GPR40-Agonisten

Artikel aktualisiert am 2. November 2022

GPR40-Agonisten sind Substanzen, die den Rezeptor für freie Fettsäuren (G protein-coupled receptor 40, GPR40) anregen. Der erste klinisch getestete GPR40-Agonist war TAK-875 (Fasiglifam). Er stimuliert den Rezeptor für freie Fettsäuren auf den Betazellen der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) und fördert in Anwesenheit von Glukose die Insulinproduktion. Es ist ein GPR40-Agonist und zählt damit wie die Sulfonylharnstoffe und die Glinide zu den Insulinsekretagoga. Es stellt ein Beispiel für die Entwicklung eines hoffnungsvollen Medikaments dar, die wegen seltener, aber schwerer Nebenwirkungen eingestellt werden musste. Andere Derivate sind daher in Entwicklung, die solche Komplikationen nicht befürchten lassen.


TAK-875

Der GPR40-Agonist TAK-875 hemmt die Selbstzerstörung (Apoptose) der Insulin bildenden ß-Zellen der Bauchspeicheldrüse (Pankreas). Diese Apoptose wird durch Toxine, die aus dem Fettgewebe stammen und durch entzündliche Prozesse im Körper gefördert werden, ausgelöst. Fettgewebe wirkt damit „lipotoxisch“. Die „Lipotoxizität“ (schädigender Einfluss aus dem Fettgewebe) ist ein wesentlicher Grund für die Erschöpfung der Inselzellen bezüglich Insulinbildung. Dies ist bei Übergewichtigen und Fettsüchtigen ein wesentlicher Grund dafür, dass die Behandlung in späteren Stadien durch Injektion von Insulin erfolgen muss: Die Zuckerkrankheit wird insulinpflichtig.

TAK-875 wirkt antientzündlich und senkt das Körpergewicht adipöser Ratten; damit schützt es auch die Inselzellen. Der Mechanismus beruht auf einer Hemmung des Rezeptors für mittel- und langkettige freie Fettsäuren (G-Protein-gekoppelter Rezeptor 40, GPR40), so dass der von ihm ausgehende Signalweg (TLR4-NF-κB-Pathway) nicht zum Zuge kommt. (1)J Diabetes Res. 2019 Dec 17;2019:5487962. DOI: 10.1155/2019/5487962. PMID: 31934590; PMCID: … Continue reading Im Tierexperiment verbessert es sowohl den postprandialen (nach Mahlzeiten gemessenen) als auch den Nüchternblutzuckerspiegel diabetischer Ratten. (2)J Pharmacol Exp Ther. 2011 Oct;339(1):228-37

Die Aktivierung von GPR40 (durch den Agonisten GW9508) in Versuchstieren verringerte die durch Diabetes verursachte Durchlässigkeit der Blut-Nerven-Schranke und damit die durch Diabetes verursachten Überempfindlichkeiten. (3)Diabetes. 2022 Apr 1;71(4):774-787. doi: 10.2337/db21-0711.

TAK-875-Wirkung beim Menschen

In einer Phase-2-Studie am Menschen führte TAK-875, oral verabreicht, zu einer verbesserten Blutzuckerkontrolle ohne wesentliche Hypoglykämieneigung. (4)Lancet. 2012 Apr 14;379(9824):1403-11 Es kommt daher wahrscheinlich als Therapieoption für den frühen Diabetes Typ 2 oder den Prädiabetes mit gestörter Glukosetoleranz in Betracht. Ob sich ähnlich wie bei anderen Insulin-Sekretagoga eine Erschöpfung der Inselzellen und damit eine frühere Insulinpflichtigkeit einstellt, ist ungeklärt und in Diskussion.

