Sarkoidose

Von Fachärzten geschrieben und wissenschaftlich überprüft.

Die Sarkoidose (Morbus Boeck) ist eine systemische Erkrankung. Sie betrifft anfangs die Lungen mit mediastinalen Lymphknoten, in späteren Stadien auch andere Gewebe und Organe des Körpers, vor allem die Haut, die Augen (Uveitis), die Leber, das Herz und das Nervensystem. Diagnostiziert wird sie histologisch durch Nachweis nicht-verkäsender Granulome (ohne zentrale Nekrosen; Abgrenzung zur Tuberkulose) in Lymphknotenvergrößerungen, den Lungen oder im Lebergewebe. Eine Herzbeteiligung kann zu lebensbedrohlichen Arrhythmien führen. (1) 2014 Jun;35(3):372-90. doi: 10.1055/s-0034-1376889. (2) 2018 Dec;41(10):e451-e467. doi: 10.1016/j.jfo.2018.10.002. Betroffen sind vor allem junge Frauen; ein zweiter Altersgipfel liegt bei über 60.


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Entstehung

Die Ursache ist unklar, wahrscheinlich besteht eine genetische Veranlagung (Prädisposition). Eine familiäre Belastung wird nur 49 % gefunden. Daher wird angenommen, dass weitere wichtige Faktoren zum Krankheitsrisiko beitragen. Es wurden einige genetische Assoziationen mit der Krankheitsaktivität und Prognose identifiziert. (3)Curr Opin Pulm Med. 2021 Sep 1;27(5):423-429. doi: 10.1097/MCP.0000000000000798 Assoziationen bestehen zu 9 für Autophagie und intrazellulären Transport, 6 für die Regulation von G-Proteinen, 4 für die T-Zell-Aktivierung, 4 für den Zellzyklus und die Immunsynapse, 2 für die angeborene Immunität. (4)BMC Med Genomics. 2018 Mar 6;11(1):23. DOI: 10.1186/s12920-018-0338-x.

In Boeck-befallenen Lymphknoten und Organen findet man eine außerordentlich hohe Expression von STAT1 (signal transducer and activator of transcription 1) und einen Anstieg der STAT1-regulierten Cytokine. Daher wird STAT1 eine pathogenetische Bedeutung zugesprochen. (5)Clin Immunol. 2009 Aug;132(2):174-83 Sie besitzen eine zentrale Bedeutung bei der Initiierung von Transskriptionsvorgängen; dies wurde z. B. bei Untersuchungen zur Knochenhomöostase oder der Blutbildung beobachtet. Dies könnte eine Vielfalt von Symptomen und Befunde erklären, so z. B. auch eine Hyperkalzämie bei Knochenbefall. (Stat 1 scheint die Aktivität der Osteoklasten (Knochen abbauende Zellen) zu stimulieren; wohingegen Fluarabin, ein starker Hemmer von STAT1 die Knochenheilung fördert.) (6)Tajima K et al. J Orthop Res. 2010 Jan 8.

Klinik und Symptomatik

Es gibt verschiedene Erscheinungsformen:

Anfangs ist die Sarkoidose meist beschränkt auf die Hili und die Lungen (Lungen-Boeck).

Später findet sich ein Befall auch anderer Organsysteme: Leber, Nervensystem, Tränen- und Speicheldrüsen, Auge (Iridozyklitis, Uveitis, Heerfort-Syndrom: Febris uveoparotidea), Nieren, Gelenke, Knochen (Jüngling-Syndrom, Ostitis cystoides), Haut mit Erythema nodosum, Knochen mit Hyperkalzämie-Syndrom, Herz, Nervensystem und Gehirn. Die Symptomatik kann entsprechend dem Befall sehr vielfältig sein.

Akute Sarkoidose (Löfgren-Syndrom)

Das Löfgren Syndrom ist charakterisiert durch bihiläre Lymphknotenvergrößerungen, oft zusammen mit Erythema nodosum und Arthritis. Häufig sind auch Fieber, Husten und eine erhöhte BSG zu finden. (7)Med Clin (Barc). 2014 Aug 19;143(4):166-9. Spanish. doi: 10.1016/j.medcli.2014.02.029

Diagnostik

Meist wird die Sarkoidose entdeckt durch das Röntgenbild des Thorax, bei dem beidseitig Hilusverbreiterungen durch Lymphknoten zu sehen sind. An die Sarkoidose ist besonders zu denken bei unerklärten Gelenkbeschwerden, einem Erythema nodosum, unerklärten Fieberzuständen, einer Hyperkalzämie oder dem klinischen Bild eines Heerford Syndroms (s.o.). Bewiesen wird die Diagnose durch den histologischen Nachweis von nicht verkäsenden Riesenzellgranulomen. Differenzialdiagnostisch sind andere granulomatöse Krankheiten, die Tuberkulose, der Morbus Crohn manchmal auch ein metastatischer Tumor zu bedenken. (8)Clin Rev Allergy Immunol. 2015 Aug;49(1):1-5. doi: 10.1007/s12016-015-8480-0

