Apixaban

Artikel aktualisiert am 20. September 2022

Apixaban (Eliquis®) ist Gerinnungshemmer, der zur Senkung des Schlaganfallrisikos bei Vorhofflimmern entwickelt wurde. Seine Wirkung erfolgt durch eine Hemmung des Gerinnungsfaktors Xa. Er gehört zu den DOAC (direkte orale Antikoagulanzien) bzw. den NOAC (Non-vitamin K antagonist oral anticoagulants).


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Das Wichtigste

Kurzgefasst
Apixaban ist ein Medikament zur Senkung des Risikos von Patienten mit Vorhofflimmern, einen Schlaganfall zu erleiden und zur Thrombembolieprophylaxe bei Operationen an Hüft- und Kniegelenk. Es hat gegenüber den bisher üblichen Medikamenten (z. B. Marcumar, Falithrom) den Vorteil eines geringeren Komplikationsrisikos, speziell des geringeren Risikos einer Hirnblutung. Die Plasmahalbwertszeit ist mit etwa 10 Stunden relativ gering. Eine Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz ist nach Meinung einiger Autoren nicht erforderlich. Bei Blutungskomplikationen steht mit Andexanet alfa ein Antidot zur Verfügung, dessen Zulassung erwartet wird.

Allgemeines

Eine Faktor-Xa-Blockade führt zur Hemmung der Neubildung von Thrombin, hat aber keinen Einfluss auf bereits existierendes Thrombin. Insofern könnte eine Xa-Hemmung etwas sicherer sein als eine Faktor-IIa-Hemmung (z. B. durch Dabigatran), die in einer Rebound-Reaktion zu einer Thrombin-Überproduktion führt (1)Cardiol J. 2012;19(1):4-10.

Bei einer Blutungskomplikation oder akut notwendigen Operation kann die herabgesetzte Blutgerinnung durch Andexanet alfa rasch normalisiert werden. Zudem ist die Apixaban-Wirkung nach etwa 12 Stunden schon zur Hälfte abgeklungen. Somit kann der Gerinnungshemmer als relativ sichere Therapieoption zur Senkung eines erhöhten Thrombembolierisikos angesehen werden (2) 2017 Sep 22;1(21):1827-1838. doi: 10.1182/bloodadvances.2017007112..

Pharmakokinetik

Folgende Daten werden in einer Zusammenfassung der Eigenschaften angegeben (3)Ther Clin Risk Manag. 2014 Jun 13;10:423-36 (4)Ther Clin Risk Manag. 2015 Aug 26;11:1273-82:

  • Bioverfügbarkeit um 50% (Resorption im Darm).
  • Wirkungsbeginn nach 30 Minuten.
  • Ausscheidung zu etwa 50-75% über die Galle und 30% über die Nieren.
  • Eliminationshalbwertszeit 8-12 Stunden,
  • hohe Proteinbindung, daher nicht gut dialysierbar,
  • Abbau in der Leber über das Cytochrom CYP3A4-System (Medikamenteninteraktionen dort möglich).

Apixaban hat die gleiche mittlere Zeit bis zur maximalen Konzentration im Blut von 2 Stunden wie Rivaroxaban; die mittlere Halblebenszeit wird mit 8,7 Stunden angegeben, bei Rivaroxaban mit 7,9 Stunden. Weitere Untersuchungswerte besagen, dass Apixaban (2,5 mg) eine etwas konstantere Antikoagulation bewirkt als Rivaroxaban.

Vorhofflimmern – Studie

In der Aristotle-Studie (5)N Engl J Med. 2011 Sep 15;365(11):981-92 wurde Apixaban (5 mg/d) mit Warfarin (Ziel-INR 2,0-3,0) bei 18201 Patienten mit Vorhofflimmern (nicht durch eine Herzklappenerkrankung bedingt) in 39 Ländern verglichen, die mindestens einen zusätzlichen Risikofaktor für einen Schlaganfall hatten. Als zusätzliche Risikofaktoren galten ein vorausgegangener ischämischer Schlaganfall, transitorisch ischämische Attacke (TIA) oder systemische Embolie, ein Alter über 75 Jahre, eine Herzinsuffizienz mit einer Ejektionsfraktion unter 40%, Diabetes mellitus oder Hypertonie. Innerhalb einer mittleren Beobachtungszeit von 1,8 Jahren erlitten in der Apixaban-Gruppe 1,27% pro Jahr einen ischämischen oder hämorrhagischen Schlaganfall oder eine systemische Embolie im Vergleich zu 1,60% in der Warfarin-Gruppe. Die Sterberate (gleich welcher Ursache) lag in der Apixaban-Gruppe mit 3,52% pro Jahr ebenfalls deutlich unter der in der Warfarin-Gruppe mit 3,94%.

