Unkomplizierte Harnwegsinfektionen

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Akute unkomplizierte Harnwegsinfektionen (uncomplicated urinary tract infection) betreffen in der Regel nur die unteren Harnwege (Harnröhre, Blase). Sie heilen in der Hälfte der Fälle spontan aus. Um die Beschwerdephase abzukürzen, werden jedoch häufig von vorneherein Antibiotika verordnet.

Definition

Unkompliziert ist ein Harnwegsinfekt dann,

  • wenn er nicht durch eine funktionelle oder anatomische Veränderung bedingt ist oder gefördert wird,
  • wenn auch keine Nierenerkrankung oder eine prädisponierende andere Bedingung (z. B. eine Abwehrschwäche, ein Diabetes mellitus, höheres Alter oder eine immunsuppressive Therapie) vorliegt und
  • wenn der Verlauf nicht durch eine aufsteigende Infektion mit Pyelonephritis kompliziert ist.

Ursachen

Meistens ist unzureichende Intimhygiene die Ursache für eine unkomplizierte Harnwegsinfektion. Häufigster Erreger ist E. coli.

Symptomatik

Die unkomplizierte Urethritis (Entzündung der Harnröhre) und Zystitis (Blasenentzündung) machen sich lediglich durch Beschwerden beim Wasserlassen bemerkbar, dazu gehören Dysurie, Algurie, Strangurie und Pollakisurie.

Die unkomplizierte Pyelonephritis macht sich durch Flankenschmerz und ein klopfschmerzhaftes Nierenlager bemerkbar.

Je weiter der Harnwegsinfekt aufgestiegen ist, desto häufiger kommen Fieber und allgemeines Krankheitsgefühl hinzu und desto seltener ist die Spontanheilung.

Diagnostik

Der typische Urinbefund mit Bakteriurie plus Ausscheidung von Leukozyten, Erythrozyten und etwas Eiweiß (Proteinurie) beweist die Harnwegsinfektion. Eine Bakterienausscheidung ohne Leukozyturie und ohne Symptomatik wird als „asymptomatische Bakteriurie“ von der unkomplizierten Harnwegsinfektion abgegrenzt. Sie ist abzugrenzen von einer bakteriellen Kontamination des Urins außerhalb des Harntrakts.

Treten Harnwegsinfektionen gehäuft auf, so muss die Diagnostik bezüglich anderer auslösender Ursachen und prädisponierender Faktoren internistisch und urologisch abgeklärt werden.

Urinuntersuchung

Therapie

Die Spontanheilungsrate eines unkomplizierten Harnwegsinfekts liegt bei 25 – 42 %. Antibiotika verbessern jedoch die Heilungs- und Reinfektionsraten erheblich. (1)J Infect 2009;58:91-102 Verwendet werden bei der unkomplizierten Zystitis häufig Fosfomycin-Trometamol (3000 mg, 1 Tag), Nitrofurantoin (4 x 50 mg, 7 Tage) und Pivmecillanam (2 x 200 mg, 7 Tage), bei der unkomplizierten Pyelonephritis Fluochinolone (z. B. Ciprofloxacin 2 x 400 mg, 7 – 10 Tage). (2)Dtsch Arztebl Int 2011;108(24):415-23 Bei der unteren unkomplizierten Harnwegsinfektion wird oft auf eine bakteriologische Untersuchung verzichtet.

Da bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen immer wieder Antibiotika verordnet werden, tragen sie erheblich zu einer Resistenzentwicklung der beteiligten Bakterienstämme bei. Um dies zu verringern, werden immer wieder nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAID) eingesetzt. Eine Metaanalyse besagt jedoch, dass die Nebenwirkungsrate in dieser Gruppe höher war und dass eine Pyelonephritis durch NSAID weniger häufig verhindert wurde. (3)SAGE Open Med. 2022 Sep 4;10:20503121221122392. doi: 10.1177/20503121221122392. (4)BMC Infect Dis. 2021 Jun 29;21(1):619. doi: 10.1186/s12879-021-06323-0

Die Ausheilung einer unkomplizierten Harnwegsinfektion kann durch erhöhte Trinkmenge gefördert werden; ansonsten steht eine antibiotische Therapie an; häufig ist eine einmalige Dosis von Fosfomycin oder Nitrofurantoin ausreichend (siehe hier). Wenn sie nicht behandelt wird, sollte sie z. B. bei Schwangeren und Abwehrgeschwächten jedoch kontrolliert werden.

Cave: Angaben zu Dosierungen nicht ungeprüft übernehmen.

→ Mehr zur Harnwegsinfektion siehe hier.


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Verweise

 

Literatur[+]