähigkeit, solche Stoffe zu bilden, nimmt bei Erkrankungen der Leber ab. Schwere Lebererkrankungen, wie die fortgeschrittene Leberzirrhose, eine akute Leberentzündung (Hepatitis) oder eine Pilzvergiftung münden daher in ein Versagen vieler Organe und verlaufen rasch lebensbedrohlich.


Marker für die Syntheseleistung

Von den vielen Molekülen, die von der Leber gebildet und ins Blut abgegeben werden, haben folgende diagnostische Bedeutung erlangt:

  • Albumin,
  • einige Enzyme, wie die Pseudocholinesterase,
  • Gerinnungsparameter, die durch den Quick-Wert bzw. INR kursorisch bestimmt werden,
    • spezielle Bedeutung: Faktor VIII (1)Cell Mol Gastroenterol Hepatol. 2021;12(3):1061-1072. DOI: 10.1016/j.jcmgh.2021.02.014. Epub 2021 … Continue reading,
  • AT3 (Antithrombin 3, ein gerinnungshemmender Stoff),
  • Transportproteine, wie Transferrin und Ferritin,

Dazu siehe hier.

Ursachen einer Syntheseleistungsstörung

Zu Überprüfung der Syntheseleistungsfähigkeit werden die Syntheseleistungsparameter der Leber bestimmt. Die wichtigsten in der klinischen Praxis sind Albumin, der Quickwert, die Cholinesterase und AT3. Auch die Harnstoffsynthese kann als Parameter für die Syntheseleistung herangezogen werden, obwohl i.d.R. nur die Eiweißsynthese unter die Parameter gezählt wird. Beispielsweise kann bei der alkoholischen Hepatitis eine Verschlechterung auch an der Harnstoffsynthese ablesbar sein. (2)PLoS One. 2016 Jul 5;11(7):e0158388. DOI: 10.1371/journal.pone.0158388. PMID: 27379798; PMCID: … Continue reading.

Die häufigsten Ursachen einer Syntheseleistungsstörung werden durch Bestimmung weiterer Leberwerte und durch eine Sonographie der Leber abgeklärt. Je nach Befunden werden weitere diagnostische Maßnahmen (z. B. Computertomographie der Leber, Hepatitisserologie, ggf. Leberpunktion) ergriffen.

Eine seltene Ursache einer Syntheseleistungsstörung ist eine Resorptionsstörung im Dünndarm. Sie kann beispielsweise im Rahmen einer lange unentdeckt gebliebenen und fortgeschrittenen Coeliakie (Sprue), einen Morbus Whipple oder ein Kurzdarmsyndrom zustande kommen. Eine Dünndarmkrankheit wird durch die Bestimmung von Antiendomysium-Antikörpern und der Anti-Transglutaminase sowie durch die Untersuchung einer Gewebeprobe (Histologie eines durch Spiegelung (Gastroskopie) gewonnenen Biopsats) diagnostiziert.

In Dritte-Welt-Ländern kommt besonders bei Kindern Nahrungsmangel Kwashiorkor als Ursache in Frage (siehe hier).

Folgen einer Syntheseleistungsstörung der Leber

Bei einer ausgeprägten Syntheseleistungsstörung der Leber kann es zu Ödemen durch Mangel an Albumin und zu einer erhöhten Gerinnungsneigung mit Bildung von Thrombosen und Embolien kommen. Ein Mangel an Transportproteinen kann zu einer Störung im Stoffwechsel von Hormonen, Fetten, Vitaminen und Stoffwechselprodukten u.a. führen und damit ein buntes Krankheitsbild hervorrufen.

Im Rahmen einer schweren Lebererkrankung kann die Leberleistung ungleichmäßig abnehmen. Einzelne Stoffwechselwege bleiben länger als andere noch im ausreichenden Maß funktionsfähig. Das bedeutet, dass die Auskunft der Syntheseleistungsparameter nicht unbedingt auf andere, nicht getestete Stoffwechselwege übertragbar ist. So kann die Abnahme einzelner Gerinnungsfaktoren eher wirksam werden als eine Abnahme von Albumin, und die Harnstoffsynthese bereits eingeschränkt sein, bevor eine Einschränkung anderer Syntheseparameter erkennbar wird.

Ein spezielles Problem kann auftreten, wenn gerinnungsfördernde und gerinnungshemmende Faktoren durch eine ungleichmäßige Abnahme der Syntheseleistung die Gerinnung fördert. (3)Ann Hepatol. 2013 Sep-Oct;12(5):713-24. PMID: 24018489. Eine solche Bedingung kann z. B. durch überproportionale Abnahme von AT3 eintreten und zur Entstehung einer Pfortaderthrombose beitragen, so dass sogar Antikoagulanzien indiziert sind. (4)Hepatol Int. 2021 Oct;15(5):1196-1206. DOI: 10.1007/s12072-021-10247-x. Epub 2021 Aug 21. PMID: … Continue reading

Dazu siehe unter Leberinsuffizienz.


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Verweise



Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


Literatur

Literatur
1Cell Mol Gastroenterol Hepatol. 2021;12(3):1061-1072. DOI: 10.1016/j.jcmgh.2021.02.014. Epub 2021 Mar 8. PMID: 33705963; PMCID: PMC8342958.
2PLoS One. 2016 Jul 5;11(7):e0158388. DOI: 10.1371/journal.pone.0158388. PMID: 27379798; PMCID: PMC4933397.
3Ann Hepatol. 2013 Sep-Oct;12(5):713-24. PMID: 24018489.
4Hepatol Int. 2021 Oct;15(5):1196-1206. DOI: 10.1007/s12072-021-10247-x. Epub 2021 Aug 21. PMID: 34417718.