Inkretinmimetika
Inkretinmimetika sind künstliche Verbindungen, die als Inkretin-Analoga ähnlich wie die Inkretine wirken und den Blutzucker und bei Übergewichtigen das Körpergewicht senken. Sie eignen sich zur Diabetes-Therapie. (1)Diabetes Metab Res Rev. 2014 Jul;30(5):354-71. DOI: 10.1002/dmrr.2501.
Siehe auch unter Inkretine.
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste
Kurzgefasst |
Inkretin-Mimetika sind Medikamente zur Behandlung der Zuckerkrankheit, speziell des Typ-2-Diabetes. Sie regen die körpereigene Bildung von Insulin an. Die Wirkung der Inkretin-Mimetika verliert sich, wenn die Inselzellen der Bauchspeicheldrüse, in denen Insulin gebildet wird, „ausgebrannt“ sind und nicht mehr reagieren können. Vorteil dieser Medikamentengruppe ist es, dass sie nicht zu einer Gewichtszunahme führen. Zu den Inkretin-Mimetika gehören beispielsweise Liraglutid (Victoza®) und Exenatide (Byetta®). |
Wirkungen
Inkretine werden im Dünndarm auf einen Glukosereiz hin gebildet werden und sowohl die Insulin-Produktion in den Inselzellen des Pankreas stimulieren als auch die Glukagon-Produktion hemmen (enteroinsuläre Achse). Sie verlangsamen die Magenentleerung und vermindern den Appetit.
Inkretin-Mimetika wirken als GLP-1-Analoge. Sie senken den Blutzuckerspiegel, solange die Insulin-Produktion beim Typ-2-Diabetes funktioniert. Beim Typ-1-Diabetes sind sie wirkungslos.
Der Wirkmechanismus ist indirekt: Sie hemmen das Enzym Dipeptidylpeptidase-4 (DPP-4), was zu einer Erhöhung der Plasmakonzentration von Inkretinen führt. Ein Inkretin ist GLP-1 (Glucagon-like peptide-1), welches mehrere Wirkungen entfaltet: Stimulation der glukoseinduzierten Insulinsekretion, Hemmung der Glukagonsekretion sowie der hepatischen Glukoseproduktion und der Magenentleerung. GLP-1 wirkt auch trophisch (wachstumsfördernd) auf die Bauchspeicheldrüse inklusive ihrer Betazellen. (2)Diabetes Metab Res Rev. 2014 Jul;30(5):354-71. DOI: 10.1002/dmrr.2501.
Hemmer der Dipeptidylpeptidase (DPP-IV) unterdrücken den Abbau von GLP-1 (und anderer Peptide), wodurch dessen Bioaktivität verlängert wird.
Eine ähnliche Wirkung entfaltet Semaglutid, ein oraler Hemmer am GLP-1-Rezeptor. (3)Rev Endocr Metab Disord. 2022 Jan 7:1–19. DOI: 10.1007/s11154-021-09699-1 (4)Diabetes Obes Metab. 2020 Aug;22(8):1263-1277. DOI: 10.1111/dom.14054
Klinische Bedeutung
Im Gegensatz zu den DPP-4-Hemmern, die den Abbau der körpereigenen Inkretine hemmen, werden Inkretin-Analoga verwendet, um die Inkretinwirkung auf die Beta-Zellen des Pankreas zu stimulieren. Inkretin-Analoga, die DPP-4-resistent sind, wurden durch Modifikationen der Seitenkette erhalten.
Präparate auf dem Markt sind
- Exenatid (Byetta®, sc.-Injektion),
- Liraglutid (Victoza® sc.-Injektion),
- Semaglutid (Ozempic®, subkutan) ,
- Tirzepatid (Mounjaro® )
Inkretin-Mimetika vermögen
- den Nüchtern-Blutzuckerwert laut Studien um bis zu 1,4 mmol/l und
- den HbA1c-Wert um 1% und das Körpergewicht um bis zu 3 kg innerhalb 30 Wochen
zu senken. (5)Best Pract Res Clin Endocrinol Metab. 2009 Aug;23(4):463-77 Langzeitstudien, die kardiovaskuläre Endpunkte und die Entwicklung des Diabetes unter Therapie berücksichtigen, müssen abgewartet werden.
Gewichtsreduktion
Tirzepatid ist ein duales Inkretinmimetikum (dualer GIP- and GLP-1 Rezeptoragonist). Es senkt das Körpergewicht und ebenso den Fettgehalt Leber (nach 52 Wochen -8,09%). Bezüglich der Abnahme des Leberfetts, des abdominellen Fetts (viceral adipose tissue, VAT) und der ASAT war das Ergebnis besser als das unter Insulintherapie. (6)Lancet Diabetes Endocrinol. 2022 Jun;10(6):393-406. DOI: 10.1016/S2213-8587(22)00070-5
Semaglutid senkt den Blutzucker und das Gewicht): Stark übergewichtige Jugendliche (12-18 J) erhielten 1x wöchentlich eine subkutane Injektion. Bei insgesamt 73% kam es innerhalb von 68 Wochen zu einer Gewichtsreduktion. Das mittlere Körpergewicht der gesamten Gruppe sank um -16,1% (vs. +0,6% unter Placebo). Allerdings waren Magendarmsymptome in der Verumgruppe häufiger (62% vs. 42%); und in 4% (vs. 0%) wurden Gallensteine gefunden. (7)N Engl J Med 2022; 387:2245-2257 DOI: 10.1056/NEJMoa2208601
Wirkprofile
Die Inkretin-basierten Medikamente (Inkretin-Mimetika und DPP4-Hemmer) haben laut einer Metaanalyse (8)Pharmacology. 2010;86(1):44-57 unterschiedliche Wirkprofile:
- HbA1c: Liraglutid bewirkte die größte relative Reduktion von HbA1c im Vergleich zu Sitagliptin, Exenatid und Vildagliptin.
- Gewichtsreduktion: Die Gewichtsreduktion war mit Exenatid am größten, wobei unter den DPP-4-Hemmern Sitagliptin und Vildagliptin eine leichte Gewichtszunahme zu verzeichnen war.
- Hypoglykämien: Unter dem DPP4-Hemmer Sitagliptin kam es zu den meisten Hypoglykämien.
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Verweise
Patienteninfos
Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).
Literatur
↑1 | Diabetes Metab Res Rev. 2014 Jul;30(5):354-71. DOI: 10.1002/dmrr.2501. |
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↑2 | Diabetes Metab Res Rev. 2014 Jul;30(5):354-71. DOI: 10.1002/dmrr.2501. |
↑3 | Rev Endocr Metab Disord. 2022 Jan 7:1–19. DOI: 10.1007/s11154-021-09699-1 |
↑4 | Diabetes Obes Metab. 2020 Aug;22(8):1263-1277. DOI: 10.1111/dom.14054 |
↑5 | Best Pract Res Clin Endocrinol Metab. 2009 Aug;23(4):463-77 |
↑6 | Lancet Diabetes Endocrinol. 2022 Jun;10(6):393-406. DOI: 10.1016/S2213-8587(22)00070-5 |
↑7 | N Engl J Med 2022; 387:2245-2257 DOI: 10.1056/NEJMoa2208601 |
↑8 | Pharmacology. 2010;86(1):44-57 |