Kooperative Aufgaben von Leber und Lunge


Leber und Lunge ergänzen sich bei Stoffwechselaufgaben. Dies betrifft vor allem den Säure-Basen-Haushalt und die Ammonium-Entgiftung.

Ammoniumentgiftung

Die Lunge ist wie die perivenösen Leberzellen reich an Glutaminsynthetase. Dieses Enzym synthetisiert aus Glutaminsäure und Ammonium Glutamin, und ergänzt damit die Ammoniumentgiftung der Leber (zur Zonierung der Leberzellen bezüglich des Ammoniumstoffwechsels siehe hier).

Säure-Basen-Haushalt

Die Leber reguliert den pH-Wert des Körpers über Stoffwechselprozesse. Sie verbraucht bei der Harnstoffsynthese Bikarbonat und wirkt damit einer Alkalose entgegen (siehe hier). Eine Einschränkung der Harnstoffsynthese (beispielsweise bei Leberzirrhose) führt damit zur Alkalose (siehe hier). Die Lungen dagegen „rauchen“ Kohlendioxid ab. Eine zu starke Atmung führt zur Alkalose, eine zu schwache zur Azidose. Weitere Beteiligte am Säure-Basen-Haushalt sind die Nieren (Ausscheidung saurer Valenzen) und der Darm (unter Bedingungen des Erbrechens und der Diarrhö).

Lungenerkrankungen bei Leberkrankheiten

Bei Leberkrankheiten, insbesondere bei der Leberzirrhose, können spezielle Lungenkrankheiten auftreten, die von den sonstigen Lungen- und Bronchialkrankheiten (wie Pneumonie, chronische Bronchitis oder Lungenembolie) differenziert werden müssen. (1)Respir Care. 2007 Aug;52(8):1030-6  (2)Ann Hepatol. 2007 Jul-Sep;6(3):135-42  (3)Acta Gastroenterol Belg. 2007 Apr-Jun;70(2):203-9 (4)Curr Treat Options Cardiovasc Med. 2007 Apr;9(2):127-36

Pulmonale Folgen einer Leberzirrhose mit portaler Hypertension

Hepatopulmonales Syndrom (HPS)

Das HPS ist die häufigste Lungenkomplikation bei portaler Hypertension. Es ist charakterisiert durch eine pulmonale Vasodilatation, Angiogenese und Eröffnung intrapulmonaler Shunts. Bei pO2-Werten unter 80 mm Hg finden sich regionale hypoxiebedingte Vasokonstriktionen (Euler-Liljestrand-Reflex) und daher szintigraphisch eine oft ungleichmäßige Lungendurchblutung. Ein HPS kommt nicht nur bei Patienten mit Leberzirrhose vor; es ist auch bei einem Kind mit einer Speicherkrankheit der Leber (Niemann-Pick, Speicherung von Sphingomyelin) beschrieben worden. (5)Pediatr Allergy Immunol Pulmonol. 2021 Mar;34(1):30-32. DOI: 10.1089/ped.2020.1244

Pathogenese: Durch Endotoxine wird die NO-Bildung in den Wänden der Blutgefäße gesteigert, die wiederum eine Gefäßerweiterung (Vasodilatation) hervorruft, und zwar nicht nur in der Peripherie, sondern auch in der Lunge. (6)World J Gastroenterol. 2018;24(12):1285–1298. doi: 10.3748/wjg.v24.i12.1285

Symptomatik: Wegen der beschleunigten Passage des Bluts durch die Lungen kommt es zu einer Tendenz einem mangelhaften Gasaustausch des Bluts und zu einer subjektiven Dyspnoe bei Werten <70 mm Hg O2.

Mehr zum hepatopulmonalen Syndrom

Portopulmonale Hypertension

Bei der portopulmonalen Hypertension finden sich mikrothrombotische präkapilläre Gefäßverschlüsse in der Lungen (siehe hier).

Klinischer Befund: Atemnot bei körperlicher Belastung, Synkopen (kurze Bewusstlosigkeit) bei körperlicher Belastung, Orthopnoe (Atemnot im Sitzen), Hämoptysen (Blut im Sputum)

Prognose: Der Verlauf ist meist rasch fortschreitend.

Therapie: Bosentan kann als Therapieoption diskutiert werden.

Mehr dazu siehe hier.

Essenzielle pulmonale Hypertonie

Die essenzielle pulmonale Hypertonie bei Leberzirrhose ist sehr selten, kommt aber bei portaler Hypertension (Pfortaderhochdruck) gehäuft vor. Die Diagnose beruht im Wesentlichen auf dem Ausschluss anderer Ursachen (z. B. von rezidivierende Lungenembolien). Differentialdiagnose ist die portopulmonale Hypertension (s. o.).

Erkrankungen von Leber und Lungen bei gemeinsamer Grundkrankheit

Leber und Lungen können im Rahmen einer gemeinsamen Grunderkrankung betroffen sein:

Verweise

 


Autor: Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (s. Impressum)


 

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