Leberherde sind umschriebene Strukturveränderungen in der Leber, die sich in bildgebenden Verfahren von der umgebenden Struktur abheben. Leberherde im MRI (MRT-Bild; MRT = Magnetresonanztomographie; MRI = magnetic resonance imaging) lassen sich oft ohne weitere Untersuchung einer Diagnose zuordnen. Die Methode eines MRI kommt ohne Strahlenbelastung aus. Mit Hilfe von Kontrastmitteln (KM) und unter Ausnutzung der unterschiedlichen Anflutung in der arteriellen und der portalvenösen Phase ist in manchen Fällen eine so weitgehende Typisierung möglich, dass auf eine Leberbiopsie verzichtet werden kann (1)World J Hepatol. 2015 Aug 8; 7(16): 1987–2008. doi: 10.4254/wjh.v7.i16.1987 (2)Nat Rev Gastroenterol Hepatol. 2014 Dec;11(12):737-49. doi: 10.1038/nrgastro.2014.151. (3)Eur Radiol. 2016 Mar;26(3):674-82. doi: 10.1007/s00330-015-3873-2. .

Das Wichtigste verständlich


Kurzgefasst

Leberherde sind mit Hilfe des MRI (magnetic resonance imaging, Bildgebung durch MRT) sehr gut zu erkennen. Durch Ausnutzung spezieller Kontrastmittel und in Kenntnis der doppelten Blutversorgung der Leber (Leberarterie und Pfortader) können einige Raumforderungen so genau differenziert werden, dass auf eine Lebergewebsprobe (Leberbiopsie) verzichtet werden kann. Zu den oft eindeutig stellbaren Diagnosen gehören Flüssigkeitsbläschen (Zysten), Blutschwämmchen der Leber (Hämangiome) oder die hormonabhängigen gutartigen Leberknötchen (FNH) junger Frauen.

Hier werden die wichtigsten gut- und bösartigen Raumforderungen besprochen, die in der Leber mit Hilfe des MRI diagnostiziert werden können.

→ Zu Leberraumforderungen siehe hier.


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Diagnostik durch Kontrastmittel (KM)

KM (Kontrastmittel) zur Darstellung von Blutgefäßen: Die Darstellung von Organstrukturen im MRI beruht meist auf der Kontrastierung ihrer Blutgefäße. Nach Injektion fluten sie über die zuführenden Blutgefäße an und werden anschließend aus dem Organ wieder ausgewaschen. Organbezirke, die schlechter oder besser als die Umgebung durchblutet werden, heben sich negativ oder positiv ab. Kontrastmittel, wie Gadobutrol (Gadovist ®), Gadodiamid, Gadobenat-Dimeglumine (Multihance®), werden von Leberzellen praktisch nicht aufgenommen. Sie können zur Kontrastierung von Leberbezirken verwendet werden, deren Durchblutung sich von der normalen Lebergewebes absetzt. Dazu gehören Tumore, zystische Prozesse und narbige Bereiche. Solche Kontrastmittel werden über die Nieren (durch glomeruläre Filtration) ausgeschieden.

KM zur Darstellung von Lebergewebe: Das Kontrastmittel Gadotexat (Primovist®, Eovist®, Gadolinium-ethoxybenzyl-diethylenetriamine pentaacetic acid) wird demgegenüber zu 50% von Leberzellen (Hepatozyten) aufgenommen und über die Galle (biliär) ausgeschieden. Nach der Phase, in der das Kontrastmittel mit dem Blut die Leber wieder verlässt (ausgewaschen wird), verbleibt ein Teil in den Leberzellen (Hepatozyten) und erhöht das Lebersignal in der T1-Wichtung des MRI. In der Auswaschphase behalten die Leberzellen, die funktionsfähig sind, solch ein Kontrastmittel zurück. Sie setzen sich positiv von Gebieten ab, in denen solche Leberzellen nicht vorhanden sind, wie beispielsweise von Metastasen oder Zysten. Nicht von der Leber ausgehende Tumore (außer solchen, die aus funktionsfähigen Leberzellen bestehen) werden dadurch erkennbar.

