Autoimmunhepatitis
Die Autoimmunhepatitis ist eine chronische Entzündung der Leber, die durch Angriff des eigenen Immunsystems zustande kommt und in eine Leberzirrhose münden kann.
Das Wichtigste
Kurzgefasst |
Bei der Autoimmunhepatitis handelt sich um eine chronisch fortschreitende (progrediente) Erkrankung, die zu einem narbigen Umbau und schließlich zu einer Leberzirrhose führt.
Es werden 2 Typen unterschieden:
Diagnostik: Abgeschlagenheit und erhöhte Leberwerte führen zur Diagnose. Gesichert wird sie durch Nachweis der typischen Antikörper ANA, ASMA, Anti-LKM, sowie durch eine Leberhistologie und den Ausschluss anderer Leberkrankheiten. Typisch sind
Therapie: Gundlage ist eine Kombination von Kortikosteroiden und Azathioprin. Auch andere Medikamente, wie Cyclophosphamid und Cyclosporin, haben positive Effekte und können bei Therapieresistenz eine Option darstellen. |
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Einteilung
Typ I (am häufigsten)
ANA (50-80%), ASMA (50-70%), AMA (niedrigtitrig <1:160) 20%, weiblich:männlich = 8:1, hohes gamma-Globulin (IgG) >1,5fach der oberen Normgrenze, begleitende Autoimmunerkrankungen (Thyreoiditis, Morbus Basedow, Coombs-pos. hämolytische Anämie, perniziöse Anämie, Colitis ulcerosa) in bis zu 50%.
Typ II (seltener)
Anti-LKM-1-Antikörper, keine ANA, keine ASMA, typischerweise junge Mädchen (Beginn in 70-80% im Alter von 2-14 Jahren, bei Erwachsenen in 20-30%), in 40% auch andere immunologische Erkrankungen; akuter Beginn und rasche Progredienz zur Leberzirrhose möglich
Typ IIa
Typ II in Abwesenheit von HCV-RNA (Hepatitis C Infektion)
Typ IIb
Typ II in Anwesenheit von HCV-RNA; Patienten meist älter, männlich, niedrigtitrige Anti-LKM, milderer Verlauf, reagieren nicht gut auf Immunsuppression sondern gut auf alpha-Interferon; Anti-LKM-1 wird vielfach als Epiphänomen betrachtet; Typ IIb ist vielleicht keine eigene Autoimmunerkrankung.
Antikörper gegen solubles Leberantigen (Anti-SLA) scheinen eine weitere Gruppe der autoimmunen Hepatitiden zu charakterisieren, die ANA- und Anti-LKM-negativ sind.
Ätiopathogenese
Die autoimmune Hepatitis hat eine genetische Basis für Autoimmunphänomene (HLA Klasse II, DRbeta1)[1]. Die Pathogenese ist noch weitgehend unklar. ZUr Erforschung werden u.a. Tiermodelle verwendet[2]. Möglicherweise wird die autoimmunologische Reaktion durch ein infektiöses Agens ausgelöst. Möglicherweise besteht eine molekulare Mimikri zu eigenen Zellbestandteilen, so dass sich CD4-T-Zellen fälschlicherweise ebenfalls gegen sie (Autoantigene) richten[3]. (Siehe auch Ätiopathogenese bei Autoimmunkrankheiten.)
Häufigkeit
Typ I: 4% der Patienten mit chronischen Lebererkrankungen
Inzidenz: Typ I: 0,7 Fälle auf 100.000 Einwohner
Klinik
Die Symptomatik der Autoimmunhepatitis (AIH) ist unspezifisch. Meist kommt es zu einer sonst unerklärten Abgeschlagenheit. Bei Overlap mit der primären biliären Zirrhose (PBC) kann starker Juckreiz auftreten, bei Overlap mit der primären sklerosierenden Cholangitis (PSC) können eitrige Cholangitiden zu zusätzlichen Symptomen führen. In Spätstadien dominieren Zeichen der Leberzirrhose.
