Sonographie der Leber
Die Sonographie der Leber dient der Diagnostik von Leberkrankheiten. Sie wird zudem für gezielte Entnahmen von Gewebeproben (Punktionen) und für therapeutische Eingriffe, wie einer Drainage gestauter Gallenwege oder intrahepatischer Abszesse, verwendet. Hier wird der diagnostische Ultraschall der Leber beschrieben.
→ Allgemeines zur Sonographie in der Medizin siehe hier.
→ Kontrastmittelsonographie von Leberherden
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Inhaltsverzeichnis
Beurteilungskriterien

Sonographische Aussagen zur Leber ergeben sich
- direkt aus der Beurteilung der Leber
- indirekt aus der Beurteilung der Portalvene und ihrer Zuflüsse, der Milz und des Abdomens in Bezug auf Aszites
Die Leber
Beurteilt werden Größe, Form, Oberfläche, Binnenstruktur und Verformbarkeit auf Druck.
Größe
Normal 12 (+/- 3) cm in MCL
- Vergrößert bei Einlagerung von Fett, Glykogen, Amyloid, anderen Speichersubstanzen und bei einigen Formen der Leberzirrhose.
- Verkleinert bei Leberzirrhose, meist (post)hepatitisch oder postnekrotisch bedingt.
Form
- Normal schlank mit gestreckter dorsaler und ventraler Kontur.
- Eine plumpe Leber mit gewölbten Konturen kann bei Leberzirrhose, starker Fetteinlagerung oder bei Speicherkrankheiten vorliegen. Kaudaler Rand normalerweise spitz (<45 Grad); bei Leberverfettung und Leberzirrhose stumpf.
- Lobus caudatus normalerweise nicht prominent, prominent dagegen bei Leberzirrhose
- Oberfläche
- normal glatt
- kleinere oder gröbere Unregelmäßigkeiten der Oberfläche weisen auf eine Leberzirrhose hin. Einzelne Buckel können Tumor-bedingt sein.
Binnenstruktur
Die Binnenstruktur der Leber ist homogen, die normale Echogenität entspricht etwa der der (rechten) Niere.

Eine vermehrte Echogenität findet sich bei Fettleber und Leberzirrhose, eine verminderte bei akuten Leberschäden mit vermehrter Flüssigkeitseinlagerung (z. B. akuter Hepatitis, akuter Rechtsherzinsuffizienz, akuten Intoxikationen der Leber).
Äste der Pfortader und A. hepatica meist mit zarten Wandechos bis in die Peripherie verfolgbar. Gallenwege intrahepatisch normalerweise nicht erkennbar (s. u.).
Normalerweise finden sich keine Herdbildungen oder Raumforderungen in der Leber. Fokale Leberveränderungen sind in der Regel (aber nicht immer) pathologisch.
Verformbarkeit
Die normale Leber ist verformbar. Eine herabgesetzte Verformbarkeit findet sich bei Leberzirrhose. Die Verformbarkeit ist bei kleiner oder tief unter dem Rippenbogen gelegener Leber nicht untersuchbar. Die Beurteilung der Verformbarkeit ist besonders subjektiv (erfahrungsabhängig).
Blutgefäße und Gallengänge

Die arteriellen und portalvenösen intrahepatischen Gefäße und die Gallengänge verlaufen gemeinsam in den Portalfeldern. Äste der Pfortader und der A. hepatica sind sonographisch in der normalen Leber erkennbar, aber voneinander nicht eindeutig zu unterscheiden. Oft liegt der Pfortaderast oberflächennäher und besitzt ein dickeres Kaliber (genaue Differenzierung nur durch Duplexsonographie der Lebergefäße möglich).
Die Lebervenen sind bis in die Peripherie erkennbar und verlaufen sternförmig auf die Einmündungsstelle in die V. cava inf. zu und sind nicht von Uferreflexen umgeben. Gallengänge sind normalerweise nicht oder kaum zu erkennen und erst bei obstruktiver Cholestase nachweisbar. Normalerweise verlaufen die Gefäße in der Leber gestreckt.
Umkehrung der Relation der Gefäßdurchmesser
Bei der Leberzirrhose kann das dem Schallkopf am entferntesten liegende arterielle Gefäß dicker sein als das portalvenöse. Eine sichere Aussage ermöglicht nur die Duplexsonographie.
Bogiger Verlauf der intrahepatischen Gefäße
Er deutet auf Raumforderungen (Regeneratknoten, Tumoren) hin. Multiple kleinbogige Verläufe finden sich bei Leberzirrhose.
Kräftige und breite Uferreflexe der hepatischen Gefäße