KM-Anflutung arteriell und portalvenös: Ein bei der Leberdiagnostik zusätzlich nutzbarer Umstand besteht darin, dass manche Raumforderungen rein arteriell mit Blut versorgt werden (über die Arteria hepatica), andere dagegen venös (über die Vena portae), wieder andere gemischt. Die arterielle Anflutung von Kontrastmittel erfolgt früher als die über die Pfortader.

Gutartige Raumforderungen und Läsionen

Gutartige Raumforderungen in der Leber sind Hämangiome, FNH (fokal noduläre Hyperplasie), kleinere HCA (hepatozelluläre Adenome), Leberzysten, inflammatorische Pseudotumore, Angiomyolipome. Sie können jedoch wegen lokaler Kompressionen und bei erheblicher Lebervergrößerung Komplikationen hervorrufen. Hepatozelluläre Adenome über 5 cm Durchmesser tragen ein deutlich erhöhtes Risiko einer großen Blutung und einer malignen Entartung (besonders der teleangiektatische Subtyp) (4)Nat Rev Gastroenterol Hepatol. 2014 Dec;11(12):737-49 .

Hämangiom

Kavernöses Hämangiom der Leber im rechten Leberlappen neben zwei größeren Gefäßanschnitten.

Leberhämangiome sind die häufigsten gutartigen Leberläsionen. Ihre Prävalenz geht bis 20%; am häufigsten kommen sie in höheren Altersgruppen (ab 50J) und bei Frauen häufiger als bei Männern (ca. 2-5 : 1) vor. Kleinere kapilläre Hämangiome werden selten größer als 3 cm und sind nicht komplikationsträchtig. Kavernöse Hämangiome dagegen können durch ihre Raumforderung und durch Blutungen zu Komplikationen führen. Die MRI-Interpretation von Hämangiomen ist meist eindeutig und nicht schwierig. In der T1-Wichtung ist die Signalintensität – je nach Blutfülle – gering. In der T2-Wichtung kommt es nach Kontrastmittelgabe zu einer deutlichen Signalanhebung, oft beginnend mit einer peripheren flammenartigen Signalanhebung und einer späteren zentripetal (zum Inneren hin) fortschreitenden Füllung. Größere Hämangiome können sich unregelmäßig füllen. Kleinere (unter 2 cm) sind dagegen in der spätarteriellen Phase rasch komplett gefüllt, manchmal mit einer peripheren Kontrastverstärkung. In der späten hepatobiliären Phase zeigen Hämangiome keine KM-Aufnahme. Mit einem lebergängigen Kontrastmittel heben Hämangiome sich negativ vom übrigen Lebergewebe ab (5)J Med Life. 2015;8 Spec Issue:4-11 .

Hämangiom der Leber

Fokal noduläre Hyperplasie (FNH)

Die fokal noduläre Hyperplasie (FNH) ist eine nicht eingekapselte unorganisierte Aggregation von (normal funktionierenden) Leberzellen. Typischerweise findet sich eine zentrale Narbe, die ein arterielles Blutgefäß enthält, welches die FNH versorgt. Betroffen sind meist junge Frauen (f:m = etwa 10:1). In MRI-Untersuchungen wird eine FNH mit einer Sensitivität von 70% und einer Spezifität von 98% richtig erkannt. Grundlage ist die  normale Darstellung der Leberzellen (Hepatozyten) im FNH-Knoten plus die relativ häufige (über 50%-ige) Erkennbarkeit der zentralen Narbe vor Kontrastmittelgabe. Hinzu kommt die frühe Signalanhebung durch Kontrastmittel (wegen der arteriellen Versorgung der FNH-Läsionen), die sich im weiteren Verlauf (in der portalvenösen Phase) der übrigen Leber angleicht. Solch ein Verhalten findet sich in bis zu über 70% der FNH-Fälle (6)Clin Res Hepatol Gastroenterol. 2014;38:681–688 (7)World J Hepatol. 2015 Aug 8; 7(16): 1987–2008. doi: 10.4254/wjh.v7.i16.1987 .

