Choledocholithiasis

Artikel aktualisiert am 4. Februar 2023

Choledocholithiasis bedeutet Gallenstein(e) im gemeinsamen Gallenausführgang (Ductus hepatocholedochus). Sie kann schwerwiegende Komplikationen hervorrufen, wie eine Entzündung und einen Verschluss mit Gelbsucht. Eine primäre Choledocholithiasis bezieht sich auf Steine, die direkt im Gallengang gebildet werden, eine sekundäre auf solche, die aus der Gallenblase stammen und in den Ausführgang gewandert sind. Die primären Steine sind in der Regel braune Steine (Kalziumbilirubinat) und können infektiöser Genese oder Folge einer Hämolyse sein. Die sekundären sind dagegen i.d.R. Cholesterinsteine. (1)J Hepatol. 2016;65:146–181 Wegen der Komplikationsträchtigkeit sollten Konkremente im Gallenausführgang entfernt werden; in der Regel erfolgt dies endoskopisch über ERCP mit Papillotomie und Steinextraktion.

Gallensteinleiden (Cholelithiasis)
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Inzidenz

Bei etwa 5 % bis 15 % der Gallenblasenoperationen (Cholezystektomien) wegen Gallensteinen (Cholelithiasis) finden sich auch Konkremente im Gallengang. (2)World J Gastroenterol. 2021 Jul 28;27(28):4536-4554. DOI: 10.3748/wjg.v27.i28.4536

Besonderheiten

Eine Choledocholithiasis weist folgende Besonderheiten auf:

  • Steine im Gallengang können einen Verschluss mit der Folge eines Gallestaus (Cholestase) und einer Gelbsucht (Ikterus) hervorrufen und zu Entzündungen der Gallenwege (Cholangitis) prädisponieren.
  • Sie prädisponieren zu Koliken und einer Bauchspeicheldrüsenentzündung (biliäre Pankreatitis).
  • Sie können meist endoskopisch entfernt werden (ERCP mit Papillotomie und Steinextraktion).

Diagnostik

Choledocholithiasis im Ultraschallbild
Sonographie: Im Gallengang kurz vor dem Ausgang gelegener großer Gallenstein mit Stau des Gallengangs (obstruktive Cholestase) Gut erkennbar der helle Reflex mit dem Schallschatten rechts im quer gelegenen dunklen Band des gestauten Gallengangs.

Anamnese: Eine Symptomatik von kolikartigen rechtsseitigen bis mittigen Oberbauchschmerzen (Gallenkoliken) veranlassen eine rasche Diagnostik. Koliken weisen auf eher kleine Konkremente hin, die bei der Passage durch den Sphincter Oddi eine Verkrampfung auslösen. Große Steine im Gallengang führen eher zu den Komplikationen einer akuten oder schwelenden bakteriellen Gallenwegsentzündung (eitrige Cholangitis), chronischen Schmerzen und Gallestau (obstruktive Cholestase) mit Gelbsucht (Ikterus).

Ultraschalluntersuchung: Sie lässt Gallensteine in der Gallenblase erkennen. Von ihnen können immer wieder kleine Konkremente „auf Wanderschaft“ gehen und über den Choledochus in den Dünndarm abgehen. Während dieser Passage können sie Beschwerden bereiten. Sie sind aber nicht immer nachweisbar. Größere Konkremente, die nicht gleich in den Dünndarm abgehen, verbleiben im Gallengang (Choledochus) und wachsen allmählich. Nachweisbar ist ein Gallengangskonkrement vor allem dann, wenn gleichzeitig ein Gallestau vorliegt. Eine Sonographie lässt meist auch eine durch Gallensteine ausgelöste „biliäre“ Pankreatitis erkennen.

Laborwerte: Erhöhte Cholestaseparameter weisen auf einen Gallestau, Entzündungsparameter auf eine Entzündung der Gallenwege und Pankreaswerte auf eine Bauchspeicheldrüsenentzündung (akute biliäre Pankreatitis) hin.