Apixaban wurde zur Therapie und Prophylaxe von Thromboembolien bei Vorhofflimmern zugelassen.

Vorhofflimmern – Metaanalyse

In einer Metaanalyse (6)Am J Cardiol. 2012 Aug 1;110(3):453-60 wurden aus verschiedenen Studien die Ergebnisse von 44563 Patienten zusammengefasst. Es wird für Apixaban gegenüber Warfarin eine Reduktion des relativen Risikos

  • bezüglich eines Schlaganfalls (ischämisch und hämorrhagisch) und einer systemischen Embolie von 0,78 errechnet,
  • bezüglich eines ischämischen und undefinierten Schlaganfalls von 0,87,
  • bezüglich eines hämorrhagischen Schlaganfalls von 0,45 und
  • bezüglich des Sterberisikos (alle Ursachen) von 0,88.

Es wird hervorgehoben, dass Apixaban besonders wegen des deutlich geringeren Risikos einer intrakraniellen Blutung eine viel versprechende Alternative zu Warfarin darstellt. (7) 2014 May 27;63(20):2141-2147. doi: 10.1016/j.jacc.2014.02.549.

Venöse Thromboembolie – Studie

In einer placebokontrollierten doppelblinden Studie an Patienten mit venöser Thromboembolie, die bereits für 6-12 Monaten leitlinienkonform mit herkömmlichen Antikoagulantien behandelt worden waren, und die nach klinischem Ermessen auf eine Fortführung der Antikoagulation verzichten konnten, wurde eine Antikoagulation mit Apixaban für 12 Monate fortgeführt (8)N Engl J Med. 2013 Feb 21;368(8):699-708. In der Apixaban-Gruppe traten in diesem Zeitraum bei einer 2,5 mg wie bei 5 mg Dosis 2x/Tag 1,7% erneute Thromboembolien (inklusive von Todesfällen) auf, wohingegen die Komplikationsrate in der Placebogruppe um 8,8% lag. Die Rate größerer Blutungen lag in der 2,5mg-Gruppe bei 0,2%, in der 5mg-Gruppe bei 0,1% und in der Placebo-Gruppe bei 0,5%. Eine Fortführung der Antikoagulation über einen längeren Zeitraum nach stattgehabter venöser Thrombembolie mit Apixaban reduzierte damit das Komplikationsrisiko ohne Erhöhung des Risikos einer größeren Blutung. Auch bei einer verlängerten Behandlung über 6-12 Monate erwies sich Apixaban als wirksam: erneute thromboembolische Ereignisse fanden in der 5 mg-Gruppe bei 14 von 813 Patienten (1,7%) statt, in der 2,5 mg-Gruppe bei 14 von 840 (1,7%), in der Placebogruppe bei 73 von 829 (8,8%). Größere Blutungen traten in der 5mg-/2,5 mg-/Placebo-Gruppe in 0,1%/0,2%/0,5% auf, kleinere in 4,2%/3,0%/2,3% (9)N Engl J Med. 2013 Feb 21;368(8):699-708.

Aufgrund dieser Studie wurde Apixaban zur Behandlung und Rezidivprophylaxe der venösen Thrombembolie zugelassen.

