DPP-4-Hemmer

Artikel aktualisiert am 9. Mai 2022

DPP-4-Hemmer sind Medikamente gegen eine gestörte Regulation des Blutzuckers und werden bei Prädiabetes und frühem Diabetes Typ 2 eingesetzt. Sie sind Hemmer eines besonderen Enzyms, der Dipeptidyl-peptidase IV (engl.: dipeptidyl peptidase 4 (DPP4) inhibitors) und stellen eine eigene Klasse von Antidiabetika zur Behandlung des Typ-2-Diabetes dar. Eine weitere bedeutende Wirkung richtet sich gegen die Entstehung einer Arteriosklerose. (1)Curr Opin Drug Discov Devel. 2008 Jul;11(4):512-32 (2)Endocr Rev. 2014 Dec;35(6):992-1019. DOI: 10.1210/er.2014-1035


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Biologische Wirkungen

DPP-4-Hemmer hemmen ein Enzym, die Dipeptidyl-peptidase IV, welches spezifisch Dipeptide von Proteinen und Peptiden abspaltet und sind am Abbau von Peptidhormonen, Neuropeptiden und Cytokinen beteiligt. Sie degradieren somit auch die Inkretine GLP-1 (glucagon like peptide-1) und GIP (glucose dependent insulinotropic polypeptide), welche die Insulinproduktion steigern. Inkretine werden als Reaktion auf Nahrungsaufnahmen im Dünndarm gebildet und bewirken über die Stimulierung der Insulinproduktion eine Senkung der postprandialen (nach Malzeiten auftretenden) Blutzuckerspitzen. Diese Inkretine haben eine nur sehr kurze Halbwertszeit von 2-3 Minuten. DPP-4-Hemmer verlängern ihre Lebenszeit und damit ihre Wirkung auf die Insulinproduktion, was zu einer Stabilisierung der Reaktion auf die Blutzuckererhöhung (der postprandialen Glukosehomöostase) führt.

Klinische Bedeutung

Gliptine bei frühem Diabetes Typ 2

DPP-4-Hemmer verbessern in klinischen Studien an Typ-2-Diabetikern die postprandiale Blutzuckerkontrolle mit geringem Hypoglykämie-Risiko. Sie kommen besonders beim Prädiabetes und in den frühen Phasen der Diabetes-Entwicklung in Betracht, in denen noch eine ausreichende Inselzell-Kompetenz vorliegt. Gliptine werden als Zusatzmedikamente zu Metformin oder zu Glitazonen verwendet. Die DPP-4-Hemmer bewirken keine Gewichtszunahme sondern eher eine Abnahme. In einer Studie führte Linagliptn zu einer Abnahme  des HbA1c um -2,53%, zusammen mit Metformin um -3,37%.  (3)Postgrad Med. 2016 Nov;128(8):747-754. DOI: 10.1080/00325481.2016.1238280.

Verglichen mit Placebo führten Sitagliptin und Vildagliptin dagegen laut frühen Untersuchungen nur zu einer HbA1c-Reduktion von etwa 0.7% und 0.6% (nach einer Cochrane-Auswertung der Studien (4)Cochrane Database Syst Rev. 2008 Apr 16;(2):CD006739 ). Sie werden als „add-on´s“ zu anderer oraler Therapie angesehen.

Gliptine zur Verhinderung eines Diabetes

In Studien an Patienten mit gestörter Glukosetoleranz (Prädiabetes), die nicht ausreichend auf Metformin reagierten, hatte der Zusatz von Linagliptin den Glukosestoffwechsel deutlich verbessert (gemessen am OGGT). Die Verbesserung der ß-Zell-Funktion war anhaltend. (5)ci Rep. 2021 Apr 22;11(1):8750. DOI: 10.1038/s41598-021-88108-8. (6)Metabolism. 2020 Mar;104:154054. DOI: 10.1016/j.metabol.2019.154054.