Fokal noduläre Hyperplasie (FNH)

Leberadenom

Das Leberadenom (HCA = hepatozelluläres Adenom) ist relativ selten und tritt meist bei jungen Frauen unter oralen Kontrazeptiva auf. Es handelt sich um eine Wucherung eines Zellklons von Leberzellen (monoclonal), die in Flächen und Strängen angeordnet sind. Typischerweise enthalten sie keine Portalfelder und sind nicht an das Gallenwegesystem angeschlossen und daher cholestatisch. Beim MRI (magnetic resonance imaging) zeigen Leberadenome ohne Kontrastmittel meist nur eine gering erhöhte Signalintensität in der T2-Wichtung und nach KM-Applikation eine Signalanhebung in der spätarteriellen Phase. Kontrastmittel, die normalerweise durch Leberzellen aufgenommen werden, werden von den cholestatischen Zellen eines Leberadenoms nicht aufgenommen. Es bleibt damit die Kontrastanhebung nicht bestehen. Es können zwischen den verschiedenen Typen eines Leberadenoms zusätzlich feine Unterschiede herausgearbeitet werden, die im typischen Fall für sie eine relativ hohe diagnostische Wahrscheinlichkeit ermöglichen. Der β-catenin-aktivierte Subtyp ragt dadurch heraus, weil er in hohem Prozentsatz zu einem hepatozellulären Karzinom (HCC) entartet; er ist schwer positiv zu identifizieren, eher durch Ausschluss der anderen Typen (entzündliche Adenome und HNF-1α-inaktivierte Leberadenome), deren Entartungsrisiko sehr gering ist.

Leberadenom

Leberzysten

Leberzysten sind nicht durchblutet und zeigen in der T1-Wichtung ein sehr geringes Signal. Sie nehmen Kontrastmittel nicht auf. Die Ränder sind scharf begrenzt; ein Randwall besteht nicht. Feine Zeichen lassen einfache Zysten (die Mehrzahl zystischer Veränderungen) von zystischen Aussackungen der Gallenwege des Caroli-Syndroms unterscheiden. Einblutungen und eitrige Infektionen von Zysten lassen sich im MRI gut erkennen. Leberabszesse, z. B. als septische Absiedlungen im Rahmen einer Appendizitis oder einer Divertikulitis, sind dickwandig, zeigen ein geringes Signal in der T1-Wichtung und ein hohes in der T2-Wichtung mit Signalanhebung in der arteriellen Phase. Echinokokkuszysten (Hydatiden) findet man Köpfe und Septen, die sich durch feine Kriterien differenzieren lassen. Auch die meist multilokulären gutartigen biliären Zystadenome können durch ihr Signalverhalten oft bereits im MRI verdächtigt werden.

Leberzyste

Maligne Raumforderungen und Läsionen

Lebereigene maligne Tumore sind das HCC (Leberzellkarzinom) und das IHC (intrahepatisches Cholangiokarzinom). Metastasen eines nicht in der Leber gelegenen (extrahepatischen) Primärtumors sind die bei weitem häufigsten bösartigen (malignen) Raumforderungen in der Leber.

Hepatozelluläres Karzinom (HCC)

