Zellulitis

Artikel aktualisiert am 23. Dezember 2022

Als Zellulitis wird eine infektiöse nichteitrige Entzündung der Haut und des Unterhautbindegewebes bezeichnet. Sie gehört wie auch das Erysipel zu den „skin and soft tissue infections“ (SSTIs).


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Begriffliche Abgrenzung zu Cellulite

Die Bezeichnung Zellulitis ist nicht zu verwechseln mit „Cellulite“, einem Begriff, der in der Kosmetikwerbung immer wieder auftaucht und einem normalen, mit zunehmendem Alter häufiger werdenden Phänomen unregelmäßiger Hautoberfläche entspricht.

Cellulite tritt häufig bei Frauen auf, seltener bei Männern, und macht sie sich durch kleine Dellen bemerkbar, die bei Nahsicht der Oberfläche einer Orange ähneln (Orangenhaut). Cellulite ist ein kosmetisches Problem, auch wenn Kosmetika und schönheitschirurgische Eingriffe auf Dauer nichts oder wenig nutzen. Ein medizinisches Problem ist es nicht.

Zellulitis dagegen ist eine schmerzhafte, durch eine bakterielle Infektion der Haut bedingte Krankheit, die leicht, mittelschwer oder auch lebensbedrohlichen verlaufen kann und in der Regel einer antibiotischen Therapie bedarf. Sie breitet sich ohne Eiterbildung in der Haut / Unterhaut aus. Auch in der Umgebung von Abszessen kann sie auftreten.

Besondere Formen

Erysipel; Rötung mit scharfer Begrenzung
Erysipel; Rötung mit scharfer Begrenzung; Eintritt der verursachenden Streptokokken durch eine Schrunde am Fuß.

Erysipel: Das Erysipel (Rotlauf, Wundrose) wird als Sonderform der Zellulitis angesehen, die sich in der Haut oberflächlich ausbreitet, sowie eine in die Tiefe vordringende Entzündung, die lebensbedrohliche nekrotisierende Fasziitis. Hervorgerufen wird es wird i.d.R. durch Streptokokken (β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A).

Phlegmone: Die Phlegmone ist eine sich in die Tiefe der Haut und Unterhaut ausbreitende Entzündung, die eher durch Staphylokokken inkl. MRSA (multiresistente Stämme) ausgelöst wird.

Ausprägung

Ein milder Verlauf ist durch eine nichteitrige Hautinfektion ohne systemische Entzündungsreaktion gekennzeichnet.

Ein mittelschwerer bis schwerer Verlauf liegt vor, wenn systemische Symptome wie Fieber und allgemeines Krankheitsgefühl hinzukommen, ohne dass ein „systemisches inflammatorisches Responsesyndrom“ (SIRS) vorliegt. (1)Open Forum Infect Dis. 2018 Jan 12;5(1):ofx188. doi: 10.1093/ofid/ofx188. Die Schwere lässt sich durch eine Bestimmung des Entzündungsmarkers Procalcitonin abschätzen. (2)Ann Dermatol. 2016 Dec;28(6):704-710.

Ursachen

Ursachen einer Entzündung der Haut sind Verletzungen, Fissuren zwischen des Zehen, Bisswunden etc. Immungeschwächte Patienten sind besonders anfällig für eine Infektionsausbreitung. Auch kommen lokale Praedispositionen, wie eine Lymphabflussstörung oder eine arterielle Durchblutungsstörung als fördernde Umstände in Betracht.

Keime

Am häufigsten sind Staphylococcus aureus und Streptokokken die Ursachen einer Cellulitis. Gelegentlich werden Enterokokken gefunden, vor allem bei einem Geschwür am Fuß als Ausgangspunkt. Seltener werden andere Keime wie Peptostreptococcus species, Bacteroides fragilis, Prevotella species, Porphyromonas species und Clostridien als Infektionserreger gefunden. (3)Trials. 2013 Jun 3;14:164. doi: 10.1186/1745-6215-14-164.