DPP4-Hemmer gegen Arteriosklerose

DPP4-Hemmer beugen einer vorzeitigen Arteriosklerose vor. Zusätzlich zu ihren Blutzucker senkenden Wirkung senken sie atherosklerotische Risikofaktoren, indem sie die Blutfette regulieren und den Blutdruck senken.  Sie üben anti-atherosklerotische Wirkungen auch direkt aus, und zwar über mehrere Mechanismen, darunter über eine Verbesserung der Endothelzellfunktion, eine Erhöhung zirkulierender endothelialer Vorläuferzellen (EPCs), über die Regulierung von Makrophagen und der glatten Muskelzellen der Arterienwände, über eine antientzündliche und antioxidative Wirkung. Wenn arteriosklerotische Plaques vorliegen, helfen sie, deren Instabilität zu verhindern. (7)Eur J Pharmacol. 2020 May 15;875:173037. DOI: 10.1016/j.ejphar.2020.173037. Über diese Wirkungen wirken DPP4-Hemmer einer Alterung von Blutgefäßen entgegen. (8)Front Endocrinol (Lausanne). 2021 Aug 17;12:731273. DOI: 10.3389/fendo.2021.731273.

DPP4-Hemmer gegen diabetische Nierenschädigung

Oxidativer Stress ist einer der nierenschädigenden FAktoren im diabetischen Spätsyndrom. In einer Untersuchung wurde gezeigt, dass Linagliptin bei Patienten mit Typ-2-Diabetes die Marker von oxidativem Stress senken und die tubuläre Nierenfunktion vor einer weiteren Verschlechterung schützen konnte. (9)Diabetol Int. 2018 Sep 28;10(2):148-152. DOI: 10.1007/s13340-018-0376-9.

Substanz-Entwicklung

Orale Medikamente sind beispielsweise Sitagliptin (Januvia ® ), Vildagliptin (Galvus ®, in Kombination mit anderen Antidiabetika) und Linagliptin, Saxagliptin und Alogliptin. Linagliptin (Trajenta® ) wirkt selektiver und hat eine längere Wirksamkeit als die Hemmer der ersten Generation. (10)Curr Diabetes Rev. 2011 Sep;7(5):325-35. DOI: 10.2174/157339911797415648.

Als Herausforderung bei den Entwicklungen gilt eine genügende Spezifität der Hemmer bezüglich DPP-4, so dass anderer Peptide wie DPP-8 und DPP-9 nicht beeinflusst werden.

Substanzen, die eine ähnliche Wirkung wie DPP-4-Hemmer aufweisen, sind die Inkretin-Mimetika. Diese sind Analoga der natürlicherweise im Dünndarm auf Glukosereiz hin gebildete Inkretine (wie das GLP-1), die von der Dipeptidylpeptidase-4 nicht oder langsamer als die natürlichen Inkretine abgebaut werden. Sie werden wegen günstigerer Eigenschaften vielfach den DPP-4-Hemmern der ersten Generation bevorzugt.

Verweise

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


Literatur

Literatur
1Curr Opin Drug Discov Devel. 2008 Jul;11(4):512-32
2Endocr Rev. 2014 Dec;35(6):992-1019. DOI: 10.1210/er.2014-1035
3Postgrad Med. 2016 Nov;128(8):747-754. DOI: 10.1080/00325481.2016.1238280.
4Cochrane Database Syst Rev. 2008 Apr 16;(2):CD006739
5ci Rep. 2021 Apr 22;11(1):8750. DOI: 10.1038/s41598-021-88108-8.
6Metabolism. 2020 Mar;104:154054. DOI: 10.1016/j.metabol.2019.154054.
7Eur J Pharmacol. 2020 May 15;875:173037. DOI: 10.1016/j.ejphar.2020.173037.
8Front Endocrinol (Lausanne). 2021 Aug 17;12:731273. DOI: 10.3389/fendo.2021.731273.
9Diabetol Int. 2018 Sep 28;10(2):148-152. DOI: 10.1007/s13340-018-0376-9.
10Curr Diabetes Rev. 2011 Sep;7(5):325-35. DOI: 10.2174/157339911797415648.