Stauungsleber
Stauungsleber beschreibt einen Leberschaden durch akute oder chronische Blutstauung. Der mangelhafte Blutabstrom hat eine Auswirkung auf die Feinstruktur und die Funktion der Leber. 1)Hepatology. 2018 Oct;68(4):1633-1641. doi: 10.1002/hep.30048. Epub 2018 Sep 22. PMID: 29672883; … Continue reading
Histologisch liegt eine Störung der läppchenzentralen Leberarchitektur mit Aufweitung der Sinusoide und Leberzellnekrosen vor. Es besteht eine Tendenz zur Narbenbildung (Entwicklung einer Leberzirrhose, Cirrhose cardiaque).
Die Störung der Leberfunktion lässt sich an Veränderungen der Glutaminsynthese und der cytochromabhängigen Entgiftungsmechanismen erkennen.
→ Zur Anatomie und Funktion der Leber siehe hier.
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Das Wichtigste
Kurzgefasst |
Stauungsleber bedeutet eine durch akute oder chronische Blutstauung geschädigte Leber.
Ursache der Blutstauung ist eine Abflussstörung des Lebervenenbluts, in der Regel bedingt durch eine unzureichende Funktion des rechten Herzens (der rechten Herzkammer), die wiederum meist durch eine Widerstandserhöhung im Lungenkreislauf bedingt ist. Es wird eine akute und eine chronische Stauungsleber unterschieden:
Die Behandlung der Stauungsleber zielt auf die Behebung der Ursache (siehe hier). |
Entstehung
Ursachen können eine akute oder chronische Widerstandserhöhung im kleinen Kreislauf, eine Herzerkrankung oder eine chronische Herzbeutelentzündung im Sinne einer Pericarditis constrictiva sein. Durch Rückstau des Bluts kommt es zu einer Aufweitung der Lebervenen und der Sinusoide und wegen des verlangsamten Abflusses zu einer erhöhten Sauerstoffausnutzung. Dadurch wird besonders der venöse Schenkel der Lebersinusoide geschädigt. Es kommt zu Verfettungen und Zelluntergängen. Da zentrolobulär viele Entgiftungsvorgänge lokalisiert sind (Zytochrom P-450), kann der Stoffwechsel von Medikamenten (z. B. Antiarrhythmika, Antikoagulanzien) gestört sein. Die Blutstauung führt zu einer Vergrößerung und dunkel-lividen Verfärbung mit Blutstauungsstraßen (Muskatnussleber). Die Abflussstörung setzt sich in das Portalvenengebiet fort und führt zu einem Pfortaderhochdruck (portalen Hypertension). Bei lange bestehender Stauung kommt es zu einer zunehmenden Vernarbung (Leberfibrose; Endzustand Leberzirrhose, Cirrhose cardiaque).
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Verlauf
Akute Stauungsleber
Die akute Stauungsleber ist ein dramatisches Ereignis, das im Rahmen beispielsweise einer großen Lungenembolie, aber auch bei akutem Lebervenenverschluss (Budd-Chiari-Syndrom) eintreten kann. Es kommt zu einer raschen Schwellung der Leber mit akut auftretendem Leberkapselspannungsschmerz. Die Leber ist spontan und besonders auf Palpation schmerzhaft.
Ultraschalluntersuchung der Leber: Bei der Lebersonographie ist die Leber vergrößert, in ihrer Echostruktur vermindert, weich und verformbar; sie hat eine glatte Oberfläche und einen abgerundeten Rand. Es kann eine akute portale Hypertension mit Erweiterung der Pfortader und langsamem oder retrograden Fluss nachgewiesen werden (siehe Duplexsonographie der Leber).
Laborchemisch fällt ein extrem rascher und starker Anstieg der Transaminasen auf in einer Höhe wie bei einer akuten Hepatitis (Differenzialdiagnose!). Die GOT (ASAT) ist (anders als bei einer Hepatitis) höher als die GPT (ALAT).
Chronische Stauungsleber
Bei lange bestehender Rechtsherzinsuffizienz kommt es zur chronischen Stauungsleber mit Fibrosierung und schließlich zur Entwicklung einer Leberzirrhose (Cirrhose cardiaque).
Durch den gestörten Abfluss des Portalbluts im Rahmen der Rechtsherzinsuffizienz kann es zu einer portalen Hypertension kommen, die durch die Entwicklung einer Leberzirrhose verfestigt und verstärkt werden kann.
Klinik
Bei akuter Stauung Oberbauchschmerz durch Kapselspannung der Leber („Leberkapselspannungsschmerz„), bei chronischer Stauung unspezifische abdominelle Beschwerden und ggf. Symptome einer Leberzirrhose. (Differentialdiagnosen: siehe Bauchschmerzen)
Zeichen der Rechtsherzinsuffizienz: gestaute Halsvenen, tastbare druckempfindliche Leber, Ödeme, Zyanose.
Diagnostik
Sonographie
In der Sonographie der Leber findet man ein in der Regel vergrößertes Organ mit erweiterten Lebervenen bei prall gefüllter V. cava. Die akute Stauungsleber ist echöärmer als normal und hat einen abgerundeten Rand sowie eine glatte Oberfläche. Die chronische Stauungsleber weist eine verdichtete Echostruktur auf. Bei einer Leberzirrhose auf dem Boden einer chronischen Stauungsleber ist die Leberoberfläche nicht mehr glatt sondern feinhöckrig.
→ Mehr zur Sonographie der Leber.
Radiologische Methoden
Sie ermöglichen eine genauere Diagnostik; die Magnetresonanztomographie beispielsweise vermag gleichzeitig den Grad der Fibrosierung abzuschätzen. (Radiographics. 2016 Jul-Aug;36(4):1024-37. doi: 10.1148/rg.2016150207. Epub 2016 Jun 10. PMID: 27284758.))
Labor
Typisch ist eine Transaminasenerhöhung (GOT höher als GPT); bei der akuten Leberstauung können die Transaminasen so stark wie bei einer akuten Hepatitis ansteigen.
→ Mehr zu Laborwerten
→ Mehr zu Transaminasen
Therapie
Die Behandlung richtet sich nach der jeweiligen Ursache und den Folgen.
Medikamentös
Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung (kongestive Herzerkrankung, Lungenerkrankung mit Erhöhung des Perfusionswiderstandes), bei akuter großer Lungenembolie gegebenenfalls Lysetherapie. Der Medikamentenstoffwechsel kann bei Vorliegen einer Stauungsleber gestört sein (s. o.)!
Operativ
Eine operative Therapie kommt nur in seltenen Fällen bei geeigneter Grunderkrankung des Herzens oder der Lunge in Frage (beispielsweise Herzklappenoperation, Verschluss eines Shuntvitiums, Perikardektomie, Embolektomie aus der Arteria pulmonalis, Herz- oder Lungentransplantation).
Sonstiges
Beim Budd-Chiari-Syndrom ggf. Einlage eines transjugulären intrahepatischen portosystemischen Shunts (TIPS). Vermeidung leberschädigender Medikamente; Zurückhaltung mit Medikamenten, die in der Leber metabolisiert werden (wegen Abnahme der läppchenzentralen Detoxifizierungskapazität).
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Verweise
Fachinformationen
Patienteninformationen
Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).
Literatur
⇧1 | Hepatology. 2018 Oct;68(4):1633-1641. doi: 10.1002/hep.30048. Epub 2018 Sep 22. PMID: 29672883; PMCID: PMC6173624. |
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