Autoimmunhämolytische Anämie

Von Fachärzten geschrieben und wissenschaftlich überprüft.

Die autoimmunhämolytische Anämie (autoimmune haemolytic anaemia, AIHA oder AHA) ist eine Blutarmut (Anämie), die durch Auflösung roter Blutkörperchen (Erythrozyten) als Folge der Wirkung von Autoantikörpern bedingt ist.


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Das Wichtigste

Kurzgefasst
Die autoimmunhämolytische Anämie (AIHA) ist eine Form der Blutarmut, die durch eine Zersetzung der roten Blutkörperchen durch Autoantikörper gekennzeichnet ist.

In etwa 1/3 der Fälle liegt eine primäre AIHA (keine Ursache erkennbar), in etwa 2/3 der Fälle eine sekundäre AIHA (Assoziation mit anderer Krankheit) vor, vor allem mit bösartigen Erkrankungen des lymphatischen Systems (CLL und NHL) sowie mit dem Lupus erythematodes.

In fast 2/3 der Fälle lösen Wärmeautoanikörper die Hämolyse aus; diese Fälle lassen sich häufig mit Kortisonpräparaten behandeln. Wenn Kälteautoantikörper vorliegen, sind Kortisonpräparate selten wirksam. Bei Kortisonresistenz kommen andere Präparate, wie Rituximab oder Cyclosporin, ggf. auch eine Milzexstirpation in Betracht.

 Ursachen

Die Ursache einer autoimmunhämolytischen Anämie ist weitgehend ungeklärt. Sie entwickelt sich in der Mehrzahl der Fälle im Rahmen einer anderen Erkrankung. Gemeinsam ist die Bildung von Antikörpern gegen die körpereigenen roten Blutkörperchen (Autoantikörper gegen eigene Erythrozyten).

Einteilung

Die Klassifikation der AIHA richtet sich nach der Assoziation mit einer anderen Krankheit sowie nach der Art der Antikörper gegen die Erythrozyten [1].

Einteilung nach Assoziation mit einer anderen Krankheit

  • Primäre autoimmunhämolytische Anämie: In der Minderzahl der Fälle entsteht die AIHA idiopathisch, d. h. ohne erkennbaren Zusammenhang mit einer anderen Erkrankung.
  • Sekundäre autoimmunhämolytische Anämie: In der Mehrzahl der Fälle entsteht die AIHA im Rahmen einer anderen Erkrankung, am häufigsten im Rahmen einer lymphoproliferativen Krankheit, wie einer chronisch lymphatischen Leukämie (CLL) oder – seltener – einem Non-Hodgkin-Lymphom, und dem Lupus erythematodes [2].

Einteilung nach Art der Autoantikörper

  • Wärmeantikörper: Wärmeantikörper gegen Erythrozyten können Ursache einer autoimmunhämolytischen Anämie (wAIHA) sein; es sind meist IgG-Antikörper. Die Auflösung der Erythrozyten (Hämolyse) erfolgt bei Körpertemperatur. Assoziiert sind überwiegend lymphoproliferative Erkrankungen, hauptsächlich die CLL, und der systemische Lupus erythematodes (s. o.). Aber auch Tumorkrankheiten und andere Autoimmunkrankheiten können assoziiert sein.
  • Kälteautoantikörper: Kälteantikörper gegen Erythrozyten können ebenfalls Ursache einer autoimmunhämolytischen Anämie (cAIHA) sein. Es handelt sich um Kälteagglutinine vom IgM-Typ. Ihr Wirkungsoptimum liegt bei Temperaturen, die niedriger als die Körpertemperatur sind. Damit werden sie vor allem an den der Kälte ausgesetzten Körperpartien (Füße, Finger) wirksam. Dort kommt es zu einer Verklebung der Erythrozyten mit Verschlüssen kleinster Gefäße und in diesem Rahmen zu ihrer Auflösung. Das lokal freigesetzte Hämoglobin kann Gefäßspasmen verursachen. Assoziiert sind lymphoproliferative Krankheiten (u. a. besonders der Morbus Waldenström). Bei einem akuten Auftreten einer cAIHA kann eine akute Infektion (z. B. eine atypische Pneumonie durch Mykoplasmen oder eine infektiöse Mononukleose) assoziiert sein.
  • Mischtyp: In seltenen Fällen lassen sich Wärme- und Kälteantikörper gegen Erythrozyten nachweisen.

Symptomatik

Es herrschen die Symptome einer Anämie vor (siehe hier); zudem finden sich klinische Zeichen einer Hämolyse (siehe hier).

Diagnostik

Diagnostik einer assoziierten Erkrankung

Dem Nachweis einer autoimmunhämolytischen Anämie folgt eine weiterführende Diagnostik einer möglicherweise zugrunde liegenden oder assoziierten Krankheit, wie z. B. einer CLL, einem Lupus erythematodes, einer akuten Virus- oder Mykoplasmeninfektion. In seltenen Fällen können auch Medikamente (z. B. NSAR oder einige Antibiotika) als Auslöser identifiziert werden.

Therapie

Bei einer ausgeprägten und symptomatischen Anämie kann eine Transfusion von Erythrozytenkonzentraten erforderlich werden; allerdings wird dadurch die Hämolyse nicht behandelt.

Die Behandlung der autoimmunhämolytischen Anämie richtet sich nach ihrer Ursache. Ziel ist es, das Ausmaß der Hämolyse zu verringern.

  • Eine akute Infektion als Ursache kann zu einer passageren hämolytischen Episode führen, die nach Überwindung wieder verschwindet; sie braucht oft nicht behandelt zu werden.
  • Werden Medikamente als Ursache angeschuldigt, müssen sie abgesetzt bzw. durch andere ersetzt werden.
  • Ansonsten steht die Therapie der Grunderkrankung (z. B. einer CLL oder einer LE) im Vordergrund. Meist kommen in erster Linie Kortisonpräparate (Kortikosteroide) und ggf. zusätzlich Azathioprin zum Einsatz, als Zweitlinientherapie auch Rituximab und Cyclosporin [3].
    • Glukokortikoide sind vor allem bei Wärmeautoantikörpern wirksam, haben aber bei einer durch Kälteagglutinine ausgelösten AIHA meist keinen wesentlichen Effekt.
    • Der Verlauf der cAIHA ist oft chronisch; zur Verbesserung der Situation wird Rituximab alleine oder in Kombination mit einer krankheitsadaptierten Chemotherapie vorgeschlagen.
    • Wenn eine wAIHA nicht auf Kortikosteroide reagiert, sind eine operative Entfernung der Milz (Splenektomie) oder eine Immuntherapie mit Rituximab [4] erfolgversprechende Alternativen, wobei individuell Nutzen und Risiko abgewogen werden müssen. [5].

Verweise

Literatur

  1. ? Expert Rev Hematol. 2011 Dec;4(6):607-18
  2. ? Am J Hematol. 2014 May 21. doi: 10.1002/ajh.23767
  3. ? Clin Dev Immunol. 2013;2013:561852. doi: 10.1155/2013/561852.
  4. ? Adv Hematol. 2011;2011:960137. doi: 10.1155/2011/960137
  5. ? Expert Rev Hematol. 2011 Dec;4(6):607-18