Uferreflexe finden sich nur an Gallengängen und an Ästen von Blutgefäßen, die in die Leber hineinziehen. Sie sind bei einer Cholangitis (Entzündung der Gallenwege) und bei länger bestehender Cholestase verdickt. Den Ästen der Lebervenen fehlen Uferreflexe.
Erweiterte, sichtbare Gallengänge mit kräftigen Uferreflexen
Sind die Gallengänge gestaut, so erkennt man bei geeigneter Schnittführung neben den Arterienästen auch Gallengangsäste, die sich mit ihren Uferreflexen gut abheben. Dieses „Doppelflintenphänomen“ ist pathognomonisch für eine obstruktive Cholestase.
Ektasie von V. cava und Lebervenen
Eine Erweiterung (Ektasie) der unteren Hohlvene (Vena cava) zusammen mit einer Erweiterung der Lebervenen spricht für eine Stauungsleber bei Abflussstörung über das rechte Herz bzw. die Lungen. Es muss eine Rechtherzinsuffizienz oder auch eine Lungenembolie ins Auge gefasst werden.
Atemabhängige Doppelpulsationen der Lebervenen
Sie finden sich bei einer akuten Stauungsleber. Bei chronischer Stauungsleber fehlen sie wegen der Strukturverdichtung in Richtung Cirrhose cardiaque.
Rarefizierung und Dünnkalibrigkeit der Lebervenen
Dünnkalibrige Lebervenen sind sonographische Zeichen bei Leberzirrhose oder ausgeprägter Leberverfettung, aber auch bei Amyloidose der Leber und Speicherkrankheiten.
Erweiterung der Pfortader

Der normale Durchmesser der V. portae <12 mm. Ein Durchmesser >14 mm stellt einen starken Hinweis auf eine portale Hypertension (meist bei Leberzirrhose) dar. Bei portaler Hypertension sind auch die zuführenden Venen (V. mesenterica und V. lienalis) prall gefüllt und Umgehungskreisläufe (Kollateralen) sichtbar. Zu den Kollateralen gehört eine sonographisch sichtbare wiedereröffnete Nabelvene (Cruveilhier-Baumgarten-Syndrom) und variköse Erweiterungen von Venen am Leber- und Milzhilus und der Vena coronaria ventriculi.
Pfortaderthrombose
Eine Thrombosierung der Pfortader fällt sonographisch durch Echogenität im Vergleich zu anderen Gefäßen und durch mangelnde Komprimierbarkeit auf. Sie ist häufig Hinweis auf eine Lebererkrankung (Leberzirrhose, Tumor im Bereich der Leberpforte). Sie entsteht aber auch bei Pankreaserkrankungen (so bei einer akuten oder chronischen Pankreatitis.
Zur Diagnostik einer Pfortaderthrombose wird die Duplexsonographie hinzugezogen.
Kavernöse Transformation
Sie tritt nach Pfortaderthrombose auf und zeigt ein längeres Bestehen der Thrombose an. Sie kann auch Folge einer Nabelvenenthrombose sein, bei der die Pfortader selbst sonographisch nicht mehr darstellbar ist.
Die Milz
Längsausdehnung 11 cm, Tiefendurchmesser bis 5 cm. Vergrößerung bei portaler Hypertension, aber auch bei systemischen und lymphatischen Erkrankungen. Bei nicht zirrhotisch bedingter Milzvergrößerung kann wie bei der zirrhotisch bedingten portalen Hypertension eine Erweiterung der Milzvene und der Pfortader auftreten. Sie ist nicht durch Rückstau vor der Leber sondern durch eine vermehrte Milzdurchblutung bedingt.
Aszites

