Insulinresistenz

Von Fachärzten geschrieben und wissenschaftlich überprüft.

Als Insulinresistenz wird die herabgesetzte Fähigkeit der Körperzellen bezeichnet, auf Insulin so zu reagieren, dass der Blutzuckerspiegel sinkt. Da Insulin verschiedene Wirkungen entfaltet, die zur Blutzuckersenkung beitragen, wird davorn ausgegangen, dass auch verschiedene Mechanismen zu einer Insulinresistenz beitragen. Eine Störung der Glukoseaufnahme aus dem Blut in die Körperzellen, speziell in die Muskelzellen, die zu den Hauptabnehmern des Blutzuckers gehören, ist das Hauptmerkmal. Folge der gestörten Glukoseaufnahme ist eine Erhöhung der Glukose im Blut.


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Das Wichtigste

Kurzgefasst
Die Insulinresistenz peripherer Körperzellen ist der wichtigste Faktor für eine veränderte Glukosehomöostase (Gleichgewicht der Zucker bereitstellenden und verstoffwechselnden Prozesse), die Entwicklung eines Prädiabetes (Vorstufe der Zuckerkrankheit) und schließlich eines Typ-2-Diabetes (Zuckerkrankheit des Erwachsenen). Um trotz der Insulinresistenz genügend Glukose in die Körperzellen hineinzubekommen, steigern die ß-Zellen der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) reaktiv die Insulinproduktion, so dass sie anfangs noch einer Entgleisung des Zuckerhaushalts entgegenwirken kann. In einem späteren Stadium kann die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) nicht mehr genügend nachliefern und schließlich erschöpfen sich die Insulin produzierenden Zellen. Durch die ß-Zellerschöpfung wird die Zuckerkrankheit insulinpflichtig. Einer der größten Risikofaktoren für eine periphere Insulinresistenz ist das metabolische Syndrom.

Siehe auch unter Insulinresistenz – einfach erklärt.

Auswirkungen

Eine Erhöhung des Blutzuckers (Glukose), wie sie nach Mahlzeiten (postprandial) zustande kommt, führt zu einer reaktiven Insulinausschüttung aus den Inselzellen der Bauchspeicheldrüse ins Blut. Durch Insulin wird die Glukoseaufnahme in die peripheren Körperzellen erhöht und der Blutzuckerspiegel wieder abgesenkt.

Eine Resistenz der peripheren Körperzellen auf Insulin bewirkt, dass die Glukoseaufnahme und damit die Blutzuckerabsenkung nur abgeschwächt abläuft und der Blutzuckerspiegel ansteigt. Je ausgeprägter die periphere Insulinresistenz ist, desto mehr Insulin ist erforderlich, um dennoch den Blutzuckerspiegel in den normalen Bereich zu senken. In dieser Phase ist die Insulinproduktion und gleichzeitig die C-Peptid-Bildung erhöht. Um dies zu objektivieren, wird ein normierter Glukosebelastungstest durchgeführt, der bei Anstieg des Blutzuckers (und auch des C-Pepids) über einen Grenzwert auf einen Zuckertrunk hin die frühe Diagnose einer Insulinresistenz mit gestörter Glukosehomöostase erlaubt. In diesem Stadium kann von einem Prädiabetes gesprochen werden.

Die Insulinresistenz nimmt unbehandelt im Laufe der Monate und Jahre zu und führt schließlich zu einer dauerhaften Zuckererhöhung im Blut auch bei Nüchternheit; der Nüchternblutzucker ist erhöht. Damit hat sich ein manifester Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) entwickelt – mit allen Komplikationsmöglichkeiten und Spätfolgen. Da die Spätfolgen der Zuckerkrankheit bereits im frühen Stadium einer beginnenden Insulinresistenz (mit nur postprandial erhöhten Blutzuckerwerten) beginnen, ist eine Diagnose und auch eine vorsorgliche Therapie bereits im prädiabetischen Stadium unbedingt anzustreben.

Mehr zu den Spätfolgen einer Insulinresistenz siehe hier.

