Magenlymphom

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Das Magenlymphom ist ein in der Magenwand lokalisierter Tumor aus wuchernden Zellen des Immunsystems, aus abnormalen Lymphozyten. Es gehört zu den lymphoproliferativen Neoplasien, speziell zu den Non-Hodgkin-Lymphomen. (1)Cancer Control. 2018 Jan-Mar;25(1):1073274818778256. doi: 10.1177/1073274818778256. (2)World J Gastroenterol. 2021 Sep 21;27(35):5932-5945. DOI: 10.3748/wjg.v27.i35.5932

Non-Hodgkin-Lymphom
MALT-Lymphom

Das Wichtigste verständlich

Kurzgefasst
Das Magenlymphom ist eine lokale bösartige Wucherung in der Magenwand, bei der die Schleimhaut (im Gegensatz zum Magenkrebs) endoskopisch meist intakt aussieht. Der Tumor wölbt sie Schleimhaut vor. Dort muss eine Gewebeprobe mit einer Nadel aus der Tiefe entnommen werden (Biopsie), um den genauen Typ der Wucherung feststellen zu können.

Histologisch (unter dem Mikroskop) handelt es sich um spezielle Immunszellen (Lymphozyten), die wuchern. Der Tumor wird als Lymphom bezeichnet. Die wichtigsten Typen sind das diffuse großzellige B-Zell-Lymphom (DLBCL) und das Schleimhaut-assoziierte Lymphom (MALT).

Wichtigster Faktor, der ein primäres Magenlymphom fördert, ist eine Schleimhautbesiedlung mit dem Magenkeim Helicobacter pylori.

Verlauf, Therapie und Prognose hängen vom Typ und vom Stadium ab. Meist spricht der Tumor auf eine Kombination aus eine Chemotherapie mit einem Signalwegblocker (R-CHOP) an. Eine Operation hat meist keinen Einfluss auf die Prognose und spielt nur in Sonderfällen eine Rolle.

Lymphozyten
Der Magen


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Häufigkeit

Das Magenlymphom macht etwa 3% der Magentumore und 10% der Lymphome aus. (3)Surg Clin North Am. 2017 Apr;97(2):405-420. doi: 10.1016/j.suc.2016.11.012

Einteilung

Nach der WHO-Einteilung werden folgende Bezeichnungen benutzt: (4)Clin Oncol 1999; 17: 3835-3849

  • “indolent” (früher “low grade”): zu den indolenten Lymphomen gehören MALT-Lymphome (Marginalzonen-B-Zell-Lymphome), Mantelzell-Lymphome, follikuläre Lymphome, Infiltrationen einer chronisch lymphatischen Leukämie.
  • “aggressiv” (früher “high grade”); es sind diffuse große B-Zell-Lymphome. In etwa 1/3 der Fälle enthalten sie einen Anteil eines “indolenten” Lymphoms und scheinen aus ihm hervorgegangen zu sein. In 2/3 der Fälle findet man einen solchen Anteil nicht. Bei ihnen muss eher von einer eigenständigen Entwicklung als von einer Transformation aus einem “indolenten” Typ ausgegangen werden.

Klassifikation

Ann Arbor Klassifikation (Stadien I – IV) je nach Beschränkung auf die Mukosa (einzelne oder mehrere Lokalisationen), oder Beteiligung von Lymphknoten, Knochenmark oder Organen. (5)Semin Oncol. 1990 Feb;17(1):43-50

 Stadium I: Befall von Mukosa und Submukosa, 
 noch ohne Befall benachbarter Lymphknoten; 
   Stadium I1 nicht über Submukosa hinaus, 
   Stadium I2 über Submukosa hinausreichend.
 Stadium II: Befall von Mukosa und Submukosa 
 mit Befall benachbarter Lymphknoten; 
   Stadium II1, nur benachbarte Lymphknoten, 
   Stadium II2 entfernte Lymphknoten.

Die Stadien III und IV werden zu “widely disseminated disease” zusammengefasst.

