Probiotika
Probiotika sind lebende Bakterien, die bei Aufnahme in den Darm günstige Wirkungen für den Körper hervorrufen. Das Konzept, schädliche Bakterien der Darmflora durch nützliche zu ersetzen, geht auf Elie Metchnikoff (1907) zurück [1].
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Inhaltsverzeichnis
Voraussetzung für die Bezeichnung
Damit Bakterien als Probiotika gewertet werden können, müssen sie genotypisch und phänotypisch identifiziert und taxonomisch eingeordnet sein. Vielfach sind die günstigen probiotischen Eigenschaften nur für bestimmte Stämme spezifisch, nicht dagegen für nahe verwandte. Die Einordnung einer Spezies als Probiotika lässt sich nicht automatisch auf andere Stämme oder Spezies desselben Genus übertragen.
Wirkmechanismen
Es wurden Wechselbeziehungen (“cross-talk”) zwischen der Bakterienflora des Darms und der Darmschleimhaut (Darmmukosa), dem Immunsystem und dem Gehirn gefunden.
Eine sehr direkte Wechselwirkung betrifft den Cross-Talk mit Lymphozyten in der Darmwand. Unter ihnen sind die natürlichen Killerzellen offenbar die wesentlichen Partner einer bidirektionalen Beziehung zwischen Mikrobiom und Wirt, deren Aktivität das Gleichgewicht zwischen ihnen bestimmt und Entzündungen vermeiden kann (1)Clin Immunol. 2015 May 16. pii: S1521-6616(15)00170-9.. Eine Entzündung ist immer mit einer ständig gestörten Integrität der Darmschleimhaut verbunden, wodurch es zu vermehrtem Eintritt von Bakterien und auch von bakteriellen Toxinen (u. a. von Lipopolysacchariden, die als Endotoxine wirken, kommt. Die wiederum wirken sich vielfältig im Körper aus und führen u. a. zu Auswirkungen an entfernten Organen
In den Leber kommt es zu einer vermehrten TNF-alpha-Produktion in den Kupffer’schen Sternzellen (2)J Nutr Biochem. 2013 Sep;24(9):1609-15.
Bei der Hirn-Darm-Mikrobiom-Wechselwirkung spielt Serotonin als Neurotransmitter eine zentrale Rolle. Es wird vermutet, dass das Darmmikrobiom die Bildung von Tryptophan des Wirts in den enterochromaffinen Zellen des Dickdarms steigert, wodurch die des Serotonins reduziert wird (3)Behav Brain Res. 2015 Jan 15;277:32-48 Cell. 2015 Apr 9;161(2):264-76. Auch ein Einfluss der von Bakterien ausgehenden Mediatorstoffe auf die Bluthirnschranke wird vermutet (4)Gut Pathog. 2013 Mar 14;5(1):3. doi: 10.1186/1757-4749-5-3.
Probiotisch wirksame Bakterienstämme
Häufig untersuchte probiotisch wirksame Bakterienstämme sind
- Bifidobakterien: Bifidobacterium bifidum, Bifidobacterium lactis, Bifidobacterium infantis 35624, Bifidobacterium breve BR03 und
- Laktobazillen: Lactobacillus acidophilus (z. B. R0052), Lactobacillus plantarum, Lactobacillus salivarius LS01, Lactobacillus rhamnosus GG.
.
Wirkungen der Probiotika
Probiotika wurden wegen ihrer vielfältigen günstigen Wechselwirkungen mit dem Immunsystem [2] [3] hinsichtlich ihrer Wirkung bei vielen immunologisch bedingten und entzündlichen Krankheiten untersucht. Zu den günstigen Wirkungen zählen die folgenden:
- Darm
- Darmschleimhaut: Stabilisierung der Barrierefunktion der Darmmukosa gegenüber pathogenen Keimen [4],
- günstige Beeinflussung der Darmmotorik [5].
- günstige Beeinflussung des Reizdarmsyndroms und der chronisch idiopathischen Verstopfung [6],
- Vorbeugung von Krankheiten durch Infektionserreger (nicht nur von Darmkrankheiten, auch z. B. von Harnwegsinfekten [7]),
- Günstige Beeinflussung von Darmentzündungen (z. B. bei Colitis ulcerosa) [8],
- Vorbeugung und günstige Beeinflussung von Durchfällen unter Antibiotikatherapie [9] [10],
- Haut
- Vorbeugung und günstige Beeinflussung von Hautkrankheiten, wie einer atopischen Dermatitis [11] [12] oder eines allergischen Ekzems bei Neugeborenen [13].
- Leber
- Stoffwechsel
- Günstige Wirkung beim Diabetes mellitus [18], und möglicherweise beim Gestationsdiabetes [19].
- Günstige Wirkung auf den Cholesterinspiegel im Blut Exp Diabetes Res. 2012;2012:902917. doi: 10.1155/2012/902917 und damit vermutlich auf die koronare Herzkrankheit J Altern Complement Med. 2015 May;21(5):288-93.
- Allergie
- Günstige Wirkungen beim allergischen Asthma [20].
- Gehirn
- Günstige Beeinflussung und Prophylaxe einer minimalen hepatischen Enzephalopathie [21] [22] [23]
- Wahrscheinlich günstige Wirkungen auf Depressionserkrankungen [24]. [25],
- Wahrscheinlich günstige Wirkung auf das chronische Müdigkeitssyndrom [26],
- Wahrscheinlich günstige Wirkung beim Autismus [27] (siehe hier).
Verweise
Literatur
- ? Metchnikoff, E. 1907. Essais optimistes. Paris. The prolongation of life. Optimistic studies. London: Heinemann
- ? J Gastroenterol. 2009;44(1):26-46
- ? Nat Rev Immunol. 2013 May; 13(5):321-35
- ? World J Gastroenterol. 2014 Jun 14;20(22):6832-43
- ? Neurogastroenterol Motil. 2009 May;21(5):477-80
- ? Am J Gastroenterol. 2014 Oct;109(10):1547-61
- ? Int J Antimicrob Agents. 2008 Feb;31 Suppl 1:S63-7
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- ? World J Gastroenterol. 2014 Dec 21;20(47):17788-95
- ? Cochrane Database Syst Rev. 2013 May 31;5:CD006095. doi: 10.1002/14651858.CD006095.pub3.
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- ? Pediatr Allergy Immunol. 2010 Mar;21(2 Pt 2):e386-93
- ? Alcohol. 2009 Mar;43(2):163-72
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- ? World J Hepatol. 2015 Mar 27;7(3):559-65
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- ? Allergy Asthma Immunol Res. 2015 Jul;7(4):409-13
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- ? J Res Med Sci. 2014 Aug;19(8):703-8
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- ? Med Hypotheses. 2005;64(3):533-8
- ? Inflammopharmacology. 2014 Dec;22(6):333-9
- ? Med Hypotheses. 2003 Jun;60(6):915-23
- ? Gastroenterol Res Pract. 2011;2011:161358. doi: 10.1155/2011/161358.
Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).
Literatur