Gabapentin
Gabapentin (Neurontin®, Gabax®, Generika) ist ein Wirkstoff, der wegen seiner erregungsdämpfenden Wirkung im Zentralnervensystem zur Behandlung von Anfallsleiden, Schmerzen, neuropathischer Beschwerden und Restless Legs angewendet wird.
→ Auf facebook informieren wir Sie über Neues und Interessantes.
→ Verwalten Sie Ihre Laborwerte mit der Labor-App Blutwerte PRO – mit Lexikonfunktion.
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste verständlich
Kurzgefasst |
Gabapentin ist ein Medikament zur Dämpfung einer nervösen und psychischen Übererregbarkeit; es wirkt zudem angstlösend und schmerzdämpfend. Bei stressbedingten Krankheiten kann es eine nützliche Begleitmedikation darstellen. Bei Schmerzen kann es entspannen und Opiate einsparen helfen. Gabapentin wird gut vertragen. In wenigen Fällen treten als Nebenwirkungen Schwindel und Müdigkeit auf.
Eine neue Perspektive ergibt sich aus seiner neuroprotektiven Wirkung: es schützt Nervenzellen des Gehirns und des Rückenmarks vor Zelltod bei Sauerstoffmangel, was bei der Behandlung des Schlaganfalls eine Rolle spielen kann. |
Pharmakokinetik
Gabapentin ist wie Pregabalin ein GABA-Analog (strukturell abgeleitet von Gamma-Aminobuttersäure, GABA). GABA ist der hauptsächliche inhibitorisch wirkende Neurotransmitter in Gehirn und Rückenmark. Gabapentin wirkt jedoch über Beeinflussung einer Untereinheit der spannungsabhängigen Ca2+ Kanäle, wodurch der Kalziumeinstrom in die präsynaptischen Nervenendigungen und darüber die Freisetzung exzitatorischer Neurotransmitter behindert wird. (1)J Biol Chem. 1996 Mar 8; 271(10):5768-76
Die Bioverfügbarkeit nach oraler Aufnahme beträgt etwa 50%; die Ausscheidung erfolgt über die Nieren. Die biologische Halbwertszeit beträgt etwa 6 Stunden. Im Blut wird es nicht an Eiweiß gebunden; in der Leber induziert es keine Enzyme. (2)Neurology. 1994;44(suppl 5):S17–S22 Die Wirkungen im Körper sind nicht völlig aufgeklärt. An ihnen beteiligt sollen Neurotransmitter wie Glutamat, GABA, Serotonin, Norepinephrin und PTSD (hypothalamisches Peptid) sein. (3)J Clin Psychiatry. 2000;61(suppl 5):24–29
Der Abkömmling Gabapentin-Enacarbil XR ist ein Prodrug, das verzögert freigesetzt und in die Wirksubstanz umgewandelt wird. Seine Wirkung hält über 24 Stunden an. Das Nebenwirkungsprofil entspricht dem von Gabapentin [4]. (4)Clin Neuropharmacol. 2012 Jul-Aug;35(4):165-73. DOI: 10.1097/WNF.0b013e318259eac8. PMID: 22664749.
Klinische Wirkungen
Die Hauptwirkungen sind allgemein erregungsdämpfend, analgetisch, anxiolytisch. Gabapentin kann zur Einsparung von Opioiden beitragen. (5)Singapore Med J. 2011 Dec;52(12):883-9
Nebenwirkungen
Die Verträglichkeit ist recht gut. Am häufigsten (etwa 10%) wird von Schläfrigkeit und Schwindel berichtet.
Indikationen
Gabapentin hat sich bei einer Reihe von psychiatrischen Störungen und Erkrankungen bewährt. Leut einer Zusammenstellung hat es meist eine gute bis akzeptable Wirksamkeit bei Angststörungen, beim Alkoholentzung und als Begleitmedikation zur Opioideinsparung, weniger sicher bei bipolaren Krankheiten, bipolaren Erkrankungen, der Depression und der posttraumatischen Belastungsstörung. (6)Prim Care Companion CNS Disord. 2015 Oct 22;17(5):10.4088/PCC.15r01821. doi: 10.4088/PCC.15r01821. … Continue reading
Die Wirksamkeit von Gabapentin wurde in Einzelbeobachtungen und Studien für folgende möglichen Indikationen belegt:
- Zusatzmedikation bei epileptischen (7)Epilepsia. 1999;40 Suppl 5:S63-70,
- Restless-legs-Syndrom, (8)Clin Neuropharmacol. 2012 Jul-Aug;35(4):165-73. DOI: 10.1097/WNF.0b013e318259eac8. PMID: 22664749.