Aszites (Ansammlung von Bauchwasser) ist vieldeutig. Sein Nachweis ist ein starkes Argument für eine Leberzirrhose, aber nur im Zusammenhang mit anderen Hinweiszeichen verwertbar. Schon geringe Mengen an Aszites sind sonographisch nachweisbar. Zu Aszites siehe hier.
Cholelithiasis
Gallensteine (Cholelithiasis) lassen sich in der Gallenblase sehr gut nachweisen; in den intrahepatischen Gallenwegen sind sie ebenfalls leicht erkennbar (DD Aerobilie); in den extrahepatischen Gallenwegen dagegen sind sie nur dann gut zu erkennen, wenn eine Gallestauung (Cholestase) vorliegt.
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Aussagekraft der Sonographie der Leber
Leberzirrhose
Häufig reicht die Kombination der sonographischen Befunde (verplumpte Form, mangelhafte Verformbarkeit, stark vermehrte Binnenstruktur, Rarefizierung der Lebervenen, Vergrößerung des Lobus caudatus, Zeichen portaler Hypertension und Aszites) völlig aus, um die Diagnose einer Leberzirrhose weitgehend zu sichern. Manchmal benötigt man jedoch weitere Klärung über die Duplexsongraphie, die Laparoskopie (Goldstandard) und die Histologie. Die Sonographie kann die Diagnose einer Leberzirrhose sehr wahrscheinlich machen, aber nicht ihre Ursache (Ätiologie) klären.
Fettleber
Sonographische Kriterien der Fettleber sind Vergrößerung, Verplumpung und eine erhebliche Vermehrung der Echogenität der Leber mit verstärkter dorsaler Schallabschwächung bei erhaltener Verformbarkeit ohne Nachweis einer portalen Hypertension. Eine milde Steatose (Fettgehalt > 5%, die Sensitivität kaum über 60%) wird zwar nicht sicher genug angezeigt, die über-alles-Sensitivität liegt jedoch bei 90%. (1)World J Gastroenterol. 2019 Oct 28;25(40):6053-6062. doi: 10.3748/wjg.v25.i40.6053. PMID: 31686762; … Continue reading
Da die Verformbarkeit manchmal nicht gut prüfbar ist und – vor allem bei Fettleberhepatitis – auch eine portale Hypertension mit Vergrößerung der Milz und Bildung von Aszites auftreten kann, entstehen manchmal Schwierigkeiten bei der differenzialdiagnostischen Abgrenzung von einer Leberzirrhose.
Akute Hepatitis
Die Leber ist bei einer akuten Hepatitis normal groß bis leicht vergrößert und normal in der Form. Die Binnenstruktur ist oft echoärmer durch vermehrte Flüssigkeitseinlagerung.
Chronische Hepatitis
Die Leber beginnt bei einer chronischen Hepatitis zu verplumpen und echodichter zu werden. Zirrhosekriterien können erreicht werden.
Akute Stauungsleber
Bei der akuten Stauungsleber findet sich eine erhebliche Erweiterung der V. cava und der Lebervenen sowie eine Vergrößerung und leichte Verplumpung des Organs. Als Zeichen der vermehrten Flüssigkeitseinlagerung oft Verringerung der Echogenität.
Leberherde

Grenzen der guten Beurteilbarkeit von Leberherden: >=3 mm bei Verkalkung oder kleiner Luftblase (Aerobilie); 5 mm bei zystischer Raumforderung; 10 mm bei solider Raumforderung.
Liquide, zystische Veränderungen
Zystische Strukturen sind leicht zu erkennen.
Differentialdiagnosen: Leberzyste, Echinokokkuszyste, Abszess, Hämatom, Tumoreinschmelzung, Caroli-Syndrom
Solide Veränderungen
Solide Tumore in der Leber sind meist ebenfalls leicht zu erkennen, können aber auch ähnlich echogen wie umgebenes Lebergewebe sein und übersehen werden. Gefäßverläufe müssen mitbeurteilt werden (bogige Verdrängungen, zuführende und drainierende Gefäße); sie helfen, Tumore abzugrenzen.
Differentialdiagnosen: Regeneratknoten bei Leberzirrhose, Metastasen extrahepatischer Primärtumore, Lymphom, Leberadenom, fokale noduläre Hyperplasie, hepatozelluläres Karzinom (HCC), Leberhämangiom, fokale Mehr- oder Minderverfettung
- Metastasen extrahepatischer Tumoren sind oft an ihrer Struktur (völlig andere Struktur als das umgebende Lebergewebe) erkennbar (z.B. homogen dicht ohne Gefäßstrukturen oder zentral reflexarm oder echoarmer Randsaum).
- Hepatozelluläre Karzinome (HCC) ähneln in ihrer Struktur manchmal dem Lebergewebe und unterscheiden sich oft nur durch größere Reflexarmut. In der Regel sind sie von umgebendem Lebergewebe nicht durch eine kapselähnliche Struktur oder einen sonstigen Rand getrennt.
- Hämangiome haben eine scharfe Begrenzung und sind typischerweise sehr reflexreich. Cavernome (kavernöse Hämangiome) sind dagegen eher reflexarm und können kleinzystischen Strukturen ähneln.
- Fokale noduläre Hyperplasien (FNH) sind reflexärmer als das umgebende Lebergewebe und oft an einem zentralen Gefäßnabel mit radspeichenartigen nach außen führenden Gefäßen erkennbar.
- Leberadenome ähneln dem HCC, sind meist aber gut und rund begrenzt und liegen nicht wie das typische HCC in einer zirrhotischen Leber.
Zystische Leberherde