In Studien empfohlene Dosen

Laut einer Zusammenstellung von Daten aus Veröffentlichungen werden folgende Dosen empfohlen (10)Ther Clin Risk Manag. 2015 Aug 26;11:1273-82:

  • Nonvalvuläres Vorhofflimmern: 5 mg 2x täglich
  • Hüftersatz prophylaxis: 2.5 mg 2x täglich für 35 Tage
  • Knieersatz prophylaxis: 2.5 mg 2x täglich für 12 Tage
  • Venöse Thrombembolie Behandlung: 10 mg 2x täglich für 7 Tage,
  • Venöse Thrombembolie Prophylaxe: 2.5 mg 2x täglich nach mindestens 6 Monaten der Behandlung.

Dosisreduzierung: wenn 2 von 3 Kriterien vorhanden sind (Alter von über 80 Jahren, Körpergewicht unter 60 kg und Serum-Kreatinin über 1,5 mg/dl), sollte die Dosis nicht über 2x 2,5 mg/d betragen.

(Die Dosen dürfen nicht ungeprüft und ohne Abgleich mit den offiziellen Empfehlungen übernommen werden. Kontraindikationen, Arzneimittelwechselwirkungen und Ausscheidungsinsuffizienz von Leber und Nieren müssen berücksichtigt werden.)

Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz: Apixaban wird zu etwa 30% über die Nieren aus dem Körper entfernt. Eine Gabe von Apixaban ergab bei Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz keine Erhöhung der Peakkonzentration im Blut (etwa 3 h nach Applikation) und nur eine geringfügige Erhöhung der Gesamtmenge, die im Blut transportiert wird (gemessen als „aerea under the curve“). Eine Hämodialyse verändert die Apixaban-Clearance nicht wesentlich (11)J Clin Pharmacol. 2015 Aug 31. doi: 10.1002/jcph.628.. Eine Dosisanpassung alleine aufgrund einer Nierenwertverschlechterung ist nach Meinung einiger Autoren nicht erforderlich (12)J Clin Pharmacol. 2015 Sep 11. doi: 10.1002/jcph.633.

Blutungskomplikationen

Im Vergleich zu Warfarin zeigen die neuen oralen Antikoagulanzien eine deutlich niedrigere Komplikationsrate bezüglich großer Blutungen. Dies wurde bei Patienten mit nichtvalvulärem Vorhofflimmern festgestellt. Das relative Blutungsrisiko unter Apixaban, Dabigatran und Rivaroxaban lag im Vergleich zu Warfarin bei 0.586, 0.617 und 0.693. (13) 2017 Nov;33(11):1955-1963. doi: 10.1080/03007995.2017.1374935.

Gastrointestinale Blutungen sind die Hauptrisiken aller Gerinnungshemmer. Die nicht-Warfarin-Hemmer („non-vitamin K antagonist oral anticoagulants“, NOACs) weisen in einer Zusammenschau großer Studien kein höheres Risiko auf als Warfarin; Apixaban wies das geringste Blutungsrisiko auf. (14)J Clin Med. 2020 May 9;9(5):1398. DOI: 10.3390/jcm9051398. PMID: 32397355; PMCID: PMC7290290.


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Verweise

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


 


Literatur

Literatur
1 Cardiol J. 2012;19(1):4-10
2 2017 Sep 22;1(21):1827-1838. doi: 10.1182/bloodadvances.2017007112.
3 Ther Clin Risk Manag. 2014 Jun 13;10:423-36
4 Ther Clin Risk Manag. 2015 Aug 26;11:1273-82
5 N Engl J Med. 2011 Sep 15;365(11):981-92
6 Am J Cardiol. 2012 Aug 1;110(3):453-60
7 2014 May 27;63(20):2141-2147. doi: 10.1016/j.jacc.2014.02.549.
8 N Engl J Med. 2013 Feb 21;368(8):699-708
9 N Engl J Med. 2013 Feb 21;368(8):699-708
10 Ther Clin Risk Manag. 2015 Aug 26;11:1273-82
11 J Clin Pharmacol. 2015 Aug 31. doi: 10.1002/jcph.628.
12 J Clin Pharmacol. 2015 Sep 11. doi: 10.1002/jcph.633
13 2017 Nov;33(11):1955-1963. doi: 10.1080/03007995.2017.1374935.
14 J Clin Med. 2020 May 9;9(5):1398. DOI: 10.3390/jcm9051398. PMID: 32397355; PMCID: PMC7290290.