Hepatopulmonales Syndrom

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Hepatopulmonales Syndrom (engl.: hepatopulmonary syndrome, HPS) bedeutet Störung der Lungenfunktion bei Leberzirrhose ohne pulmonale Hypertonie, bedingt durch intrapulmonale Shunts. Charakteristisch ist eine Sauerstoffuntersättigung des Bluts (Hypoxämie) ohne ausreichende Erklärung durch eine eigenständige Lungen- oder Herzerkrankung. Eine ursächliche Behandlung ist nicht bekannt; ultima ratio ist eine Lebertransplantation, in deren Folge sich das Syndrom zurückbilden kann (1)HEP Rep. 2022 Jul 4;4(9):100527. doi: 10.1016/j.jhepr.2022.100527


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Häufigkeit

Das hepatopulmonale Syndrom (HPS) findet sich bei Leberzirrhose im Endstadium in 5-29% der Fälle und hat eine hohe Mortalität. (2)Clin Chest Med. 1996; 17: 35-48

Entstehung

Ein HPS kann bei Leberzirrhose, aber auch beim Budd-Chiari-Syndrom und anderen nichtzirrhotischen portalen Hypertensionen zustande kommen.  (3)Am J Gastroenterol 2001; 96: 3395-3399 Als Ursache wird eine Imbalance zwischen vasodilatierenden und vasokonstrigierenden Effekten angenommen. Es finden sich intrapulmonale Gefäßerweiterungen und Shunts.

Eine Prostacyclin I2- und NO-vermittelte Vasodilatation, die sowohl im Lungenstromgebiet als auch in der Peripherie eintritt, scheint ein Teilfaktor zu sein, der zu einem hyperdynamen Kreislauf führt. In der Lungen öffnen sich arteriovenöse Kurzschlüsse, so dass venöses Shuntblut in den großen Kreislauf gelangt und zu einer Sauerstoffuntersättigung führt. Pathogenetisch aktiviert NO eine Guanylatcyclase im glatten Muskel der Gefäßwand, was zur deren Erschlaffung führt. Die Enzymstimulation durch NO kann durch Methylenblau gehemmt werden.

Das HPS unterscheidet sich von einer portopulmonalen Hypertension (PPHTN), bei der eine präkapilläre Obliteration der kleinen Blutgefäße in der Lunge zu finden ist. Eine Echokardiographie lässt beide ENtitäten unterscheiden, da bei einer PPHTN eine Rechtsherzbelastung erkennbar ist, die bei einem HPS fehlt. (4)Curr Treat Options Cardiovasc Med. 2007 Apr;9(2):127-36. doi: 10.1007/s11936-007-0006-5

Klinik

Bei einer Leberzirrhose im Endstadium findet sich ein HPS mit 10-30% relativ häufig. Meist ist es asymptomatisch bzw. subklinisch. Bei einem “klinisch apparenten” HPS kommt es häufig (>50%) zu einer subjektiven Luftnotsymptomatik, die bei Aufrichtung des Körpers verstärkt wird. (5)Hepatology. 2014;59:1627–1637. doi: 10.1002/hep.26745 Das HPS trägt zum hyperdynamen Kreislaufsyndrom mit Tachykardie bei. Es werden gehäuft mikroembolische Hirninfarkte beschrieben (Mikroembolie, die die dilatierten Lungengefäße passieren). (6)Schenk P et al. Gut 2002; 51: 853-859

Der Schweregrad eines HPS kann am Sauerstoffpartialdruck des Bluts abgelesen werden: (7)Transplantation. 2016;100:1440–1452

Mild≥80 mmHg
Mäßig60–79 mmHg
Schwer50–59 mmHg
Sehr schwer<50 mmHg

Diagnostik

Beim HPS dominiert eine Hypoxämie, die bereits pulsoximetrisch erfassbar ist. Die Diagnostik umfasst den Nachweis einer respiratorischen (Partial)insuffizienz, die Bestimmung des intrapulmonalen Shuntvolumens (unter 100% O2, Orthostasetest), ggf. eine DSA zusammen mit Dünnschicht-CT der Lungen zum Nachweis kalibererweiterter Lungenkapillaren und eine transthorakalen Kontrastechokardiographie zum Nachweis einer deutlich verkürzten Passagezeit durch die Lungen. Werte für PaO2 in der Blutgasanalyse von < 65 mm Hg haben einen fast 100%igen Vorhersagewert. (8)Gut 2002; 51: 853-859

Eine Differentialdiagnose zum HPS ist die portopulmonalen Hypertension (PPHTN). Bei ihr dominiert eine Erhöhung des systolischen Druck in der Pulmonalarterie in der Regel auf über 30 mm Hg (Rechtsherzkatheter, Echokardiographie).

Therapie

Eine venöse Dekompression zeigt beim Budd-Chiari-Syndrom mit HRS in der Mehrzahl der Fälle eine Besserung der pulmonalen Hämodynamik. (9)Gastroenterology 2002; 122: 897-903 Eine TIPSS-Therapie zur Dekompression der Pfortader vermag das HPS zu bessern, was aber kontrovers diskutiert wird. (10)J Vasc Interv Radiol. 2004 Jun;15(6):647-8. doi: 10.1097/01.rvi.0000127885.68272.e9. (11)Curr Gastroenterol Rep 2000; 2: 61-71

In einem Test an 7 Patienten mit Leberzirrhose führte Methylenblau (s.o.) zu einer Verbesserung der Hypoxämie und der hyperdynamen Kreislaufsituation. (12)Ann Int Med 2000; 133: 701-706 Eine kontinuierliche Infusion von Epoprostenol (Prostaglandin I2) kann die Hämodynamik verbessern, ist aber keine Dauerlösung. (13)Curr Treat Options Cardiovasc Med 2002; 4: 267-2739

In seltenen Fällen kann diese Komplikation eine Indikation zur Lebertransplantation darstellen, auch wenn die Leberfunktion selbst dies noch nicht rechtfertigen würde. Die Lebertransplantation wird heute als einzige Behandlung mit Langzeiterfolg angesehen. (14)Acta Gastroenterol Belg. 2007 Apr-Jun;70(2):203-9 Das hepatopulmonale Syndrom ist prinzipiell nach einer Lebertransplantation reversibel. (15)Schleimer K et al . 9.Jahrestagung der Deutschen Transplantationsgesellschaft, 2000: Vortrag 139 Ein ausgeprägtes HPS bedeutet ein erhöhtes Operations- und perioperatives Risiko für eine Transplantation.

Zur Behandlung des portopulmonalen Syndroms siehe dort.

Verweise

 


Autor: Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (s. Impressum)


 

Literatur[+]