- ohne Kapsel: z.B. Leberzyste, Biliom, Caroli-Aussackung, Blutung, frischer Abszess, Amöbenabszess)
- mit Kapsel: z. B. Echinokokkuszyste, älterer Abszess.
Zu Diagnostik von Leberherden wird die Kontrastmittelsonographie hinzugezogen. (2)Dtsch Artzebl 2002; 99: A 1666-1672
Cholestase (Gallestau)
Die obstruktive Cholestase ist durch eine Erweiterung der Gallenwege (extra- und/oder intrahepatisch) erkennbar. Doppelflintenphänomene (s.o.) sind oft diagnoseweisend.
Liegt als Ursache einer Gelbsucht laut erhöhten Cholestaseparametern ein Gallestau vor, und fehlen im sonographischen Bild gestaute Gallenwege, so wird eine „nichtobstruktive Cholestase“ als Ursache wahrscheinlich.
Kontrastmittelsonographie
Kontrastmittel (KM) in der Sonographie dienen als Echosignalverstärker. Sie werden dazu verwendet, das Durchblutungsverhalten einer Struktur oder Raumforderung in der Leber zu untersuchen. Ein gängiges Kontrastmittel für die Sonographie ist SonoVue; neuere erweisen sich als kontrastreicher, insbesondere Sonazoid (3)Eur Radiol. 2018 May;28(5):2077-2088. doi: 10.1007/s00330-017-5152-x. Epub 2017 Nov 30. PMID: … Continue reading
Fragen, die mit der Kontrastmittelsonographie beantwortet werden sollen, sind beispielsweise:
- Ist die Struktur in der arteriellen Phase (oft leicht ungleichmäßig) hyperperfundiert, wie z.B. ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) oder eine hyperperfundierte Metastase (beispielsweise eines neuroendokrinen oder hypernephroiden Karzinoms)?
- Zeigt sich (oft trotz leichter Kontrastierung in der arteriellen Phase) ein Negativkontrast in der Parenchymphase durch Hypoperfusion wie bei vielen Metastasen (beispielsweise gastrointestinaler Tumore)?
- Zeigt sich ein Irisblendenphänomen, wie bei großen Hämangiomen?
- Zeigen sich eine früharterielle Kontrastierung und ein Radspeichenmuster wie bei einer FNH?
- Findet sich früharteriell eine Randbetonung und in der Spätphase eine Isoechogenität wie bei einem Leberadenom?
- Entspricht ein sehr reflexarmes Areal einer Zyste oder einem strukturarmen Tumor? Eine Kontrastanhebung nach Sonovue-Injektion würde für die zweite Diagnose sprechen. Ansonsten wäre eher an eine Leberzyste zu denken, wobei das geringe Reflexmuster entweder auf „Rauschen“ durch zu starke Echoverstärkung oder auf Zysteninhalt (Detritus, Einblutung: komplizierte Zyste) zurückzuführen wäre.
→ Zur Kontrastmittelsonographie siehe hier.
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Verweise
- Sonographie
- Abdomensonographie
- Sonographie der Leber
- Duplexsonographie der Pfortader
- Duplexsonographie der Lebergefäße
- Kontrastmittelsonographie
- SonoVue
- Darmsonographie
- Endosonographie
- Nichtinvasive Diagnostik der Leberzirrhose
- Weiteres zum Thema
- Die Leber
- Leberparenchym
- Portalfelder
- Gallenwege
- Hepatitis
- Leberzirrhose
- Fettleber
- Leberherd
Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).
Literatur