Entstehung

Das Magenlymphom als Ansammlung wuchernder Lymphozyten in der Magenschleimhaut (mukosaassoziiertes primär extranodales Lymphom) entsteht durch chronische Anregung durch Antigenstimulation. Wahrscheinlich bringen die Betroffenen dazu eine (bisher nicht genauer definierte) Bereitschaft (genetische Prädisposition) dazu mit.

Helicobacter als Auslöser: In den meisten Fällen ist das Magenlymphom (beide Typen: der indolente und der aggressive, s. o.) mit einer Helicobacter-pylori-Besiedlung der Magenschleimhaut assoziiert. Offenbar fördert das Bakterium bei entsprechender Veranlagung seines Wirts die Bildung eines Lymphoms. Es ruft eine Immunantwort hervor mit Ausbildung einer chronisch aktiven Gastritis, bei der sich lymphatisches Gewebe follikelartig in der Mukosa ansammelt. Eine Helicobacter-Eradikation führt in den meisten Fällen zu einem Rückgang des mukosalen lymphatischen Gewebes. (6)Lancet 1995; 345: 1591-1594

Autoimmunkrankheit als Trigger: In einem geringeren Prozentsatz ist eine Helicobacter-Assoziation nicht nachzuweisen. In diesen Fällen besteht oft gleichzeitig eine Autoimmunkrankheit. (7)Leukemia. 2007 Aug;21(8):1812-8 Es handelt sich dabei meist um Frauen in mittlerem Alter, bei denen das MALT-Lymphom schon in früherem Lebensalter auftritt und häufig auch außerhalb des Magens gelegene (extragastrale) Lymphome gefunden werden.

Diagnostik

Eine klinisch Symptomatik in den Frühstadien fehlt meist oder sind unspezifisch. Ein fortgeschrittenes Magenlymphom kann zu einer akuten oder chronischen Magenblutung mit Ausbildung einer (meist mikrozytären hypochromen) Anämie führen. Auch kann eine B-Symptomatik (wie Abgeschlagenheit, Nachtschweiße, Gewichtsabnahme) auftreten.

Laboruntersuchungen sollen Auswirkungen der Krankheit, Begleitkrankheiten und Vorbedingungen für Therapien erkennen lassen. Bei Helicobacter-negativen Magenlymphomen sollte systematisch nach Autoimmunkrankheiten gefahndet werden. (8)Leukemia. 2007 Aug;21(8):1812-8 Die LDH ist ein guter prognostischer Faktor (normale LDH bedeutet gute Prognose, erhöhte LDH eine schlechtere). (9)Ann Surg Oncol. 2007 Aug;14(8):2239-45

Die Gastroskopie zeigt je nach Stadium eine rundliche Vorwölbung der Schleimhaut ohne Defekt. Manchmal findet sich ein Ulkus, das bluten kann. (Zur Gastroskopie siehe hier.)

Magenlymphom, Darstellung durch inneren Ultraschall (Endosonographie).

Die Endosonographie kann zur weiteren Klärung beitragen, indem sie die Tiefe des lymphatischen Gewebes anzeigt und ggf. eine gezielte Nadel-Biopsie ermöglicht. Die Treffsicherheit der durch Nadelaspiration gewonnenen Zytologie (Untersuchung einzelner Zellen) ist jedoch je nach Lymphomtyp unterschiedlich; sie ist für das high-grade diffuse großzellige B-cell Lymphom besser als für das Hodgkin-Lymphom und das low-grade Lymphom. (10)Gastrointest Endosc. 2010 Apr;71(4):851-5 Zur Klärung von geeigneter Behandlung und Prognose ist bei einer Fehlpunktion u. U. eine chirurgische Histologiegewinnung erforderlich.

Eine genaue Klärung des Lymphomtyps ist für die Diagnose unabdingbar.