TAK-875 ist (nun als Fasiglifam) in einer Phase-3-Studie in 2 verschiedenen Dosen gegen Placebo bezüglich Wirksamkeit und Verträglichkeit an 192 Patienten mit Typ-2-Diabetes getestet worden. Eine Zielwert von HbA1c von unter 6,9% zu Woche 24 wurde mit 25 mg in 30,2% erreicht, mit 50 mg in 54,8% (vs. 13,8% unter Placebo). Es trat nur 1 Hypoglykämie auf (in der 50-mg-Gruppe), ansonsten waren nicht mehr adverse Effekt verzeichnet worden als unter Placebo. (5)Diabetes Obes Metab. 2015 Jul;17(7):675-81. DOI: 10.1111/dom.12467. Epub 2015 Apr 23. PMID: … Continue reading

In der Folge sind drei ernsthafte Leberschäden unter Fasiglifam aufgetreten, die zu einem Stop der weiteren Entwicklung als Medikament geführt haben. (6)Drug Saf. 2018 Jun;41(6):625-640. doi: 10.1007/s40264-018-0642-6. Erratum in: Drug Saf. 2018 … Continue reading

Perspektiven der GPR40-Agonisten

Diabetes und Übergewicht: Das Prinzip einer Therapie des Diabetes übergewichtiger Menschen durch GPR40-Agonisten ist weiterhin eine hoffnungsvolle Perspektive. Es werden weitere Substanzen entwickelt, die ähnlich positive Eigenschaften aufweisen ohne die beobachteten Nebenwirkungen an der Leber zu bewirken. Ausgangspunkt ist die Annahme, dass für die Komplikationen eine spezielle Carboxylgruppe verantwortlich ist. Solch ein Derivat zeigt eine besonders gute Blutzucker und Gewicht senkende Eigenschaft (7)ACS Med Chem Lett. 2018 Dec 3;10(1):16-21. doi: 10.1021/acsmedchemlett.8b00444. PMID: 30655940; … Continue reading

Infektionsabwehr: Ein anderer GPR40-Agonist erwies sich als Aktivator weißer Blutkörperchen (von neutrophilen Granulozyten); er förderte die Clearance bakterieller Infektionen. (8)Front Immunol. 2020 Sep 29;11:573019. doi: 10.3389/fimmu.2020.573019. PMID: 33133087; PMCID: … Continue reading

Schmerzunterdrückung: Da der Fettsäurerezeptor GPR40 auch in der Mikroglia, auf den Astrozyten und auf den Nervenzellen des Rückenmarks exprimiert wird, wurde die Wirkung von GPR40-Agonisten bei experimenteller Rückenmarksverletzung bezüglich Beeinflussung von Schmerzen untersucht. Die Schmerzsensationen wurden durch den GPR40-Agonisten GW1100 unterdrückt. Dies erfolgt über den antinocizeptiven Signalweg von Interleukin 10/ß. (9)J Neuroinflammation. 2019 Apr 13;16(1):84. doi: 10.1186/s12974-019-1457-9. PMID: 30981281; PMCID: … Continue reading

Verweise

 


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Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


Literatur

Literatur
1J Diabetes Res. 2019 Dec 17;2019:5487962. DOI: 10.1155/2019/5487962. PMID: 31934590; PMCID: PMC6942802.
2J Pharmacol Exp Ther. 2011 Oct;339(1):228-37
3Diabetes. 2022 Apr 1;71(4):774-787. doi: 10.2337/db21-0711.
4Lancet. 2012 Apr 14;379(9824):1403-11
5Diabetes Obes Metab. 2015 Jul;17(7):675-81. DOI: 10.1111/dom.12467. Epub 2015 Apr 23. PMID: 25787200; PMCID: PMC4676912.
6Drug Saf. 2018 Jun;41(6):625-640. doi: 10.1007/s40264-018-0642-6. Erratum in: Drug Saf. 2018 Dec;41(12):1431-1437. PMID: 29492878.
7ACS Med Chem Lett. 2018 Dec 3;10(1):16-21. doi: 10.1021/acsmedchemlett.8b00444. PMID: 30655940; PMCID: PMC6331191.
8Front Immunol. 2020 Sep 29;11:573019. doi: 10.3389/fimmu.2020.573019. PMID: 33133087; PMCID: PMC7550532.
9J Neuroinflammation. 2019 Apr 13;16(1):84. doi: 10.1186/s12974-019-1457-9. PMID: 30981281; PMCID: PMC6461825.