Das hepatozelluläre Karzinom (HCC, eigentlicher Leberkrebs) entsteht in den meisten Fällen im Rahmen einer chronisch-entzündlichen Leberkrankheit (wie: chronische Hepatitis, Leberzirrhose, Hämochromatose). Aus kleinen dysplastischen Knötchen bildet sich vielschrittig eine zunehmende Entdifferenzierung und gleichzeitig eine Neubildung von Tumorgefäßen. MRI spielt für die Diagnosestellung eines HCC mit einer Sensitivität um 97% (bei kleinen Tumoren unter 2 cm um 82%) und einer Spezifität von 100% eine entscheidende Rolle. Vor KM-Gabe zeigen HCC wegen defekter Leberzellfunktion häufig eine verminderte Signalintensität. Nach KM-Gabe kommt es zu einer erhöhten Kontrastierung in der arteriellen Phase und zu einem „Washout“ des KM in der portalvenösen Phase, sowie zu einer relativen Signalverstärkung der Kapsel (8)World J Hepatol. 2015 Aug 8;7(16):1987-2008. doi: 10.4254/wjh.v7.i16.1987 (9)Hepatology. 2011 Mar; 53(3): 1020–1022. doi:  10.1002/hep.24199 .

Hepatozelluläres Karzinom (HCC, Leberkrebs)

Intrahepatisches Cholangiokarzinom (IHC)

Das intrahepatische cholangioläre Karzinom (IHC), das bis zu 20% der primären Leberkarzinome ausmacht, lässt sich im MRI sehr sicher vom HCC unterscheiden. Von großer Bedeutung ist dabei die MR-Cholangiopankreaticographie (Darstellung der Gallenwege durch ein gallegängiges Kontrastmittel). Typischerweise besteht vor KM-Gabe eine relativ niedrige bis isodense Signalintensität in der T1-Wichtung und unterschiedlich hohe in der T2-Wichtung. Etwa 1/3 der IHC sind hypervaskularisiert, besonders diejenigen, die in einer Leberzirrhose und in einer chronischen Hepatitis entstehen. Auch unterscheiden sich die IHC in ihrem Grad an Fibrosierung und im Muzingehalt. Entsprechend dieser Unterschiede reagieren IHCs auch unterschiedlich in ihrer Signalanhebung auf die Anflutung des KM. Kontrastmittel, die von Hepatozyten aufgenommen werden, führen in der Washout-Phase zu einer anhaltenden Signalanhebung des Lebergewebes, nicht dagegen im IHC, das sich durch Negativkontrast abhebt (10)AJR Am J Roentgenol. 2013 Oct;201(4):W603-11. doi: 10.2214/AJR.12.10262 .

Cholangiokarzinom, Gallengangskrebs)

Metastasen

Lebermetastasen von extrahepatischen Tumoren sind bei weitem (etwa 40-fach) häufiger als primäre Lebertumore. Ihr T1-gewichtetes MRI-Signal ist vor KM-Gabe meist gering höher als das des umgebenden Lebergewebes, dagegen in der T2-Wichtung geringer. Enthalten die Metastasen mehr Flüssigkeit (bei zentraler Nekrose oder bei zystischer zentraler Einschmelzung – wie häufiger bei Metastasen von neuroendokrinen Tumoren, Sarkomen und Melanomen), so ist das T2-Signal erhöht. Enthalten Metastasen vermehrt Fett, so ist das T1-Signal erhöht; dies kann auch bei Melanin-enthaltenden Melanom-Metastasen beobachtbar sein. Die Durchblutung von Metastasen ist sehr unterschiedlich und führt daher auch zu unterschiedlicher Kontrastierung nach KM-Applikation. Besonders gut durchblutete (hypervaskularisierte) Metastasen finden sich am häufigsten beim Mammakarzinom, bei neuroendokrinen Tumoren, dem Melanom und bei Sarkomen. Durch Kontrastmittel, die von funktionsfähigen Leberzellen (Hepatozyten) aufgenommen werden, entsteht ein Negativkontrast, der in der Auswaschphase am besten zu erkennen ist (11)World J Hepatol. 2015 Aug 8; 7(16): 1987–2008 . Bei intrahepatischen Raumforderungen, die sich in der Auswaschphase nach Kontrastmitteln, die von Leberzellen aufgenommen werden, negativ vom Lebergewebe abheben, ist eine weitere Differenzierung meist nur durch eine Leberbiopsie und Histologie zu erhalten.

Lebermetastase


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Verweise

Literatur[+]