Wenn ein Magenlymphom in Diskussion steht oder nachgewiesen ist, sollte die Diagnostik auch bezüglich der Ausbreitung (inkl. CT, Knochenmark) und im Fall eines MALT-Lymphoms auch bezüglich einer Autoimmunerkrankung ausgedehnt werden. Ein PET ist sinnvoll. (11)Best Pract Res Clin Gastroenterol. 2010 Feb;24(1):3-12

Differentialdiagnosen

Bei guter Histologie gibt es kaum eine Schwierigkeit bei der Diagnosestellung. Bei Magentumoren sind bei AIDS-Patienten auch ein Kaposi-Sarkom oder ein CMV-induzierter Pseudotumor zu bedenken. (12)Jpn J Infect Dis. 2007 May;60(2-3):134-6

Therapie

  • Bei “indolenten” Lymphomen (nur in der Magenwand lokalisierten low-grade MALT-Lymphome) führt eine Eradikation von Helicobacter pylori in etwa 80% zu einer vollständigen Remission. (13)Leuk Lymphoma 2006; 47: 2110-2114 (14)Gastroenterol Clin North Am. 2000 Sep;29(3):593-607
  • Bei “aggressiven” Lymphomen oder bei lokalisierten, aber gegen die Eradikation resistenten Formen kommen Operation, Bestrahlung, Chemotherapie (z. B. CHOP) und der Einsatz von CD20-Antikörpern mit einem hohen “overall survival” (OS)) von über 95% und einem “event-free survival” (EFS) von etwa 80% nach 5 Jahren in Betracht. (15)Cancer. 2005 Aug 1;104(3):532-40
    • Bei Helicobacter-Nachweis sollte immer eine Eradikation erfolgen. (16)World J Gastroenterol. 2007 Jul 14;13(26):3554-66  (17)Expert Rev Anticancer Ther. 2006 Mar;6(3):361-71.
    • Eine Chemotherapie beinhaltet als Basis in der Regel CHOP. Eine Kombination mit Rituximab (Antikörper gegen CD20-B-Zell-Antigen) verbessert den Therapieerfolg. (18)N Engl J Med. 2002 Jan 24;346(4):235-42
    • Rituximab alleine führt in etwa 50% der Fälle zu einem Ansprechen der B-cell non-Hodgkin Lymphome. In Einzelfällen wird auch beim Helicobacter-negativen Magenlymphom über ein gutes Ansprechen berichtet. In einer Studie erzielte Rituximab bei 20/26 Patienten ein Ansprechen, 12 Patienten k´hatten erlangten eine komplette Remission, 8 eine teilweise. Eine Korrelation zur “t(11; 18)(q21; q21) Translocation” bestand nicht. (19)Hepatogastroenterology. 2007 Jun;54(76):1285-8
    • Eine Therapiestrategie (Stadien IE-IIE) mit präoperativer Chemotherapie und anschließender Operation (totale Gastrektomie, paraaortale Lymphadenektomie, Splenektomie, Cholecystektomie, relativ hohe Komplikationerate) erzielte bei 10/10 Patienten einen guten Erfolg: es wurde im Op-Präparat kein Lymphom mehr nachgewiesen. (20)Hepatogastroenterology. 2007 Jun;54(76):1285-8
    • Eine Operation (totale und subtotale Gastrektomie) mit adjuvanter Chemotherapie (Stadien IE-IIE) ergab in einzelnen Studien eine bessere 5-Jahresüberlebensrate (9 von 10 Patienten) als ohne anschließende Chemotherapie. (21)Arq Gastroenterol. 2006 Jan-Mar;43(1):30-6
    • Eine Radiotherapie ist bei lokalisierten Malt-Lymphomen erfolgversprechend. (22)Hematol Oncol 2005;23:10-17 Einzelfälle einer alleinigen Radiotherapie wurden auch bei anderen umschriebenen Lokalisationen wie z. B. beim Duodenallymphom beschrieben (23)Clin Lymphoma Myeloma. 2007 May;7(6):428-31 ) zeigen ebenfalls ein Potential zu vollständiger Remission auf.
  • Beim primär gastrischen diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom (PG-DLBCL): Hier kommt meist eine Chemotherapie mit Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin und Prednison (CHOP) zusammen mit Rituximab (R-CHOP) in Betracht. In einer Studie an 11 Patienten im Alter von 48 bis 82 Jahren (72% Helicobacter-positiv) wurde eine vollständige Remission erreicht sowie ein Überleben innerhalb einer Nachbeobachtungszeit von bis zu 54 Monaten ebenfalls von 100%. (24)Exp Ther Med. 2012 Feb;3(2):304-308. Epub 2011 Nov 22. Dass R-CHOP bessere Erfolge erzielt, hat sich in weiteren Beobachtungen und Studien bestätigt. (25)World J Gastroenterol. 2021 Sep 21;27(35):5932-5945. DOI: 10.3748/wjg.v27.i35.5932

