Glukagon

Artikel aktualisiert am 16. Dezember 2020

Glukagon ist ein Polypeptid-Hormon, welches von den A-Zellen (Alpha-Zellen, α-Zellen) der Inseln der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) gebildet wird und den Blutzuckerspiegel erhöht. Der Name ist zusammengesetzt und bedeutet GLUCose AGONist.


Wirkungen

Glukagon ist ein Polypeptid aus 29 Aminosäuren und beeinflusst die Regulation des Blutzuckerspiegels (Glukosehomostase) sowie den Fett- und Aminosäurestoffwechsel. Es ist komplex in den Energiestoffwechsel des Körpers eingebunden. Es unterliegt einer Regulation, um bedarfsgerecht Glukose und damit Energie für die Muskulatur bei körperlicher Aktivität bereitzustellen und den Körper, insbesondere das Gehirn vor Unterzuckerung (Hypoglykämie) zu bewahren.

Es stimuliert die Bildung von Glukose aus dem Glykogen der Leber sowie, wenn Glygogen erschöpft ist, aus Aminosäuren (Glukoneogenese); es hemmt den Abbau des entstandenen Glukose (Glykolyse), damit der entstandene Zucker für den Transport im Blut zur Verfügung stehen kann, und es hemmt aus dem gleichen Grund den Aufbau von Glykogen.

Glukagonrezeptor-Agonisten (GLP-1-Agonisten) wirken blutzucker- und gewichtssenkend und haben Bedeutung bei der Einstellung des Typ-2-Diabetes erlangt.

Glukagon arbeitet mit Insulin zusammen: es mobilisiert Zucker aus der Leber und stellt ihn für die peripheren Zellen (z. B. Muskelzellen) zur Verfügung, die ihn jedoch erst durch Insulin nutzen können.

Glukagon gelangt von der Bauchspeicheldrüse über die Pfortader (ohne Umweg durch den Körperkreislauf) gleich in die Leber, wo es den Abbau von Glykogen (Glykogenolyse) stimuliert. In der Leber bindet Glukagon an einen Rezeptor der Leberzellmembran und stimuliert eine Adenylatzyklase, die aus ATP cAMP synthetisiert. Dieses wirkt als „second messanger“, der den Abbau von Glykogen initiiert.

Gleichzeitig fördert Glukagon die Aufnahme von Aminosäuren in die Leberzellen (Hepatozyten), die bei hohem Energiebedarf und entleertem Glykogenspeicher zur Neusynthese von Glukose (Glukoneogenese) verwendet werden. Diese Funktionen greifen ineinander, da Aminosäuren die Sekretion von Insulin stimulieren, welches einerseits die Aminosäuretransporter in peripheren Geweben und Organen aktiviert, und andererseits die GLUT4-Glukose-Transporter in der Muskulatur und im Fettgewebe erhöht, was den Blutzucker erniedrigt.

Glukagon ist damit ein Hormon, welches bei erhöhtem Energiebedarf, wie beispielsweise bei starker körperlicher Anstrengung, für Glukose- und damit für Energienachschub aus der Leber sorgt. Dies ist nicht nur für die Muskulatur, sondern für alle Organe des Körpers, besonders für das glukoseabhängige Gehirn, von wesentlicher Bedeutung.

Regulation der Glukagon-Bildung

Glukagon wird in den Alpha-Zellen der Langerhans’schen Inseln der Bauchspeicheldrüse aus Proglukagon gebildet. Stimulierend wirken Aminosäuren der Nahrung, körperlicher Stress, Hypovolämie (zu geringes Blutvolumen, z. B. durch Schwitzen oder Blutverlust) und Hypoglykämie (Unterzuckerung) (1)Adv Pharmacol. 2005;52:151-71. Die Aminosäure-stimulierte Glukagon-Synthese wird durch Amylin, welches in Reaktion auf Nahrungsaufnahme gebildet wird und im Gehirn ein Sättigungsgefühl hervorruft, gehemmt (2)Diabetes Obes Metab. 2012 Aug 1. doi: 10.1111/j.1463-1326.2012.01670.x. .

