Die tuberöse Sklerose (Morbus Bourneville Pringle) (tuberös: vorwölbend; Sklerose: verhärtetes, narbiges Gewebe) ist eine Multiorgankrankheit, die sich durch Hautknötchen, ein erhöhtes Tumorrisiko, speziell das von Hamartomen, und vielfältige neurologische Symptome, so vor allem durch Epilepsie, bereits im Kindesalter bemerkbar macht. Wegen der Vielfalt der Erscheinungsformen wird vom „Tuberöse Sklerose Komplex“ gesprochen (1)Handb Clin Neurol. 2015;132:97-109.


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Häufigkeit


Die tuberöse Sklerose ist nicht ganz selten. Die Inzidenz wird auf 1:6000 geschätzt (2)Ann N Y Acad Sci. 1991; 615():125-7.

Entstehung

Die tuberöse Sklerose ist durch eine Überaktivität des mTOR-Signalweges bedingt (3)Mol Brain. 2016 May 23;9(1):56. doi: 10.1186/s13041-016-0222-6, die meist durch eine de-novo-Mutation zustande kommt. In einigen Fällen (bis 20%) ist ein autosomal dominanter Erbgang nachweisbar. Zwei Gene (TSC1 auf Chromosom 9 und TSC2 auf Chromosom 16), die für Hamartin bzw. Tuberin kodieren, können durch Mutation zum Krankheitsbild führen. Die Produkte dieser Gene bilden einen gemeinsamen Komplex, der den Signalweg reguliert, in welchem mTOR (mammalian target of rapamycin) eine zentrale Bedeutung besitzt (PI3K-mTOR-Signalweg). Ist eines der beiden Gene durch Mutation verändert, so kommt es zu einer Veränderung dieses Komplexes, was wiederum eine Überaktivierung des PI3K-mTOR-Signalwegs zur Folge hat. Dies wirkt sich vielfältig aus, so vor allem in einer gestörten Zellproliferation und in einer gestörten synaptischen Plastizität der Neurone des Gehirns und des Nervensystems. So erklärt sich bei der tuberösen Sklerose die Neigung zu epileptischen Anfällen und autistischem Verhalten. Die zugrunde liegende Überaktivität des mTOR-Signalweges bietet einen Ansatzpunkt für eine wirksame Therapie der Symptomatik und der assoziierten Tumore.

Klinik und Symptomatik

Die Auswirkungen der tuberösen Sklerose sind vielfältig (4)PLoS One. 2016 May 12;11(5):e0155331. doi: 10.1371/journal.pone.0155331. eCollection 2016. (5)Lung. 2015 Oct;193(5):619-27.

  • Fehlbildungen: Bei Säuglingen können bereits Hamartome (Tumore aus fehl entwickeltem embryonalen Gewebe) auffällig werden. In Kindheit und Jugend nehmen die typischen kleinknotigen Hautveränderungen zu; es handelt sich um sklerosierende Gefäßmissbildungen (Angiofibrome).
  • Tumore: Es entwickeln sich zunehmend Tumore, wie renale und hepatische Angiomyolipome, eine Lymphangioleiomyomatose und multifokale mikronoduläre Pneumozytenhyperplasie (MMPH) der Lungen sowie subependymale Riesenzellastrozytome des Gehirns. Alle diese meist benignen Tumore verursachen verschiedenartige Symptome und können, wie vor allem häufig die Nieren- und die Lungenbeteiligung zum Tode führen. Auch die eher seltenen kardialen Rhabdomyome (muskuläre Geschwulste des Herzens) können durch Herzsymptome (Rhythmusstörungen, Herzinsuffizienz) eine schwere Lebensbeeinträchtigung verursachen.
  • Neurologische und psychiatrische Auffälligkeiten: Praktisch alle Betroffenen sind neuropsychiatrisch auffällig. Es treten spastische Verkrampfungen und die für die tuberöse Sklerose typischen epileptischen Anfälle auf.
  • Verhaltensstörungen: Etwa die Hälfte der Betroffenen ist intellektuell eingeschränkt und weist sprachliche Entwicklungsstörungen, Verhaltensstörungen und autistische Symptome auf. (6)Mol Brain. 2016 May 23;9(1):56. doi: 10.1186/s13041-016-0222-6.

Therapie

Neurologische Symptome und Tumore, die im Rahmen der tuberösen Sklerose auftreten, sprechen, wie bisherige Erfahrungen zeigen, auf mTOR-Hemmer, wie Everolimus, an (7)Biologics. 2013;7:211-21 (8)Exp Ther Med. 2015 Feb;9(2):626-630 (9)Epilepsy Behav Case Rep. 2015 Aug 12;4:63-6 (10)Paediatr Drugs 2020 Feb;22(1):73-84. doi: 10.1007/s40272-019-00376-0. . Beobachtungen zeigen, dass sich unter Everolimus auch Verhaltensauffälligkeiten und autistische Symptome bessern (11)Mol Brain. 2016 May 23;9(1):56. doi: 10.1186/s13041-016-0222-6. Auch Sirolimus scheint wirksam zu sein, wie sich am Rückgang von Angiomyolipomen und von sporadischen Lymphangioleiomyomatosen zeigte (12) 2008 Jan 10;358(2):140-51. doi: 10.1056/NEJMoa063564.. Studien dazu müssen abgewartet werden.

Verweise

 


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Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


 

 

Literatur[+]