Die AIH kann zusammen mit anderen Autoimmunerkrankungen vorkommen (z.B. Coeliakie, Thyreoiditis, PBC, Antiphospholipidsyndrom, Addison-Syndrom, Autoimmunes polyglandulares Syndrom 1, idiopathische Thrombozytopenie, Sjögren Syndrom). Die bislang weitgehend ungeklärte Kikuchi-Fujimotos disease (KFD) kommt ebenfalls mit der AIH assoziiert vor [4].
Diagnostik
Labor
Bei der AIH finden sich eine Transaminasenerhöhung und positive Autoantikörper (von Bedeutung: ASMA, ANA, Anti-LKM1, AMA).
Weiteres siehe unter Antikörper bei autoimmunen Leberkrankheiten
Histologie
Nicht von chronisch viraler Hepatitis zu unterscheiden
Gelegentlich vermehrt Zeichen lymphozytärer Parenchymentzündung und vermehrt Plasmazellinfiltrate
Besonderheiten
Fehlende Autoimmunphänomene und das Fehlen einer typischen Histologie schließen eine Autoimmunhepatitis nicht aus.
Typ I: Wie bei anderen autoimmunen Erkrankungen in 30-80% HLA-A1, -B8, -DR3. (Vorhandensein von HLA-DR3 in Kontrollbevölkerung nur 11%) HLA-DR4 ist ein unabhängiger Prädiktor. HLA-DR3-positive Patienten haben eine schlechtere Prognose als HLA-DR4-positive. Die HLA-DR4-Gruppe haben höhere Immunglobulintiter, besitzen häufiger andere Immunerkrankungen und reagieren besser auf eine immunsuppressive Therapie.
Anti-LKM-2 in Ticrynafen-induzierter Leberschädigung; Anti-LKM-3 in chronischer Hepatitis D
Siehe auch Autoimmunphänomene bei Lebererkrankungen
Differentialdiagnosen
Von einer AIH sind andere chronische Hepatitiden und toxische Leberschädigungen abzugrenzen.
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Therapie
Die Therapie muss individuell angepasst werden. Folgende Möglichkeiten können erwogen werden:
Typ I und Typ IIa
Prednisolon ohne oder mit Azathioprin: Besserung in 70% innerhalb 2 Jahren; aber Relaps nach Absetzen in bis zu 90%. (Der steroidsparende Effekt von Azathioprin macht sich erst nach mehreren Wochen (bis über 1 Jahr) bemerkbar; Azathioprin hat also nur in der Langzeit-Th. einen Platz).
Budesonid und Deflazacort scheinen gut zu wirken und nur wenige Nebenwirkungen zu haben. Es sollten Umgehungskreisläufe ausgeschlossen sein, da sonst der first-pass-Effekt weitgehend wegfällt und erhebliche systemische Wirkungen zu gewärtigen sind.
Mycophenolat, Cyclophosphamid und Methotrexat hemmen die T-Zell-Proliferation und wirken u. U. positiv auf den Verlauf.
Die neuen Immunsuppressiva Cyclosporin und Tacrolimus (FK 506) sind erfolgversprechend.
Azathioprin ist zur Steroideinsparung empfehlenswert, aber nur außerhalb einer Schwangerschaft. Es müssen die Leukozyten und Thrombozyten kontrolliert werden (cave: Abfall).
-> Siehe Medikamente zur Therapie von Leberkrankheiten
Eine Lebertransplantation verspricht eine 5-Jahresüberlebensrate von 92%. Ein erneutes Auftreten in der Transplantatleber ist sehr gering, wird aber immer wieder beschrieben. Der HLA-DR-Status hat bisher keinen Einfluss auf das Auftreten eines Relapses gezeigt.
Verweise
Literatur
- ? Czaja AJ et al. Dig Dis Sci 2002; 47: 2139-2150
- ? Peters MG. Immunol Cell Biol 2002; 80: 113-116
- ? Vergani D et al. Clin Liver Dis 2002; 6: 439-449
- ? Eur J Gastroenterol Hepatol. 2008 Jan;20(1):79-82