Glukagonom

Artikel aktualisiert am 16. Dezember 2020

Das Glukagonom ist ein seltener Tumor der Glukagon-produzierenden Zellen (Alpha-Zellen der Langerhans’schen Inseln des Pankreas). Er gehört zu den neuroendokrinen Tumoren. Er wächst meist langsam und wird erst spät entdeckt. Zu dem Zeitpunkt ist er meist bereits bösartig (maligne) geworden und metastasiert. Die Prognose bezüglich Lebensqualität und Langzeitüberleben ist wegen des langsamen Wachstums und wegen neuerer Therapiemöglichkeiten relativ gut. (1)Clin Case Rep. 2020 Jan 3;6(1):e46-e49. doi: 10.4158/ACCR-2019-0211. PMID: 32524009; PMCID: … Continue reading (2)Eurasian J Med. 2009 Apr;41(1):70-2. PMID: 25610069; PMCID: PMC4261651.

Zu Glukagon siehe hier.


Häufigkeit

Glukagonome machen etwa 1-2% der Pankreastumore aus. Die Inzidenz liegt bei 1 pro 20 Millionen pro Jahr. (3)Clin Case Rep. 2020 Jan 3;6(1):e46-e49. doi: 10.4158/ACCR-2019-0211. PMID: 32524009; PMCID: … Continue reading In etwa 3% der Fälle liegt eine Assoziation mit einer neuroendokrinen Neoplasie Typ 1 (MEN Typ 1), noch seltener mit der von Hippel-Lindau-Krankheit  vor. (4)J Eur Acad Dermatol Venereol. 2016 Dec; 30(12):2016-2022.

Inselzelltumore

Glukagonome sind Inselzelltumore, einer Gruppe unterschiedlich endokrin aktiver Tumore, die wahrscheinlich von multipotenten Stammzellen des duktalen Epithels abstammen. Sie sind meist im Pankreasschwanz lokalisiert. Unter den endokrin aktiven Inselzelltumoren dominieren das Insulinom und das Glukagonom. Die meisten sind maligne und bei Diagnosestellung bereits in die Leber und regionale Lymphknoten metastasiert. (5)Eur J Surg Oncol. 2008 Mar; 34(3):324-32. Seltener finden sich Metastasen im Knochen. (6)World J Gastrointest Oncol. 2012 Jun 15;4(6):152-5

Symptomatik

Eine unspezifische Leistungs- und Gewichtsabnahme sind meist Anlass für die Diagnostik. Im Vordergrund steht eine Hyperglykämie (meist ohne familiäre Diabetesanamnese), meist verbunden mit einer nekrotisierenden Dermatitis. Wandernde Hautrötungen, fleckige Hyperpigmentierungen, entzündliche Mundwinkelrhagaden und eine entzündliche Zungenrötung können zu finden sein. Psychische Veränderungen, z. B. im Sinne einer Depression, sind nicht selten. (7)Clin Case Rep. 2020 Jan 3;6(1):e46-e49. doi: 10.4158/ACCR-2019-0211. PMID: 32524009; PMCID: … Continue reading (8)Exp Ther Med. 2020 Oct;20(4):3389-3393. doi: 10.3892/etm.2020.8966. Epub 2020 Jul 3. PMID: … Continue reading

Eine Literaturzusammenstellung fand folgende Symptomhäufigkeiten bei insgesamt 425 Patienten: nekrotisierendes wanderndes Erythem 82,4%, Diabetes 68,5%, Gewichtsverlust 60,2%, Anämie 49,6%, Glossitis und Stomatitis 41,2%. (9)Oncol Lett. 2018 Mar;15(3):2749-2755. doi: 10.3892/ol.2017.7703. Epub 2017 Dec 28. PMID: 29435000; … Continue reading

Diagnostik

In seltenen Fällen kann die Kombination von Hyperglykämie (bei nicht Übergewichtigen) und eine nekrotisierende Dermatitis auf die Möglichkeit eines Glukagonoms schließen lassen.

Führend ist meist jedoch eine ständige Hyperglykämie verbunden mit einer in bildgebenden Verfahren (z. B. Oberbauchsonographie und Computertomographie) erkennbaren Raumforderung im Pankreas. (10)Curr Opin Oncol. 2005 Jul; 17(4):386-91. Der Tumor kann sehr klein, aber auch bereits relativ groß sein; auch können Lymphknotenvergrößerungen im Oberbauch und ggf. auch bereits Lebermetastasen vorliegen.

Der Beweis wird durch Feinnadelbiopsie zytologisch oder – besser – durch Punktion eines größeren Herdes oder eine operativ gewonnene Gewebeprobe histologisch gestellt. Dabei können histochemische Untersuchungen auf die Hormonproduktion schließen lassen.

Die Ausbreitung des Glukagonoms im Körper wird durch eine Octreotid-Szintigraphie erfasst.