Pathophysiologie

  • Die Adipositas wird als eine „low grade“ Entzündung des Fettgewebes (speziell des Bauchfetts) mit erhöhter Infiltration mit aktivierten Makrophagen angesehen. Es wird diskutiert, dass diese aktivierten Makrophagen die Differenzierung der Adipozyten (Fettzellen) hemmen und eine Adipozyten-Hypertrophie veranlassen. Dadurch soll es zu einer veränderten Sekretion von Adipokinen (vom Fettgewebe produzierten und ins Blut abgegebenen hormonähnlichen Mediatoren) und zu einer „ektopen“ Speicherung von Fett in anderen Körperregionen, wie in der Leber und der Muskulatur kommen [1].
  • Luteolin (ein natürlich vorkommendes Flavonoid) hemmt die Aktivierung von Makrophagen und die TNF-alpha-Bildung. Es führt zu einer Erhöhung von Adiponectin und Leptin. Es erhöht (experimentell) PPAR-gamma. Es reduziert die Insulinresistenz über eine Erhöhung von PPAR-gamma.
  • Eine Aktivierung von „c-Jun NH2-terminal kinase 1 (JNK1)“, einem regulatorischen Protein im Fettgewebe, fördert die Insulinresistenz in der Leber. Fettreiche Kost führt zu solch einer Aktivierung [2].
  • Fettreiche Kost führt in der Leber rascher zu einer Fetteinlagerung als in Muskulatur oder Fettgewebe.
  • Knockout-Mäuse, die keinen Insulinrezeptor in der Leber besitzen, wird eine Fettleber und eine Hypertriglyceridämie nicht beobachtet, ebenfalls nicht bei Menschen, bei denen eine Mutation dieses Rezeptors vorliegt. Dagegen entwickeln sie eine Hyperglykämie, eine erhöhtes Apo-B im Blut, eine vermehrte Cholesterinausscheidung in die Galle und Gallensteine. Damit sind die hepatische Steatose und die Hypertriglyceridämie nicht direkt mit dem metabolischen Syndrom verbunden [3].
  • Am Insulin-resistenten Muskel wurden verschiedene Veränderungen am Insulin-Signalweg festgestellt; dazu gehören eine Abnahme des durch Insulin stimulierten Insulinrezeptors, der Insulinrezeptor-Substrat-1-Tyrosin-Phosphorylierung und der Aktivierung der Phosphatidylinositol-3-kinase (PI 3-kinase). Eine Erhöhung wird durch Gewichtsabnahme und Thiazolidindione hervorgerufen mit dem Effekt einer Verbesserung der Glukoseutilisation. Körperliches Training und Metformin haben auf diesen Insulin-Signalweg wenig Auswirkung [4].
  • Wiederholte körperliche Aktivität führt zu einer anhaltenden Abnahme der Insulinresistenz in der Muskulatur [5].
  • Insulin-resistente entzündliche Makrophagen in den Wänden der Blutgefäße (so auch der Herzkranzgefäße) sind empfindlicher gegenüber Zellstressoren wie oxidiertem LDL und Beladung mit freiem Cholesterin. Sie unterliegen daher einer erhöhten Apoptose (programmiertem Zelltod), wobei die untergegangenen Zellen durch die umgebenden ebenfalls geschädigten Makrophagen schlecht abgeräumt werden können; es entsteht der entzündliche arteriosklerotische Plaque. So wird beispielsweise die koronare Herzkrankheit zu einer Manifestation einer Insulinresistenz [6] [7].
  • Patienten mit Hepatitis C haben gehäuft eine Fettleber, deren Genese je nach Virustyp unterschiedlich ist. Beim Genotyp 1 ist die Steatose mit dem metabolischen Syndrom korreliert. Beim Genotyp 3 ist die Steatose vom Virusload abhängig. Chronisch entzündliche Prozesse in der Leber können über aktivierte Makrophagen und ihre Mediatoren (wie TNF-alpha and Cytokine suppressor (SOCS-3)) zu einer hepatischen Insulinresistenz führen. Das HCV-Core-Protein kann den Insulin-Signalweg hemmen [8] [9] [10].

Verweise

Patienteninfos

Literatur

  1. ? Curr Pharm Des. 2008;14(12):1225-30
  2. ? Science. 2008 Dec 5;322(5907):1539-43
  3. ? Curr Opin Lipidol. 2009 Jun;20(3):206-10
  4. ? Endocrine. 2006 Feb;29(1):73-80
  5. ? Acta Physiol (Oxf). 2008 Jan;192(1):127-35
  6. ? Circ Res. 2007 Jun 8;100(11):1546-55
  7. ? Circ Res. 2010 Jan 8;106(1):58-67
  8. ? Liver Int. 2009 Mar;29 Suppl 2:13-25
  9. ? Ann Hepatol. 2009;8 Suppl 1:S67-75
  10. ? World J Gastroenterol. 2009 Oct 28;15(40):5014-9