Capsaicin

Von Fachärzten geschrieben und wissenschaftlich überprüft.

Capsaicin ist ein Alkaloid aus Paprika- und Chilibeeren (landläufig als Paprikaschoten und Chilischoten bezeichnet), das ihren scharfen Geschmack ausmacht und ein Hitzegefühl hervorruft. Bekannt ist Capsaicin in Form von Chili und Paprika vor allem in der Küche als „Scharfmacher“ von Speisen.

Capsaicin hat eine Reihe unerwünschter Effekte auf den Körper. Gereizte Stellen der Schleimhäute werden reaktiv vermehrt durchblutet. Kommt Capsaicin in die Augen, schmerzen sie sofort und werden stark gerötet, es kommt zum Blepharospasmus (krampfartiger Lidschluss); kommt es in die Atemwege resultieren Husten und Atemnot. Diese Wirkungen sind bei der Anwendung von „Pfefferspray“ (pepper spray = chili pepper) bei der Abwehr von Angreifern und Tieren gewollt. Da Capsaicin die Wirkung von Kokain steigert, kann Pfefferspray bei Drogenabhängigen lebensbedrohlich wirken.


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Biologische und medizinische Wirkungen

Capsaicin ist wegen seiner vielfältigen biologischen Wirkungen für die Forschung interessant geworden [1].

  • Capsaicin wirkt über die Stimulierung des polymodale Vanilloid-Receptors Typ 1 (transient receptor potential of the vanilloid type 1: als TRPV1 abgekürzt). Es stimuliert damit selektiv die afferenten Neurone der dorsalen Wurzel mit dünnen C- und A-Fasern nur von Säugern. Capsaicin ist beteiligt an der Freisetzung neuroregulatorischer Peptide (wie Substanz P) von den Nervenenden dünner Fasern [2].
  • Capsaicin verlangsamt die Schrittmacheraktivität der Cajal-Zellen des Dünndarms [3] und führt damit zu einer Verminderung der Peristaltik.
  • Im Ösophagus erhöht Chili-Sauce die Empfindlichkeit gegenüber Dehnung und erleichtert die Peristaltik [4]
  • Im Magen existieren Rezeptoren eines Thermoregulationssystems, das über den Sympathicus läuft. Sie werden durch Capsaicin lang anhaltend gereizt. Da dieses System für den Energiehaushalt des Körpers von Bedeutung ist, eröffnen sich über Capsaicin und Derivate möglicherweise therapeutische Eingriffe in den Metabolismus bei Adipositas [5].
  • Capsaicin ist ein Tumorsuppressor; es unterdrückt in höheren Dosen das Wachstum sowohl des Androgenrezeptor-positiven als auch -negativen Prostatakarzinoms; ein Hauptwirkmechanismus ist die Induktion der Apoptose der Tumorzellen [6] [7].
  • Capsaicin ist neurotoxisch [8]. Aufgetragen auf die Haut führt Capsaicin zur Degeneration von motorischen Nervenfasern und kann eine Neuropathie hervorrufen oder verstärken [9].
  • Capsaicin hemmt (ganz im Gegensatz zu Curcumin, aber ähnlich wie Dexamethason [10]) im Tierversuch die Neubildung von Nervenzellen aus Progenitorzellen, so auch im Hippocampus [11].
  • Capsaicin löst Husten aus und kann zur Prüfung des Hustenreflexes sowie der Wirkung von Antitussiva verwendet werden [12]. Durch solch einen Test kann herausgefunden werden ob der Hustenreflex beispielsweise bei einer diabetischen Neuropathie vermindert [13] oder bei einer Refluxkrankheit oder einer chronischen Sinusitis erhöht ist [14]. Mit Hilfe solch eines Tests kann ein Husten-Hypersensitivitätssyndrom festgestellt werden [15].
  • Capsaicin-haltige Pflaster (z. B.ABC-Pflaster) oder Cremes zur transdermalen Applikation kann wiederholt kurz angewendet chronischen neuropathischen Schmerz lindern und werden zur symptomatischen Therapie von Rheuma (z. B. der rheumatoiden Arthritis verwendet; lokale Rötungen sind häufig, systemische Nebenwirkungen selten [16] [17].
  • Capsaicin führt indirekt über die Vermittlung einer NO-Freisetzung zu einer Blutdrucksenkung [18].

Verweise

Literatur

  1. ? Pharmacol Rev. 2012 Oct;64(4):939-71
  2. ? J Physiol. 1982;332:157–167
  3. ? J Neurogastroenterol Motil. 2010 July; 16(3): 265–273
  4. ? Neurogastroenterol Motil. 2010 Nov;22(11):1177-82
  5. ? Ono K et al. J Appl Physiol. 2010 Nov 11. [Epub ahead of print]
  6. ? Cancer Res. 2006 Mar 15;66(6):3222-9
  7. ? Future Oncol. 2010 Oct;6(10):1545-50
  8. ? Acta Physiol Hung. 1987;69(3-4):295-313
  9. ? Gibbons CH et al. Ann Neurol. 2010 Nov 8. [Epub ahead of print]
  10. ? Brain Res. 2004 Nov 19;1027(1-2):1-10
  11. ? J Toxicol Environ Health A. 2010 Jan;73(21-22):1490-50
  12. ? Pulm Pharmacol. 1996 Oct-Dec;9(5-6):281-4
  13. ? Eur J Med Res. 2009 Dec 7;14 Suppl 4:45-8
  14. ? Int J Hyg Environ Health. 2010 Jan;213(1):66-7
  15. ? Lung. 2010 Jan;188 Suppl 1:S87-90
  16. ? Cochrane Database Syst Rev. 2009 Oct 7;(4):CD007393
  17. ? Drugs. 2010 Oct 1;70(14):1831-42
  18. ? Cell Metab. 2010 Aug 4;12(2):109-10