Unter den Laborwerten finden sich eine Hyperglykämie und eine deutliche Erniedrigung der Aminosäurekonzentration im Blut. Der Glukagon-Spiegel kann 1000 pg/mL überschreiten, aber auch nahe an der Normgrenze liegen. Es sollten auch andere neuroendokrine Hormone (wie Insulin) getestet werden, da ein Inselzelltumor wie auch andere neuroendokrine Tumore (z. B. ein Gastrinom) mehrere hormonelle Aktivitäten aufweisen kann.

Befunde zum Zeitpunkt der Diagnosestellung

Das mittlere Alter lag in einer Literaturzusammenstellung von 607 Patienten bei 52,4 Jahren, m:f = 0,79. Die mittlere Tumorgröße von 126 Fällen lag bei 5,0 cm. Metastasen wurden in 49,2% der Fälle entdeckt. Die mittlere Zeit zwischen erster Symptomatik und Diagnosefeststellung lag bei 31,4 Monaten. (11)Oncol Lett. 2018 Mar;15(3):2749-2755. doi: 10.3892/ol.2017.7703. Epub 2017 Dec 28. PMID: 29435000; … Continue reading

Therapie

Ziel der Therapie ist 1. eine Tumorentfernung oder -verkleinerung, und 2. eine Symptomkontrolle. Herkömmliche Zytostatika haben erhebliche Nebenwirkungen und eine nur marginale Wirkung.

Octreotid ist ein Somatostatin-Analog, welches die Hormonproduktion neuroendokriner Tumore hocheffektiv unterdrückt und auch beim Glukagonom erfolgreich verwendet wird. (12)Curr Opin Oncol. 2006 Jan; 18(1):23-9 Tumore, die kein oder nur gering Hormon produzieren, profitieren von Octreotid nicht, da es keine Antitumorwirkung entfaltet. Eine Alternative stellt Interferon-alpha dar, welches bei etwa 50% der Betroffenen wirkt. (13)Hepatogastroenterology. 2007 Jan-Feb; 54(73):278-84

Neue Entwicklungen lassen Sunitinib, Bevacizumab und Everolimus aussichtsreicher erscheinen. (14)Gland Surg. 2018 Feb;7(1):20-27. doi: 10.21037/gs.2017.10.08. PMID: 29629316; PMCID: PMC5876681.

Bei neuroendokrinen Tumoren, die trotz Therapie fortschreiten, ist eine Radiotherapie mit Lutetium-177 (Lu-177) möglich. (15)N Engl J Med. 2017 Jan 12; 376(2):125-135.

 

Prognose

Das Glukagonom wächst meist sehr langsam. Es ist ein Fall beschrieben, bei dem der Patient mit einem metastasierten Tumor 21 Jahre ohne Therapie überstand. (16)Am J Med Sci. 2007 Sep;334(3):225-7. doi: 10.1097/MAJ.0b013e318141ff0b. PMID: 17873541.

Durch die heute oft aggressive Therapie werden Langzeiterfolge erzielt.


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Verweise

 

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


Literatur

Literatur
1Clin Case Rep. 2020 Jan 3;6(1):e46-e49. doi: 10.4158/ACCR-2019-0211. PMID: 32524009; PMCID: PMC7279770.
2Eurasian J Med. 2009 Apr;41(1):70-2. PMID: 25610069; PMCID: PMC4261651.
3Clin Case Rep. 2020 Jan 3;6(1):e46-e49. doi: 10.4158/ACCR-2019-0211. PMID: 32524009; PMCID: PMC7279770.
4J Eur Acad Dermatol Venereol. 2016 Dec; 30(12):2016-2022.
5Eur J Surg Oncol. 2008 Mar; 34(3):324-32.
6World J Gastrointest Oncol. 2012 Jun 15;4(6):152-5
7Clin Case Rep. 2020 Jan 3;6(1):e46-e49. doi: 10.4158/ACCR-2019-0211. PMID: 32524009; PMCID: PMC7279770.
8Exp Ther Med. 2020 Oct;20(4):3389-3393. doi: 10.3892/etm.2020.8966. Epub 2020 Jul 3. PMID: 32905095; PMCID: PMC7465236.
9Oncol Lett. 2018 Mar;15(3):2749-2755. doi: 10.3892/ol.2017.7703. Epub 2017 Dec 28. PMID: 29435000; PMCID: PMC5778850.
10Curr Opin Oncol. 2005 Jul; 17(4):386-91.
11Oncol Lett. 2018 Mar;15(3):2749-2755. doi: 10.3892/ol.2017.7703. Epub 2017 Dec 28. PMID: 29435000; PMCID: PMC5778850.
12Curr Opin Oncol. 2006 Jan; 18(1):23-9
13Hepatogastroenterology. 2007 Jan-Feb; 54(73):278-84
14Gland Surg. 2018 Feb;7(1):20-27. doi: 10.21037/gs.2017.10.08. PMID: 29629316; PMCID: PMC5876681.
15N Engl J Med. 2017 Jan 12; 376(2):125-135.
16Am J Med Sci. 2007 Sep;334(3):225-7. doi: 10.1097/MAJ.0b013e318141ff0b. PMID: 17873541.