Therapie

Grundlage der Behandlung sind gute Hygiene und Antibiotika. Die Therapieempfehlungen für milde Ausprägung einer Cellulitis/Erysipel beinhalten Penicilline, Cephalosporine und Clindamycin, nicht jedoch Trimethoprim/Sulfamethoxazol (TMP/SMX). Häufig werden Amoxicillin-Clavulansäure oder die Kombination von Penicillin und Clindamycin gewählt. (4)J Infect. 2005 Dec;51(5):383-9.

Für schwere Verläufe wird die Kombination von Vancomycin und TMP/SMX (z. B. Cotrim) empfohlen; aber auch Linezolid, Ciprofloxacin und Cefazolin werden verwendet (5)Open Forum Infect Dis. 2018 Jan 12;5(1):ofx188. doi: 10.1093/ofid/ofx188. Nicht jede Wirkstoffkombination ist sinnvoll. Beispielsweise hat die Zugabe von Clindamycin zu Flucloxacillin keinen Vorteil, sondern nur den Nachteil vermehrter Durchfälle. (6)BMJ Open. 2017 Mar 17;7(3):e013260. doi: 10.1136/bmjopen-2016-013260

Vor Beginn einer antibiotischen Therapie sollten Blutkulturen angelegt werden, um die auslösenden Keime zu identifizieren. Denn die Therapie sollte in schweren Fällen durch ein Antibiogramm abgesichert werden. Im Falle von Methicillin-resistenten Staphylokokken (MRSA) sind Reserveantibiotika erforderlich, die ausgetestet werden müssen.

Prophylaxe

In einigen Fällen kommt es zu wiederkehrenden Hautentzündungen. Förderliche Prädispositionen sollten gesucht und minimiert werden. So sind Rezidive (erneutes Aufflammen) bei einer Immunschwäche, bei Lymphabflussstörungen oder mangelhafter Hygiene speziell an den Füßen zu gewärtigen.

  • Verbesserung der Durchblutung bei Durchblutungsstörung der Beine,
  • Optimierung des Blutzuckers bei Diabetikern.
  • Schrunden an den Füßen vermeiden: Sind die Infektionen an den Füßen und Unterschenkeln lokalisiert, so muss auf die Vermeidung von Schrunden an den Füßen und eine gute Hygiene geachtet werden. Am besten sind alte Schuhe und Socken als potenzielle Keimträger zu entsorgen oder zu desinfizieren.
  • Eine Antibiotikaprophylaxe nach der zweiten oder dritten Episode wird immer wieder diskutiert, scheint jedoch einen nur begrenzten Erfolg zu haben. (7)Cochrane Database Syst Rev. 2017 Jun 20;6:CD009758. doi: 10.1002/14651858.CD009758.pub2. (8)Int J Gen Med. 2022 Aug 10;15:6561-6572. doi: 10.2147/IJGM.S326459. Im Fall einer disponierenden Grunderkrankung, wie einer Leberzirrhose kann eine Antibiotikaprophylaxe wie auch bei einer wiederkehrenden spontan bakteriellen Peritonitis indiziert sein. (9)Ann Gastroenterol. 2014;27(4):374-379. PMID: 25331211; PMCID: PMC4188936.

Verweise

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


 

Literatur

Literatur
1Open Forum Infect Dis. 2018 Jan 12;5(1):ofx188. doi: 10.1093/ofid/ofx188.
2Ann Dermatol. 2016 Dec;28(6):704-710.
3Trials. 2013 Jun 3;14:164. doi: 10.1186/1745-6215-14-164.
4J Infect. 2005 Dec;51(5):383-9.
5Open Forum Infect Dis. 2018 Jan 12;5(1):ofx188. doi: 10.1093/ofid/ofx188.
6BMJ Open. 2017 Mar 17;7(3):e013260. doi: 10.1136/bmjopen-2016-013260
7Cochrane Database Syst Rev. 2017 Jun 20;6:CD009758. doi: 10.1002/14651858.CD009758.pub2.
8Int J Gen Med. 2022 Aug 10;15:6561-6572. doi: 10.2147/IJGM.S326459.
9Ann Gastroenterol. 2014;27(4):374-379. PMID: 25331211; PMCID: PMC4188936.