ERC: Choledocholithiasis und Cholezystolithiasis
Steine im Gallengang (Choledocholithiasis) und in der Gallenblase (Cholezystolithiasis). Darstellung bei einer ERC. Die Steine im Gallengang werden durch Papillotomie und Extraktion entfernt; anschließend soll eine Gallenblasenoperation (Cholezystektomie) erfolgen.

Bildgebende Verfahren: Im Vordergrund steht der Steinnachweis durch bildgebende Verfahren. Besonders aussagekräftig ist die MRCP. Eine ERC zu rein diagnostischen Zwecken ist wegen der hohen Aussagekraft der MRCP verlassen worden. Sie wird dann durchgeführt, wenn gleichzeitig eine endoskopische Steinentfernung (Papillotomie und Steinextraktion) geplant ist. (3)Gastrointest Endosc. 2019 Jun;89(6):1075-1105.e15. DOI: 10.1016/j.gie.2018.10.001

Therapie

Die meisten Gallengangssteine (Choledocholithiasis) können endoskopisch über eine ERC mit Papillotomie und Steinextraktion erfolgreich entfernt werden. Eine Erweiterung der Papille (Papilla Vateri) durch eine Ballondilatation scheint bei großen Steinen jedoch der Shincterotomie laut statistischer Untersuchung überlegen zu sein. (4)Endosc Int Open. 2022 Dec 15;10(12):E1599-E1607. DOI: 10.1055/a-1958-2348

Besteht bei einem Steinnachweis in der Gallenblase (Cholecystolithiasis) gleichzeitig eine Indikation für eine Gallenblasenentfernung (Cholezystektomie), so kann vor der (meist laparoskopischen) Operation eine endoskopische Bereinigung des Gallengangs erfolgen. Dies erspart es dem Operateur, intraoperativ den Gallengang zu eröffnen, was die Operation verlängert und mit etwas erhöhtem Komplikationsrisiko verbunden ist. Eine endoskopische Behandlung, die selbst mit einer Komplikationsrate von 6-15% verbunden ist, kann bei operativ voraussichtlich schwer erreichbaren Steinen indiziert sein; sie kann auch während der Operation erfolgen. Ein Vergleich zwischen dem zweizeitigen und der einzeitigen Vorgehen zeigt keine Unterschiede im Ergebnis bezüglich Erfolgsraten, postoperativer Morbidität, Steinentfernung, Sterblichkeit, Umstellung auf andere Verfahren, Gesamtoperationszeit und Rate an Misserfolgen. Die Behandlung in einer Sitzung ist jedoch bezüglich Dauer des Krankenhausaufenthalts und Kosten günstiger. (5)World J Gastroenterol. 2021 Jul 28;27(28):4536-4554. DOI: 10.3748/wjg.v27.i28.4536  (6)Gastrointest Endosc. 2019 Jun;89(6):1075-1105.e15. doi: 10.1016/j.gie.2018.10.001

Ist eine endoskopische Steinextraktion wegen Impaktierung eines Konkrements nicht möglich, so kann passager ein Stent zur Drainage und Dekompression der gestauten Gallenwege gelegt werden. Dies ist dann erforderlich, wenn vor einer geplanten Operation eine eitrige Cholangitis zu behandeln ist. (7)Gastrointest Endosc. 2019 Jun;89(6):1075-1105.e15. DOI: 10.1016/j.gie.2018.10.001.


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Verweise

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


Literatur

Literatur
1J Hepatol. 2016;65:146–181
2World J Gastroenterol. 2021 Jul 28;27(28):4536-4554. DOI: 10.3748/wjg.v27.i28.4536
3Gastrointest Endosc. 2019 Jun;89(6):1075-1105.e15. DOI: 10.1016/j.gie.2018.10.001
4Endosc Int Open. 2022 Dec 15;10(12):E1599-E1607. DOI: 10.1055/a-1958-2348
5World J Gastroenterol. 2021 Jul 28;27(28):4536-4554. DOI: 10.3748/wjg.v27.i28.4536
6Gastrointest Endosc. 2019 Jun;89(6):1075-1105.e15. doi: 10.1016/j.gie.2018.10.001
7Gastrointest Endosc. 2019 Jun;89(6):1075-1105.e15. DOI: 10.1016/j.gie.2018.10.001.