Tofacitinib

Artikel aktualisiert am 10. Juni 2022

Tofacitinib ist ein oral wirksamer Januskinase-Inhibitor, der überwiegend JAK3 hemmt. Er vermindert die Aktivität einer rheumatoiden Arthritis in Dosen von 5 und 10 mg (2x täglich) (1)Clin Rheumatol. 2013; 32(10): 1415–1424 . Es sind einige Nebenwirkungen und Risiken zu beachten (s. u.).

Mehr zu Januskinase-Hemmern siehe hier.


Das Wichtigste verständlich

Kurzgefasst
Tofacitinib ist ein Medikament, welches die Behandlungsmöglichkeiten einer mittelschweren bis schweren rheumatoiden Arthritis und anderer Autoimmunkrankheiten erweitert. Es kommt als Option in Betracht, wenn die Standardtherapie mit Methotrexat nicht anschlägt. Auch die Colitis ulcerosa spricht gut an.

Eine weitere Indikation kann die Beherrschung eines Zytokinsturms bei Infektionen, wie schweren Covid-19-Verläufen, sein.

Wegen des Nebenwirkungsprofils, in dem auch die Reaktivierung einer Tuberkulose und ein etwas erhöhtes Risiko für Lymphome enthalten sind, ist bei der Indikation Vorsicht geboten.


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Wirkprinzip

Tofacitinib ist ein Januskinasehemmer (JAK-Hemmer); es hemmt JAK-1 und JAK-3. JAKs sind Tyrosinkinasen, die mit Zytokinrezeptoren assoziiert sind. Wenn die Zytokinrezeptoren durch Zytokinen (z. B. Entzündungsmediatoren, Wachstumsfaktoren) erregt werden, eröffnen sie mit Hilfe von JAKs einen Signalweg. Er wird als JAK-STAT-Signalweg bezeichnet (STAT für signal transducer and activator of transcription). Er mündet im Zellkern, wo das Signal als Transskriptionsfaktor die Ablesung von speziellen Genen anregt. Auf diese Weise beeinflussen JAKs die Regelung einer Reihe von Zellfunktionen. Tofacitinib hemmt als YAK-Hemmer die Signalübertragung von Entzündungsmediatoren und dämpft damit die Entzündungreaktionen. Dies wirkt sich günstig auf Symptomatik und Verlauf chronisch entzündlicher Erkrankungen, wie der rheumatoiden Arthritis aus. Es erweist sich auch eine Therapieoption bezüglich der Abschwächung der Wirkung des Zytokinsturms bei Covid-19.

Indikationen

Tofacitinib kommt als Option für Fälle einer mittelschweren bis schweren rheumatoiden Arthritis in Betracht, in denen die Standardtherapie mit Methotrexat nicht oder unzureichend anschlägt. Wirksam ist es auch bei der Psoriasis-Arthritis und der Colitis ulcerosa sowie einigen weiteren Erkrankungen.

