Crigler-Najjar-Syndrom
Das Crigler-Najjar-Syndrom ist eine genetisch bedingte Gelbsucht. Ursache ist eine Störung des Bilirubinstoffwechsels in der Leber: Bilirubin kann nicht mit Glukuronsäure konjugiert und damit wasserlöslich gemacht werden. Nur wasserlösliches Bilirubin ist ausscheidungsfähig. Unkunjugiertes Bilirubin bleibt im Körper, sammelt sich an und bewirkt eine Gelbsucht (Ikterus). Im Blut wird es an Albumin gebunden und kann daher nur als „indirektes“ Bilirubin bestimmt werden.
Ursache und Einteilung 1)Methods Enzymol. 2005;400:1-22
- Crigler-Najjar-Syndrom Typ I
Das Konjugationsenzym (Bilirubin-UDP-Glukuronyltransferase, UGT1A1) fehlt vollständig. Folge ist eine sehr starke Ansammlung von Bilirubin (Hyperbilirubinämie), die das 20fache der Norm übersteigt. Im Gehirn entsteht ein Kernikterus mit den Folgen neurologischer Störungen und einem frühen Tod schon als als Säugling. Therapie: Es kommt nur eine Lebertransplantation in Frage. Sie wirkt heilend (kurativ). 2)Transplant Proc. 2009;41(7):2875-2877. doi:10.1016/j.transproceed.2009.07.025 Heute werden weitere Therapieoptionen, wie eine Leberzelltransplantation, entwickelt. 3)Stem Cell Reports. 2015;5(1):22-30. doi:10.1016/j.stemcr.2015.04.017
- Crigler-Najjar-Syndrom Typ II (Synonym: Arias-Syndrom)
Das Konjugationsenzym UGT1A1 ist in seiner Aktivität noch nachweisbar, aber deutlich herabgesetzt. Der Ikterus (Bilirubin auf <20fach erhöht) tritt erst in höherem Alter auf; meist keine klinische Symptomatik; gute Prognose. Neigung zu schwarzen Gallensteinen aus Bilirubinat. Therapie: Eine Verminderung des Ikterus gelingt oft durch Anregung der Enzymbildung (Enzyminduktion), was z.B. mit Phenobarbital möglich ist. Der Test kann im positiven Fall zur Differentialdiagnose zum Typ I verwendet werden.
Diagnostik
Zur Diagnostik der beiden Criggler-Najjar-Typen werden vor allem das Alter der Manifestation und die Laborbefunde herangezogen.
Beim Typ I imponiert ein zunehmender Neugeborenerikterus, wobei das Bilirubin über das 5-fache des oberen Normalwerts erhöht, ganz überwiegend „indirekt“ reagiert („indirektes Bilirubin„) und keine (!) Zeichen eine Hämolyse bestehen, die dafür verantwortlich gemacht werden könnte.
Beim Typ II ist die Diagnose schwieriger, da die Gelbsucht erst später im Leben auftritt und selten an eine angeborene Stoffwechselstörung gedacht wird. Ein Ikterus, der mit erhöhtem indirektem Bilirubin und ohne Hämolysezeichen einhergeht, sollte jedoch an diesen Typ denken lassen.
Die Bestätigung der Diagnose erfolgt molekulargenetisch durch Nachweis der UGT1A1-Mutation. 4)Indian J Hum Genet. 2012 May-Aug; 18(2): 233–234.
Sonographie
Die Hyperbilirubinämie geht mit einem hohen Risiko von Gallensteinen einher. Es handelt sich um Bilirubinatsteine, die im Ultraschallbild der Gallenwege gut erkennbar sind. Sie können Ursache eines Verschlussikterus sein, der als Differenzialdiagnose mitbedacht werden muss.
→ Mehr zur Sonographie der Gallenwege siehe hier.
Therapie 5)Eur J Pediatr. 2006 Jan 25;:1-14
- Beim Typ II sollte zur Vermeidung eines Kernikterus eine Enzyminduktion mit Phenobarbital erwogen werden. 6)Indian J Hum Genet. 2012 May-Aug; 18(2): 233–234.
- Phototherapie: Ziel ist die Vermeidung eines Kernikterus (Ikterus der neuronalen Kerngebiete im Gehirn). Im Serum sollte daher das molare Bilirubin / Albumin-Verhältinis bei Neugeborenen <0.5 und bei älteren Kindern <0.7 gehalten werden.
- Medikamente, mit eigener starker Bindung an Albumin, die Bilirubin aus seiner Bindung an Albumin verdrängen, müssen vermieden werden.
- Cholecystektomie und Bereinigung der Gallenwege: bei Gallensteinbildung und Galleabflussstörung.
- Lebertransplantation: sie führt zur Heilung. 7)
Methods Mol Biol. 2017; 1506: 3–16. doi: 10.1007/978-1-4939-6506-9_1
Verweise
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Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).
Literatur
⇧1 | Methods Enzymol. 2005;400:1-22 |
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⇧2 | Transplant Proc. 2009;41(7):2875-2877. doi:10.1016/j.transproceed.2009.07.025 |
⇧3 | Stem Cell Reports. 2015;5(1):22-30. doi:10.1016/j.stemcr.2015.04.017 |
⇧4, ⇧6 | Indian J Hum Genet. 2012 May-Aug; 18(2): 233–234. |
⇧5 | Eur J Pediatr. 2006 Jan 25;:1-14 |
⇧7 | |
⇧8 | N Engl J Med 1998; 338:1422-1427 DOI: 10.1056/NEJM199805143382004 |
⇧9, ⇧12 | Sci Rep. 2020;10(1):887. Published 2020 Jan 21. doi:10.1038/s41598-020-57820-2 |
⇧10 | Mol Ther. 2006 Feb;13(2):374-81 |
⇧11 | Mol Ther Methods Clin Dev. 2018;12:157-174. Published 2018 Dec 31. doi:10.1016/j.omtm.2018.12.011 |