Individuelles Therapiekonzept: Das Therapiekonzept wird heute individuell festgelegt. (26)Expert Opin Pharmacother. 2007 Jun;8(9):1263-73 Häufig wird bei Vorliegen eines diffus großzelligen Lymphoms (DLBCL) ab Stadium II eine Rituximab-CHOP-Therapie durchgeführt (s. o.); bei Stadium I kann ggf. eine Helicobacter-Eradikation ausreichen und auf eine Chemotherapie verzichtet werden. MALT-Lymphomen wird in Stadium I eine sehr gute Langzeitprognose zugeschrieben (27)Best Pract Res Clin Gastroenterol. 2010 Feb;24(1):71-7. doi: 10.1016/j.bpg.2009.12.005. Eine sorgfältige und engmaschige Nachkontrolle ist in jedem Fall erforderlich, um eine erneute Aktivität (Relaps) frühzeitig erkennen zu können. In speziellen Fällen kann eine Magenoperation zusammen mit R-CHOP vorteilhaft sein. Ansonsten hat eine Operation keinen signifikanten Effekt auf das Gesamtüberleben. (28)Am Surg. 2023 Jun 13:31348231183126. doi: 10.1177/00031348231183126

Magenoperation meist nicht erforderlich: Die Operation eines Magenlymphoms ist früher Methode der Wahl gewesen, spielt heute jedoch i.d.R. nur noch bei seltenen Komplikationen eine Rolle, so bei einer Magenperforation, einer Filstelbildung oder einer schweren Blutung. (29)Surg Clin North Am. 2017 Apr;97(2):405-420. doi: 10.1016/j.suc.2016.11.012 (30)Am Surg. 2023 Jun 13:31348231183126. doi: 10.1177/00031348231183126 Die konservative Therapie ist einer operativen nicht unterlegen, hat aber deutliche Vorteile bezüglich der Lebensqualität.

Therapieerfolge

MALT-Lymphome in Stadium I haben nach einer Helicobacter-Eradikation Remissionsraten bis zu 80% mit Chance auf Heilung. Im Stadium II können sie ebenfalls in Einzelfällen auf eine Eradikation vollständig ansprechen, das gilt auch für für Lymphome vom Typ DLBCL (diffuse große B-Zell-Lymphome) im Stadium I. Eine watch-and-wait-Strategie scheint möglich zu sein, wenn nach einer Helicobacter-Eradikation nur noch minimale histologische Reste nachweisbar sind. (31)Best Pract Res Clin Gastroenterol. 2010 Feb;24(1):71-7. DOI: 10.1016/j.bpg.2009.12.005.

Prognose

Das 1-Jahresüberleben war in einer Auswertung von Studien bei einem Magenlymphom besser als bei einem Lymphom im Darmbereich (89 vs. 62 %); das Überleben nach 3 Jahren lag bei 84% vs. 50 %. B-Zell-Lymphome des Magens hatten eine bessere Prognose als T-Zell-Lymphome (nach 1 Jahr 89 vs. 36%). (32)World J Surg Oncol. 2016 Mar 18;14:85. DOI: 10.1186/s12957-016-0821-9


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Verweise

Literatur[+]