Wirkungen

  • Rheumatoide Arthritis:
    • In einer Phase-3-Studie 2012 (2)N Engl J Med. 2012 Aug 9;367(6):508-19 wurden Patienten mit rheumatoider Arthritis, die unzureichend auf Methotrexat (MTX) ansprachen (nach 3 Monaten Behandlung weniger als 20% Verbesserung der geschwollenen und schmerzhaften Gelenken), mit entweder Adalimumab, Tofacitinib oder Placebo behandelt. Nach 6 Monaten Behandlung lag die Ansprechrate unter 5 und 10 mg Tofacitinib bei 51.5% und 52.6%, unter Adalimumab (alle 2 Wochen 40 mg) bei 47.2% und unter Placebobehandlung bei 28.3%.
    • In einer Studie 2014 (3)N Engl J Med. 2014 Jun 19;370(25):2377-86, die die Wirksamkeit von Tofacitinib im Vergleich mit der von Methotrexat an Patienten mit rheumatoider Arthritis untersucht, wird festgestellt, dass Tofacitinib dem MTX bezüglich Verbesserung der Symptome überlegen ist. Eine über 70-prozentige Verbesserung der Symptome (nach den Kriterien des American College of Rheumatology, ACR) hatten nach 6 Monaten 25,5% der 5 mg-Gruppe und 37,7% der 10 mg-Gruppe, dagegen nur 12,0% der MTX-Gruppe.
    • Eine Cochrane-Auswertung von Studien besagt, dass der JAK-Hemmer zu einer bedeutsamen Verbesserung der Symptome einer rheumatoiden Arthritis  führt, auch im Vergleich zu Methotrexat und konventionellen DMARDs. (4) 2017 Mar 10;3:CD012591. doi: 10.1002/14651858.CD012591.
  • Die therapierefraktäre Psoriasis-Arthritis reagiert auf den Januskinase-Inhibitor günstig. (5) 2019 Jan 11;5(1):e000806. doi: 10.1136/rmdopen-2018-000806.
  • Colitis ulcerosa und Morbus Crohn: In einer Studie 2012 zur Wirkung von Tofacitinib bei mittelschwerer und schwerer Colitis ulcerosa kam es unter der Wirkung von 5 und 10 mg 2x täglich zu einer klinischen Remission nach 8 Wochen in 33 und 48% der Teilnehmer verglichen mit 10% bei einer Placebo-Behandlung (6)N Engl J Med. 2012 Aug 16;367(7):616-24. Im Gegensatz zur Colitis ulcerosa reagiert der Morbus Crohn in mittelschwerer und schwerer Ausprägung kaum auf Tofacitinib (7)Clin Gastroenterol Hepatol. 2014 Sep;12(9):1485-1493.e2. In einer Auswertung von Fällen der allgemeinen Praxis mit mittelschwerer bis schwerer, anti-TNF-resistenter IBD (Real-World Experience) wurde ein klinisches Ansprechen bei 69% der Patienten erzielt. Nach einem Behandlungsjahr waren 27% waren in klinischer, steroidfreier Remission. (8) 2019 Feb 7. doi: 10.1007/s10620-019-05492-y.
  • Abstoßungsprophylaxe nach Nierentransplantation: In einer Zusammenstellung der bisherigen Studien wird festgestellt, dass Tofacitinib die Abstoßung einer Nierentransplantats verhindern kann, dass jedoch das erhöhte Risiko einer Reaktivierung von Virusinfektionen, so einer CMV– und EBV-Infektion, sowie einer Anämie und Leukopenie bedacht werden muss (9)Transplant Rev (Orlando). 2013 Jul;27(3):85-9.
  • Alopezie (A. totalis und universalis): Die Alopezie reagiert mäßig gut auf Tofacitinib. Nach 6 Monaten erreichten „44,4% der Patienten in der Tofacitinib-Gruppe und 37,5% in der konventionellen oralen Behandlungsgruppe sowie 11,1% in der Diphenylcyclopropenon-Gruppe eine 50% ige Verbesserung des Severity of Alopecia Tool-Scores“. (10) 2019 Jan 1;99(1):41-46. doi: 10.2340/00015555-3057.
  • Die kutane leukozytoklastische Vaskulitis scheint günstig zu reagieren, wie an einem Beispiel eines ansonsten therapierefraktären Verlaufs gezeigt wurde. (11)Front Immunol. 2021 Jun 24;12:695768. DOI: 10.3389/fimmu.2021.695768. PMID: 34248994; PMCID: … Continue reading
  • Covid-19: Tofacitinib senkt die Sterberate von intensivpflichtigen Covid-19-Patienten erheblich. Es hemmt die Wirkung des Zytokinsturms. Die 28-Tage-Rate bezüglich Tod oder Ateminsuffizienz sank in einer jetzt veröffentlichten Studie von 29% (Placebogruppe) auf 18,1% (Verumgruppe). Die Sterberate allein sank von 5,5% auf 2,8%. (12)N Engl J Med 2021; 385:406-415 DOI: 10.1056/NEJMoa2101643