- chronischer Beckenschmerz (chronic pelvic pain, CPP), (9)BMJ Open. 2012 Jun 8;2(3). pii: e001297. doi: 10.1136/bmjopen-2012-001297
- chronischer neuropathischer Schmerz (10)J Clin Oncol. 2004 Jul 15;22(14):2909-17, beste Wirkung zusammen mit Opioden (11)J Pain Symptom Manage. 2007 Aug;34(2):183-9 (12)Int J Clin Oncol. 2010 Feb;15(1):46-51,
- diabetische Neuropathie (13)Indian J Pharmacol. 2012 Jan;44(1):51-6,
- postoperative Behandlung wegen des schmerzlindernden (analgetischen) und angstlösenden (anxiolytischen) Effekts und zur Einsparung von Opioiden (14)Curr Drug Targets. 2009 Aug;10(8):716-33 (15)Singapore Med J. 2011 Dec;52(12):883-9,
- posttraumatische Stresskrankheit: es vermag den Schlaf zu verlängern und Albträume zu vermindern (16)Prim Care Companion J Clin Psychiatry. 2000 Jun;2(3):105. Ein posttraumatisches Belastungssyndrom (PTDS) konnte jedoch bei Verbrennungspatienten unter Kriegsheimkehrern mit Gabapentin nicht verhindert werden (17)J Burn Care Res. 2012 Sep-Oct;33(5):612-8. doi: 10.1097/BCR.0b013e31823dc710. PMID: 22210072..
Weitere Entwicklungen
Gabapentin schützt offenbar das zentrale Nervensystem: in Tierversuchen wirkt es neuroprotektiv bei Verletzungen des Rückenmarks und bei Sauerstoffunterversorgung (Ischämie). (18)World Neurosurg. 2010 Jun;73(6):729-34 (19)J Neurosurg Spine. 2011 Sep;15(3):228-37 Dies erfolgt über Aktivierung des PI3K/Akt/mTOR-Signalwegs. Über diesen Weg, der zu einer reduzierten Autophagie führt, lässt sich die Penumbra (entzündliche Umgebung) eines Schlaganfallbezirks verkleinern. (20)J Neuropathol Exp Neurol. 2019 Feb 1;78(2):157-171. DOI: 10.1093/jnen/nly119. PMID: 30597043.
→ Auf facebook informieren wir Sie über Neues auf unseren Seiten!
→ Verstehen und verwalten Sie Ihre Laborwerte mit der Labor-App Blutwerte PRO!
Verweise
Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).
Literatur
↑1 | J Biol Chem. 1996 Mar 8; 271(10):5768-76 |
---|---|
↑2 | Neurology. 1994;44(suppl 5):S17–S22 |
↑3 | J Clin Psychiatry. 2000;61(suppl 5):24–29 |
↑4 | Clin Neuropharmacol. 2012 Jul-Aug;35(4):165-73. DOI: 10.1097/WNF.0b013e318259eac8. PMID: 22664749. |
↑5 | Singapore Med J. 2011 Dec;52(12):883-9 |
↑6 | Prim Care Companion CNS Disord. 2015 Oct 22;17(5):10.4088/PCC.15r01821. doi: 10.4088/PCC.15r01821. PMID: 26835178; PMCID: PMC4732322. |
↑7 | Epilepsia. 1999;40 Suppl 5:S63-70 |
↑8 | Clin Neuropharmacol. 2012 Jul-Aug;35(4):165-73. DOI: 10.1097/WNF.0b013e318259eac8. PMID: 22664749. |
↑9 | BMJ Open. 2012 Jun 8;2(3). pii: e001297. doi: 10.1136/bmjopen-2012-001297 |
↑10 | J Clin Oncol. 2004 Jul 15;22(14):2909-17 |
↑11 | J Pain Symptom Manage. 2007 Aug;34(2):183-9 |
↑12 | Int J Clin Oncol. 2010 Feb;15(1):46-51 |
↑13 | Indian J Pharmacol. 2012 Jan;44(1):51-6 |
↑14 | Curr Drug Targets. 2009 Aug;10(8):716-33 |
↑15 | Singapore Med J. 2011 Dec;52(12):883-9 |
↑16 | Prim Care Companion J Clin Psychiatry. 2000 Jun;2(3):105 |
↑17 | J Burn Care Res. 2012 Sep-Oct;33(5):612-8. doi: 10.1097/BCR.0b013e31823dc710. PMID: 22210072. |
↑18 | World Neurosurg. 2010 Jun;73(6):729-34 |
↑19 | J Neurosurg Spine. 2011 Sep;15(3):228-37 |
↑20 | J Neuropathol Exp Neurol. 2019 Feb 1;78(2):157-171. DOI: 10.1093/jnen/nly119. PMID: 30597043. |