Aorteninsuffizienz (engl.: aortic regurgitation, AR) bedeutet Undichtigkeit der Aortenklappe mit Rückstrom des Bluts während der Erschlaffungsphase des Herzens. Es strömt Blut aus der Aorta in den linken Ventrikel zurück.

Entstehung


Der undichte Klappenschluss führt bei stärkerer Ausprägung zu einem bedeutenden Rückfluss von Blut aus der Aorta zurück in den linken Ventrikel und daher zu einem diastolischen Blutdruckabfall und zu einer hohen Blutdruckamplitude. Die hohe Blutdruckamplitude wiederum bedingt einen positiven Kapillarpuls, der ein diagnostisches Kriterium darstellt.

Folgen der Regurgitation sind eine exzentrische Hypertrophie des Myokards des linken Ventrikels, eine größere myokardiale Vordehnung und (nach dem Frank-Starling-Gesetz) ein erhöhtes Schlagvolumen. Folge der Ventrikeldehnung ist eine Dehnung des Klappenrings und eine relative Mitralinsuffizienz.

Ursachen der Klappenerkrankung können sein:

  • ein rheumatisches Fieber: kommt im Jugendalter als Folge einer Infektion mit Streptokokken vor
  • Klappenendokarditis: kann bei jeder Septikämie als Komplikation auftreten
  • Aortenkrankheiten, die auf die Klappe übergreifen (z.B. Mesaortitis luetica, Takayasu-Arteriitis)

Symptomatik

Anfangs ist die Aorteninsuffizienz meist gut kompensiert und symptomlos. Bei höhergradiger Insuffizienz beginnen Luftnot, Schwindel und Leistungsabfall.

Eine schwere Aorteninsuffizienz weist einen Rückfluss von >50% auf. Bei einem Teil der Patienten mit degenerativer oder entzündlicher Klappenerkrankung liegt ein kombiniertes Aortenvitium vor (Aorteninsuffizienz + Aortenstenose).

Klinische Zeichen sind :

  • positiver Kapillarpuls,
  • große Blutdruckamplitude,
  • pulssynchrones Kopfnicken (deMussetsches Zeichen),
  • Austin-Flint-Geräusch (selten, tieffrequentes Flattern am Mitralklappensegel bei gleichzeitigem Bluteinstrom in den Ventrikel durch Vorhofkontraktion)

Diagnostik

Der Auskultationsbefund ist für den Geübten ein starker Hinweis. Er wird von weniger Erfahrenen wegen seiner hohen Frequenz und geringen Lautstärke leicht überhört. Zusätzliche klinische Zeichen (wie Kapillarpuls, s.o.) bestärken die Diagnose. Beweisend ist das Herzecho. Im Herzkatheter (Ventrikulographie) erkennt man die Regurgitation ebenfalls zweifelsfrei.

Therapie

Medikamentös kann durch periphere Gefäßdilatation eine gewisse Verringerung des Regurgitationsvolumens erreicht werden. Dazu dienen ACE-Hemmer und Vasodilatatoren.

Bei nicht beherrschbarer Herzinsuffizienz kommt ein Klapenersatz in Betracht. Er kann operativ oder durch Kathetertechnik mit selbstexpandierbarer oder durch Ballonkatheter expandierbarer Klappe erfolgen (transcatheter aortic valve replacement, TAVR). Selbst in hohem Alter der Patienten kann der Kathetereingriff noch mit akzeptablem Risiko durchgeführt werden. Bei über 90-Jährigen wurde von einer bedeutenden Blutung bzw. kardiovaskulären Komplikation in 11,8% der Fälle vs. 1,5% bei unter 90-Jährigen berichtet. Ein anamnestischer Herzinfarkt trug zu der Risikoverschlechterung bei. (1)J Geriatr Cardiol. 2018 Jun;15(6):387-393. doi: 10.11909/j.issn.1671-5411.2018.06.002.

Bei akuter und bei hochgradig gewordener chronischer Aorteninsuffizienz, die durch eine Aortenklappenendokarditis zustande kommen kann, ist ein rascher Klappenersatz erforderlich.


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Verweise

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