Eine erhöhte Bildung von Glukagon findet sich bei erhöhten Blutzuckerwerten, wie sie bei unzureichend eingestelltem Diabetes Typ 1 oder Typ 2 auftreten. Sie zeigen an, dass die peripheren Zellen unter Insulinmangel und damit unter intrazellulärem Energiemangel leiden. Daher wird eine Hemmung der Glukagonwirkung zur Behandlung des Diabetes Typ 1 und seiner Folgekrankheiten intensiv untersucht. Dazu dienen auch Glukagonrezeptorantagonisten. Eine Rezeptorhemmung durch Antikörper führte in einer Studie zu einem 26% geringeren Insulinbedarf und zu etwa 40% seltenerer Hyperglykämie über 180 mg/dl. (3)Diabetes Obes Metab. 2018 May;20(5):1302-1305. DOI: 10.1111/dom.13202. Epub 2018 Jan 22. PMID: … Continue reading

Glucagon-Like-Polypeptide (GLP)

Auf dem genetischen Code des Proglukagons beruht nicht nur die Bildung von Glukagon in der Bauchspeicheldrüse, sondern auch die des Glucagon-Like-Polypeptid-1, GLP-1. Dieses wird postprandial von den L-Zellen des unteren Darmkanals gebildet. Es bewirkt die Hemmung der Bildung von Magensaft und der Magenmotorik. Im Gehirn, wo es in bestimmten Neuronen gebildet wird, bewirkt es eine Hemmung der Aufnahme von Nahrung und Flüssigkeit; es wirkt neuroprotektiv und fördert es die Neubildung von Neuronen. GLP-1 fördert Glukose-abhängig die Insulin-Produktion und hemmt die Glukagon-Ausschüttung im Pankreas. (4)Diabetologia. 1999 Mar;42(3):373-9 (5)Regul Pept. 2005 Jun 15;128(2):109-15 Beim Typ-2-Diabetes ist die GLP-1-Produktion gestört. (6)Diabetes. 2001 Mar; 50(3):609-13. GLP-1-Analoga werden als Inkretinmimetika zur Behandlung des Diabetes Typ 2 eingesetzt. Sie haben den Vorteil, dass sie nicht zu einer Gewichtserhöhung sondern eher zur einer Gewichtsabnahme führen. Eine weitere Möglichkeit, den GLP-1-Spiegel zu erhöhen, besteht in der Hemmung seines Abbaus durch DPP-4-InhibitorenSiehe hier.

Eine erniedrigte Zahl der intestinalen L-Zellen mit erniedrigter Bildung von GLP-1 bedeutet eine erhöhte Bereitschaft für Übergewicht und Insulinresistenz. Eine Erhöhung der GLP-1-Aktivität wird als aussichtsreiche Therapieoption für den Typ-2-Diabetes betrachtet. Eine Erhöhung des GLP-1-Spiegels kann durch Glukagon-Rezeptorblockade erreicht werden. Sie fördert eine L-Zell-Proliferation. (7)Am J Physiol Endocrinol Metab. 2010 Oct; 299(4):E624-32. (8)BMJ Open Diabetes Res Care. 2020 Mar;8(1):e001025. DOI: 10.1136/bmjdrc-2019-001025. PMID: … Continue reading

Glukagonom

Beim Glukagonom, das wie das Insulinom ein Inselzelltumor der Bauchspeicheldrüse ist, wird unreguliert zu viel Glukagon gebildet. Es kommt zu ständig erhöhtem Blutzucker (Hyperglykämie) und erniedrigter Konzentration von Aminosäuren im Blut. Das Glukagonom ist oft assoziiert mit einer nekrotisierenden bullösen Dermatitis (Hautentzündung mit Blasenbildung). Mehr dazu siehe hier.

 


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Verweise

 

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


Literatur

Literatur
1Adv Pharmacol. 2005;52:151-71
2Diabetes Obes Metab. 2012 Aug 1. doi: 10.1111/j.1463-1326.2012.01670.x.
3Diabetes Obes Metab. 2018 May;20(5):1302-1305. DOI: 10.1111/dom.13202. Epub 2018 Jan 22. PMID: 29283470; PMCID: PMC6181222.
4Diabetologia. 1999 Mar;42(3):373-9
5Regul Pept. 2005 Jun 15;128(2):109-15
6Diabetes. 2001 Mar; 50(3):609-13.
7Am J Physiol Endocrinol Metab. 2010 Oct; 299(4):E624-32.
8BMJ Open Diabetes Res Care. 2020 Mar;8(1):e001025. DOI: 10.1136/bmjdrc-2019-001025. PMID: 32139602; PMCID: PMC7059498.