Intrahepatische Schwangerschaftscholestase

Von Fachärzten geschrieben und wissenschaftlich überprüft.

Die intrahepatische Schwangerschaftscholestase (engl.: intrahepatic cholestasis of pregnancy, ICP) ist eine akut in der Schwangerschaft auftretende Leberkrankheit mit Gallestau (Cholestase) unbekannter Ursache. Sie tritt im dritten Trimenon auf und ist durch Juckreiz , erhöhte Spiegel an Gallensäuren und ein erhöhtes Risiko für das Kind charakterisiert. Ursächlich spielen Sexualhormone und ihre Metaboliten eine Rolle, die bei genetisch empfänglichen Frauen zur Entwicklung des Krankheitsbildes führen. (1)World J Gastroenterol. 2009 May 7;15(17):2049-66 DOI: 10.3748/wjg.15.2049 (2)J Clin Med. 2020 May 6;9(5):1361. doi: 10.3390/jcm9051361


Über facebook informieren wir Sie über Neues auf unseren Seiten!



Entstehung

Die intrahepatische Schwangerschaftscholestase ist eine hereditäre (erbliche, genetisch determinierte) Beeinträchtigung der Gallebildung in den Leberzellen (Hepatozyten). Ihr liegt wohl eine Mutation von Transportmechanismen an der gallenkapillären Membran zugrunde. Es wird eine Verwandschaft mit der progressiven familiären intrahepatischen Cholestase angenommen, bei der der Phospholipidtransfer von der Innen- auf die Außenseite der Membran gestört ist mit der Folge einer gestörten Bildung gemischter Mizellen in der Galle.

Auch bei der ICP wurden Mutationen des MDR3-Gens (codiert für die Phosphatidylcholin-Translokase) gefunden. (3)Gastroenterology 2003; 124: 1037-1042 Auch eine Beteiligung der Gallensäuren-Exportpumpe (BSEP) wird angenommen. (4)Scand J Gastroenterol 2003; 38: 648-652 Wahrscheinlich besteht eine genetische Heterogenität. (5)Gut 2003; 52: 1025-1029 (6)J Clin Med. 2020 May 6;9(5):1361. doi: 10.3390/jcm9051361

Es besteht eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Östrogenen in der Schwangerschaft.

Klinik

Es kommt meist im 3. Schwangerschaftsabschnitt (Trimenon) zu Abgeschlagenheit, starkem Juckreiz (Pruritus) und zu einer Gelbsucht (Ikterus).

Diagnostik

Labor

Unter den Laborwerten sind gamma-GT, ALAT und alkalische Phosphatase erhöht. Da diese Enzyme bei Schwangerschaft immer erhöht sind, ist eine solche Erhöhung allein nicht sehr aussagekräftig. Erhöht sind zudem LAP (Leucinaminopeptidase), Bilirubin (direkt) und Gallensäuren. Insbesondere eine Erhöhung des Bilirubins und der Gallensäurekonzentration im Serum bedeuten, wenn sie im letzten Schwangerschaftsdrittel auftreten, einen starken Hinweis. (7)Arch Dermatol. 2007 Jun;143(6):757-62

Differentialdiagnosen

Die intrahepatische Schwangerschaftscholestase ist differenzialdiagnostisch abzugrenzen von folgenden Erkrankungen:

Diagnostische Abgrenzung anderer Krankheiten

Die erste Diagnostik umfasst in aller Regel folgende Erkrankungen gleich mit:

  • Zur Abgrenzung mit einem Arzneimittelschaden der Leber dient eine genaue Anamnese.
  • Ein Abflusshindernis der Galle ist oft durch eine Ultraschalluntersuchung der Leber zu erkennen.
  • Die häufigste mit einer Gelbsucht im letzten Schwangerschaftsdrittel einhergehende Erkrankung ist das HELLP-Syndrom (siehe hier).
  • Differenzialdiagnostisch muss eine cholestatische Form einer infektiösen Leberentzündung (Hepatitis) einbezogen werden. Die Hepatitisserologie ist jedoch negativ – sofern nicht eine vorbestehende Virushepatitis vorliegt; in diesem Fall bedarf die Differenzialdiagnose einer genaueren Nachprüfung (z. B. Titeranstieg?).

Konsequenzen für das Kind

Das kindliche Risiko für Komplikationen hängt mit den Gallensäuren zusammen, die sich im fetalen Kompartiment anreichern können. Allerdings ist der Gallensäurespiegel im kindlichen Blut deutlich niedriger als im mütterlichen, wodurch das Kind weitgehend geschützt ist. (8) J Clin Med. 2023 Jan 12;12(2):616. DOI: 10.3390/jcm12020616 Wenn aber dennoch eine Schädigung eintritt. so gehörern zu den Konsequenzen Fehlfunktionen aller Organe inklusive Lungen und Herz. Es kann zu intrauterinem Tod sowie zu einer spontanen Frühgeburt kommen.

Therapie

Die Behandlung umfasst einige Maßnahmen, die individuell angewendet werden: Ursodesoxycholsäure vermag die Progredienz und die Schwere der Symptomatik zu verringern. (9)Hepatology. 2005;42:1399–1405 Cholestyramin (cave: bindet Ursodesoxycholsäure, nicht zusammen geben) kann Juckreiz bessern, Vitamin K dient der perinatalen Blutungsprophylaxe.

Bei resistentem schweren Juckreiz ist in Einzelfällen eine Plasmapherese mit Erfolg angewandt worden (10)Am J Obstet Gynecol. 2005 Jun;192(6):2088-9

Eine zunehmende Symptomatik sowie eine Verschlechterung der kindlichen Lebenszeichen sind Indikationen für eine elektive Geburtseinleitung, je nach Akuität auch eine Entbindung durch einen Kaiserschnitt.

Prognose

Alle Symptome sind in der Regel nach Beendigung der Schwangerschaft reversibel; es bleiben i.d.R. keine Leberschäden. Jedoch tritt eine ICP tritt in den meisten Fällen bei der nächsten Schwangerschaft erneut auf, wobei die Intensität unterschiedlich sein kann. Frauen mit einer ICP haben ein etwas erhöhtes Risiko für Gallensteine. (11)World J Gastroenterol. 2009 May 7;15(17):2049-66. doi: 10.3748/wjg.15.2049.

Verweise

 

 

Literatur

Literatur
1 World J Gastroenterol. 2009 May 7;15(17):2049-66 DOI: 10.3748/wjg.15.2049
2 J Clin Med. 2020 May 6;9(5):1361. doi: 10.3390/jcm9051361
3 Gastroenterology 2003; 124: 1037-1042
4 Scand J Gastroenterol 2003; 38: 648-652
5 Gut 2003; 52: 1025-1029
6 J Clin Med. 2020 May 6;9(5):1361. doi: 10.3390/jcm9051361
7 Arch Dermatol. 2007 Jun;143(6):757-62
8 J Clin Med. 2023 Jan 12;12(2):616. DOI: 10.3390/jcm12020616
9 Hepatology. 2005;42:1399–1405
10 Am J Obstet Gynecol. 2005 Jun;192(6):2088-9
11 World J Gastroenterol. 2009 May 7;15(17):2049-66. doi: 10.3748/wjg.15.2049.