Analprolaps

Artikel aktualisiert am 19. April 2022

Analprolaps (engl.: full-thickness rectal prolapse, FTRP) bedeutet Vorfall der Schleimhaut und Haut des Darmausgangskanals (Analkanal) nach außen. Er kommt durch Pressen beim Stuhlgang oder schweren Heben zustande. Zugrunde liegt eine Lockerung der innerlichen Aufhängung der Auskleidung des Analkanals, so dass sie verrutschen kann. Meist sind im verrutschenden Schleimhautpaket innere Hämorrhoiden enthalten. Meist ist der Rektalprolaps mit einer Beckenbodensenkung assoziiert. Der Prolaps kann intermittierend vorkommen; er kann jedoch „inkarzeriert“ (nicht reponierbar) zu einer Strangulation führen. (1)J Gastrointest Surg. 2014 May;18(5):1059-69. DOI: 10.1007/s11605-013-2427-7.


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Entstehung


Dem Analprolaps zugrunde liegt eine Bindegewebsschwäche, die wiederum verschiedene Ursachen haben kann. Vielfach besteht eine familiäre Veranlagung. Zudem können Geburten bei Frauen zu einer allgemeinen Schwächung des Beckenbodens inklusive des Darmausgangs führen. Sie kann durch Mikrozerreißungen der Sphinktermuskulatur (muskulärer Darmverschluss) auch eine Prädisposition für eine Stuhlinkontinenz bedeuten, die in späteren Lebensjahren manifest wird und beim Analprolaps meist gleichzeitig vorliegt.

Symptome

  • Sekrete und Blutungen: Die beim Pressen hervorkommende Schleimhaut wird mechanisch gereizt und entzündet sich, so dass sich Sekrete absondern; und es kann zu Blutungen kommen.
  • Stuhlinkontinenz: Oft ist mit der Bindegewebsschwäche im Analkanal auch eine Schwäche des analen Verschlussmechanismus und eine Sphinkterschwäche verbunden (siehe hier).
  • Hygieneprobleme: der ständige Abgang von Sekreten und Darminhalt zwingt zu Vorlagen, die häufig gewechselt werden müssen. Bei Frauen kommt es leicht zu aufsteigenden Harnwegsinfektionen.

Diagnostik

  • Anamnese: von den Betroffenen wird berichtet, dass sich beim Stuhlgang oder auch beim Heben oder Pressen etwas vorwölbt oder aus dem Analkanal herauskommt, was sich wieder zurückschieben lässt. Sie selbst vermuten meist , dies seien Hämorrhoiden.
  • Inspektion: beim Analprolaps findet sich ein perianaler Kranz von Haut und Schleimhaut. Er ist meist hochrot und geschwollen und zumeist verbunden mit Hämorrhoiden Grad 3-4.
  • Digitale Untersuchung: Beim Analprolaps ist die Vorwölbung weich und lässt sich meist noch in den Analkanal reponieren. Es ist auf Derbheiten zu achten, da ein Analkarzinom nicht übersehen werden darf. Wenn sich eine große, nicht reponible Vorwölbung findet, kann es sich um einen Rektumprolaps handeln, bei dem nicht nur die Schleimhaut nach außen gleitet, sondern die gesamte Rektumwand vorfällt. Bei der digitalen Austastung des Analkanals fällt meist ein schlaffer Sphinktertonus auf.
  • Proktoskopie: Meist sind ausgeprägte Hämorrhoiden zu erkennen.
  • Anale Endosonographie: sie dient der Klärung, ob der äußere und innere Sphincter intakt sind.
  • Weitere Untersuchungen sind bei einzelnen Patienten ggf. eine Defäkographie und eine anale Manometrie. Sie zielen auf die Funktionsfähigkeit des Verschlussmechanismus (Sphicter ani) und eine Enterozele, wenn der Analprolaps nur intermittierend eintritt.

Vorbeugung

  • Bei einer familiären Vorbelastung für Hämorrhoiden und Stuhlinkontinenz, die beim Analprolaps meist gleichzeitig vorliegen, sollte frühzeitige eine Beckenbodengymnastik unter fachkundiger Anleitung einer Physiotherapeutin durchgeführt werden. Ziel ist es, den Damm und der Darmausgang zu stärken.
  • Es sollte für weichen, geschmeidig geformten Stuhlgang gesorgt und Verstopfung vermieden werden.
  • Nach Geburten sollte Wert auf eine gute Rückbildungsgymnastik gelegt werden.

Therapie

Wenn erst einmal ein Analprolaps vorliegt, kommt in der Regel nur noch eine Operation in Betracht. Zur Operationsplanung sollte eine Defäkographie erfolgen, damit festgestellt werden kann, ob neben dem Analprolaps auch eine Intussuszeption und eine Rektozele vorliegen. Es kommt eine Hämorrhoiden-Operation z. B. nach Longo oder eine STARR-Operation in Betracht. Eine abdominelle laparoskopische ventrale Rektopexie oder eine perineale Reparatur nach dem Delorme- oder Altemeier-Verfahren sollen einen erneuten Descensus (Herabsinken) verhindern. In einer Studie an Männern lag die Komplikationsrate einer abdominalen Reparatur deutlich niedriger als die einer perinealen Reparatur (0 % vs. 20,7 %), ebenso die Rezidivrate (9,5 % vs. 41,7 %). (2)Gastroenterol Rep (Oxf). 2022 Feb 21;10(1):goac007. DOI: 10.1093/gastro/goac007.

Verweise

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


 

 


Literatur[+]