Definition


Der Bauchumfang (engl.: waist circumference) ist ein Körpermaß, welches zur Einschätzung des Risikos für verschiedene chronische Krankheiten verwendet wird. Er ist in mancher Hinsicht dem Body-Mass Index (BMI) überlegen.

Der Bauchumfang sollte routinemäßig bei allen Menschen mit Übergewicht und Adipositas gemessen werden. Er gibt einen relativ guten Hinweis auf die Menge des Bauchfetts, welches deutlich enger mit dem Risiko für Herzkreislaufkrankheiten assoziiert ist als die Masse des Unterhautfettgewebes oder der Body-Mass-Index (BMI). (1)Nat Rev Endocrinol. 2020 Mar;16(3):177-189. DOI: 10.1038/s41574-019-0310-7.


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Messung

Der Bauchumfang wird in der Mitte zwischen oberem Beckenkamm und unterer Rippe gemessen; meist ist das die Höhe des Bauchnabels. Messung im Stehen, in mittlerer Atemlage, nicht nach einer Mahlzeit.

Obere Normgrenzen

  • Frauen: 80 cm
  • Männer: 94 cm

Kritische Grenzen für besonders hohes Krankheitsrisiko

  • Frauen: 88 cm
  • Männer: 102 cm

Bewertung

Abdominelle Fettsucht

Sie ist definiert durch einen Bauchumfang von mehr als 88 cm für Frauen und mehr als 102 cm für Männer. Das Risiko für Krankheiten, die mit erhöhtem Körpergewicht verbunden sind, steigt oberhalb der oberen Normgrenzen des Bauchumfangs und ganz besonders deutlich oberhalb der kritischen Grenzen an.

Mortalität

Die Gesamtmortalität ist von vielen Faktoren abhängig. Der Bauchumfang hat sich in einer Studienauswertung als unabhängiger Risikofaktor herausgestellt (auch unabhängig vom BMI). (2)Arch Intern Med. 2010 Aug 9;170(15):1293-301. ·  DOI: 10.1001/archinternmed.2010.201 . Auch die Untersuchung der Verhältnise von Bauchumfang zum Umfang im Hüftbereich und zur Körpergröße ergibt laut einer Untersuchung einen Anstieg der Mortalität (pro 0,1 Zunahme von waist to height um 24%). (3)BMJ. 2020 Sep 23;370:m3324. DOI: 10.1136/bmj.m3324.

Risiko einer Arteriosklerose

Oberhalb der oberen Normgrenze steigt das Risiko für eine Arterienverkalkung. Dies macht sich in einer Erhöhung des Risikos bemerkbar, eine ausgeprägte Arteriosklerose zu bekommen. Es können sich folgende Komplikationen entwickeln: Herzengegefühl (Angina pectoris), Herzinfarkt, Schlaganfall. Schon bei Schulkindern ist ein erhöhter Bauchumfang mit einer subklinischen Arteriosklerose verbunden. (4)Diabetes Metab Syndr. 2019 Jan-Feb;13(1):264-269. DOI: 10.1016/j.dsx.2018.09.004.

Risiko für Zuckerkrankheit und metabolisches Syndrom

Um eine Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) festzustellen, wird ein Blutzuckertagesprofil erstellt. Mit Hilfe eines Zuckerbelastungstests kann eine kritische Stoffwechsellage (Prädiabetes, hohes Diabetesrisiko) erkannt werden. Ein hoher Bauchumfang bedeutet ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines metabolischen Syndroms und eines Diabetes. Der „cut-off“ für eine gute Vorhersage ist von der jeweils betrachteten Bevölkerungsgruppe abhängig. Für über 60-jährige Menschen in Ecuador wurde er mit 91 cm für Männer und Frauen bestimmt. (5)Diabetes Metab Syndr. 2019 Mar-Apr;13(2):1015-1020. DOI: 10.1016/j.dsx.2019.01.013. Epub 2019 Jan … Continue reading

Risiko für eine Fettleber und Fettleberentzündung

Ein vermehrtes Körperfett und besonders eine vermehrtes Bauchfett erhöht die Bereitschaft der Leber, Fett einzulagern (Fettleber, Steatosis hepatits) und sich zu entzünden (Fettleberhepatitis). Eine chronisch schleichend verlaufende Fettleberhepatitis kann vernarben und in einer Narbenleber (Leberzirrhose) münden. Ein erhöhter Bauchumfang ist mit einer Fettlebererkrankung stärker assoziiert als der BMI. (6)World J Gastroenterol. 2015 Feb 7;21(5):1650-62. DOI: 10.3748/wjg.v21.i5.1650.

Risiko für Schäden am Bewegungsapparat

Alleine durch das erhöhte Körpergewicht kommt es zu einer vermehrten Belastung der Gelenke und der Wirbelsäule. Sie können vorzeitig verschleißen und (Arthrose, Bandscheibenschäden, Zusammenbrüche von Wirbeln). Über den rein mechanischen Faktor hinaus fördern die im Fettgewebe generierten Entzündungsmediatoren (siehe hier) eine Osteoarthritis. Erhöhtes Körperfett und insbesondere Bauchfett fördern den Knochenabbau (Osteoporose) (7)Ann Transl Med. 2019 May;7(9):201. DOI: 10.21037/atm.2019.04.71. In einer Studie an > 54000 Frauen über einen Zeitraum von 2002 – 2012 lag das Risiko von Wirbelfrakturen bei einem Bauchumfang > 107 cm gegenüber <71 cm um 76% erhöht, nach Adjustierung bezüglich BMI um 149%. (8)Obesity (Silver Spring). 2019 Sep;27(9):1513-1519. doi: 10.1002/oby.22555.

Weitere Parameter

Eine Kritik befasst sich mit dem Verhältnis des Bauchumfangs (waist circumference, WC) zur Körpergröße, die miteinander in Relation gesetzt werden sollten. Daher wurde in Studien ein body-shape-index (ABSI) eingeführt, der den Bauchumfang zu Gewicht und Größe in Beziehung setzt. Weitere in Studien benuzte Parameter sind die waist-to-hip-Ratio (WHR), die waist to height-ratio (WHtR) und der visceral-adiposity-index (VAI; Produkt von WC und BMI). (9)Sci Rep. 2017 Oct 23;7(1):13784. DOI: 10.1038/s41598-017-14251-w. (10)Metab Syndr Relat Disord. 2018 May;16(4):160-165. doi: 10.1089/met.2017.0166. Für die Praxis bleibt jedoch der Bauchumfang ein vorrangiger Parameter zur Beurteilung eines Risikos für kardiometabolische Krankheiten.

Verweise

 

Literatur[+]