Folgende Untersuchungen werden zur Diagnostik angewandt:

  • Röntgen-Thorax: (Stadium I: bihiläre Lymphknotenvergrößerungen, Stadium II: zusätzlich Lungenbefall, Stadium III: Lungenbefall ohne Adenopathie, Stadium IV: Lungenfibrose),
  • Bronchoskopie mit BAL: Bronchoalveoläre Lavage: Bestimmung von CD4/CD8 typischerweise > 3,5,
  • Labor: ACE-Bestimmung (erhöhter Wert; Angiotensin converting encyme wird in Langhansschen Riesenzellen gebildet,
  • Histologie: nicht verkäsende Granulome mit Epitheloidzellen und Langhanssche Riesenzellen bei negativem Tine-test (kein Tuberkulosenachweis).

Eine Leberbeteiligung ist relativ häufig. Bei Verdacht auf M. Boeck ist oftmals eine Leberbiopsie auch bei normalen Leberwerten gerechtfertigt. Ist sie negativ, so ist eine Sarkoidose nicht ausgeschlossen. Ist sie dagegen positiv, kann die Diagnose im Zusammenhang mit der Vergrößerung der Hiluslymphknoten soweit als gesichert angesehen werden, dass darauf therapeutische Überlegungen basieren können. (9) 2019 May 15;91(4):8-16. doi: 10.26442/00403660.2019.04.000179.

Eine seltene kardiale Sarkoidose (bis über 7% der Fälle) kann wegen der durch sie ausgelösten Arrhythmien lebensbedrohlich sein. Ihre Diagnostik ist schwierig und beruht auf einer Herzmuskelbiopsie. Um sie zu vermeiden, kann heute jedoch eine PET-CT-Untersuchung mit 18F-Fluorodesoxyglucose  und eine MRT-Untersuchung mit Gadolinium durchgeführt werden, die starke Hinweiskraft aufweisen. (10) 2014 Jun;35(3):372-90. doi: 10.1055/s-0034-1376889.

Therapie

Akute Sarkoidose, Löfgren Syndrom

Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) werden als erstes eingesetzt, seltener sind Glukokortikoide erforderlich.

  • Stadium I: 80% Spontanheilung, daher keine Glukokortikoide erforderlich.
  • Stadium II: kann ein Zuwarten ohne Glukokortikoide für eine gewisse Zeit gerechtfertigt sein.
  • Stadium III, Chronische Sarkoidose: Glukokortikoide empfohlen bei Organbeteiligungen, bei Progredienz und bei klinischer Symptomatik (z. B. Dyspnoe).

Im Fall einer vermuteten Herzbeteiligung ist wegen der Lebensbedrohlichkeit der Herzrhythmusstörungen eine Therapie auch ohne mikroskopische Sicherung der Diagnose gerechtfertigt; sie greift auf Glukokortikoide und ggf. auf Steroid-sparende Begleitmedikamente zurück. Die Implantation eines Defibrillators/Cardioverters kann einen plötzlichen Herztod vermeiden helfen. (11) 2014 Jun;35(3):372-90. doi: 10.1055/s-0034-1376889.

Verweise

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


 


Literatur

Literatur
1 2014 Jun;35(3):372-90. doi: 10.1055/s-0034-1376889.
2 2018 Dec;41(10):e451-e467. doi: 10.1016/j.jfo.2018.10.002.
3 Curr Opin Pulm Med. 2021 Sep 1;27(5):423-429. doi: 10.1097/MCP.0000000000000798
4 BMC Med Genomics. 2018 Mar 6;11(1):23. DOI: 10.1186/s12920-018-0338-x.
5 Clin Immunol. 2009 Aug;132(2):174-83
6 Tajima K et al. J Orthop Res. 2010 Jan 8.
7 Med Clin (Barc). 2014 Aug 19;143(4):166-9. Spanish. doi: 10.1016/j.medcli.2014.02.029
8 Clin Rev Allergy Immunol. 2015 Aug;49(1):1-5. doi: 10.1007/s12016-015-8480-0
9 2019 May 15;91(4):8-16. doi: 10.26442/00403660.2019.04.000179.
10 2014 Jun;35(3):372-90. doi: 10.1055/s-0034-1376889.
11 2014 Jun;35(3):372-90. doi: 10.1055/s-0034-1376889.