Nebenwirkungen

Es sind einige Nebenwirkungen von Tofacitinib zu beachten, unter denen auch schwerwiegende sind, wie Anstieg der Nierenwerte, des Cholesterins und der Transaminasen sowie eine Abwehrschwäche mit Senkung der neutrophilen Leukozyten und ein erhöhtes Risiko für Virusinfektionen (wie Herpes zoster und Cytomegalie-Infektion) und Tuberkulose sowie vor allem ein erhöhtes Risiko für Lymphome (13)N Engl J Med. 2014 Jun 19;370(25):2377-86. Dennoch wird Tofacitinib für im Vergleich mit anderen krankheitsmodifizierenden antirheumatischen Medikamenten (DMARDs) als relativ effektiv und sicher angesehen (14)Ann Pharmacother. 2013 Nov;47(11):1524-31. Weniger schwere Nebenwirkungen betreffen Durchfall, nasale Reizungen, Kopfschmerzen und Infektionen der Atemwege. „Real-world“-Studien zeigen, dass das Sicherheitsprofil dem von Biologika entspricht. Die erhöhte Inzidenz von Herpes zoster scheint ein Klasseneffekt aller Januskinase-Hemmer zu sein. (15)Rheumatol Ther. 2021 Mar;8(1):17-40. doi: 10.1007/s40744-020-00258-9. Epub 2020 Nov 27. PMID: … Continue reading

Eine Studie weist nach, dass der positive Effekt auf die rheumatoide Arthritis gleich gut wie der eines TNF-alpha-Hemmers ist. Allerdings ist das Krebsrisiko ist um 48% und das Risiko von MACE (major adverse cardiovascular events, z. B. Herzinfarkt) um 33% höher. (16)N Engl J Med 2022; 386:316-326 DOI: 10.1056/NEJMoa2109927

Weitere Entwicklung

Upadacitinib ist ein selektiver Januskinase-1-Inhibitor, der laut Zulassungsstudien eine Option für eine Induktions- und Dauertherapie bei mittelschwerem und schwerem Verlauf einer Colitis ulcerosa bietet und ein besseres Nebenwirkungsprofil als Tofacitinib aufweist. (17)The Lancet Volume 399, ISSUE 10341, P2113-2128, June 04, 2022 … Continue reading (18)J Crohns Colitis. 2021 Dec 18;15(12):2022-2030. DOI: 10.1093/ecco-jcc/jjab099

Verweise

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


 


Literatur

Literatur
1Clin Rheumatol. 2013; 32(10): 1415–1424
2N Engl J Med. 2012 Aug 9;367(6):508-19
3N Engl J Med. 2014 Jun 19;370(25):2377-86
4 2017 Mar 10;3:CD012591. doi: 10.1002/14651858.CD012591.
5 2019 Jan 11;5(1):e000806. doi: 10.1136/rmdopen-2018-000806.
6N Engl J Med. 2012 Aug 16;367(7):616-24
7Clin Gastroenterol Hepatol. 2014 Sep;12(9):1485-1493.e2
8 2019 Feb 7. doi: 10.1007/s10620-019-05492-y.
9Transplant Rev (Orlando). 2013 Jul;27(3):85-9
10 2019 Jan 1;99(1):41-46. doi: 10.2340/00015555-3057.
11Front Immunol. 2021 Jun 24;12:695768. DOI: 10.3389/fimmu.2021.695768. PMID: 34248994; PMCID: PMC8264360.
12N Engl J Med 2021; 385:406-415 DOI: 10.1056/NEJMoa2101643
13N Engl J Med. 2014 Jun 19;370(25):2377-86
14Ann Pharmacother. 2013 Nov;47(11):1524-31
15Rheumatol Ther. 2021 Mar;8(1):17-40. doi: 10.1007/s40744-020-00258-9. Epub 2020 Nov 27. PMID: 33245555; PMCID: PMC7991042.
16N Engl J Med 2022; 386:316-326 DOI: 10.1056/NEJMoa2109927
17The Lancet Volume 399, ISSUE 10341, P2113-2128, June 04, 2022 DOI:https://doi.org/10.1016/S0140-6736(22)00581-5
18J Crohns Colitis. 2021 Dec 18;15(12):2022-2030. DOI: 10.1093/ecco-jcc/jjab099