Windpocken

Übertragung

Windpocken (engl. chicken pox) sind eine hoch ansteckende Kinderkrankheit, die durch Herpes-simplex-Viren (DNA-Viren) ausgelöst wird. Die Ausbreitung erfolgt durch Tröpfcheninfektion durch die Luft oder durch direkten Kontakt mit Windpockenkindern. Infektiösität besteht bereits bei Entstehung der anfänglichen Rachenentzündung, die etwa 2 Tage vor Beginn der Hauterscheinungen auftritt. Sie endet wahrscheinlich erst mit Verschorfung der letzten Pustel.

Entstehung

Die Inkubationszeit (Zeit von der Infektion bis zum Ausbruch der ersten Krankheitssymptome) beträgt meist 14 – 17 Tage (möglich sind 10 – 21 Tage). Das Virus vermehrt sich zunächst im Rachenraum, gelangt ins Blut (erste Virämie) und vermehrt sich anschließend in Milz und Leber. Dann erst kommt es zu einer weiteren, großen Virämie, über die es zu einem Befall der Haut mit Entstehung des typischen Hautausschlags kommt. Die Pusteln verkrusten und verheilen narbenlos. Nach einer Verkrustung nimmt die Infektiosität rasch ab. Die Herpes-simplex-Viren gelangen nicht nur in die Haut, sondern auch in das Nervensystem, insbesondere in sensible Neuronen (Nervenzellen), in denen sie die Krankheit überdauern und Ursprung eines späteren Herpes zoster sein können.

Abwehrgeschwächte Personen und insbesondere Menschen nach Knochenmarktransplantation erkranken häufig ein zweites Mal in ihrem Leben an Windpocken. Sie sind auch besonders empfänglich für die Entwicklung eines Herpes zoster.

Symptomatik

Nach der Inkubationszeit kommt es zu grippeähnlichen Allgemeinsymptomen mit Frösteln, Fieber und Gliederschmerzen sowie Rachenbeschwerden. Im Rachen erkennt man kleine aphtöse Schleimhautdefekte.

Charakterisiert werden die Windpocken durch einen rasch aufflammenden Hautausschlag mit kleinen Pusteln am gesamten Körper, die nacheinander entstehen und damit unterschiedlich groß sind („Sternenhimmel“). Sie sind diagnoseweisend. Ihr Inhalt ist klar, serös und hochinfektiös.

Komplikationen

Komplikationen sind bei Kindern nicht die Regel. Am häufigsten noch entstehen bakterielle Superinfektionen der Haut.

Infektionen beim Erwachsenen sind relativ selten, da die meisten Menschen bereits im Kindesalter Windpocken durchgemacht haben. Sie verlaufen meist deutlich schwerer und können zu einer Beteiligung innerer Organe mit (Lungenentzündung (Pneumonie), Leberentzündung (Hepatitis) oder Hirnhautentzündung mit Gehirnbeteiligung (Meningoenzephalitis) führen.

Schwangere um die Geburt herum sind hinsichtlich schwerer innerer Organmitbeteiligungen besonders gefährdet.

Die häufigste Spätkomplikation ist die Gürtelrose (Herpes zoster), die durch Reaktivierung des in Ganglien überlebenden Viren bei Abwehrschwäche zustande kommt. Das Virus wird in diesem Fall als Varizellen-Zoster-Virus bezeichnet.

Vorbeugung, Impfung

Die Ständige Impfkommission des Robert-Koch-Instituts (STIKO) empfiehlt eine Impfung wegen der bei Erwachsenen erhöhten Komplikationshäufigkeit und zur Verhinderung einer Fetopathie bei Infektion in der Schwangerschaft (hier). Meist wird heute bei der Erstimpfung von Kleinkindern (ab 9 Monaten) ein Mehrfachimpfstoff (zusammen mit Impfstoffen gegen Masern, Mumps und Röteln) verwendet (Masern, Mumps, Röteln, Varizellen: MMRV-Impfstoff).

Die Befürchtung, dass ein Impfprogramm gegen Windpocken zu einem Anstieg der Häufigkeit einer Gürtelrose (Herpes zoster) führen würde, sind zwei Studien zufolge nicht gerechtfertigt; eine weitere Studie weist einen Anstieg auf, wahrscheinlich jedoch eher durch bisher nicht identifizierte Risikofaktoren, so beispielsweise durch demographische Faktoren. (1)J Infect Dis. 2008 Mar 1;197 Suppl 2:S224-7 (2)Proc Biol Sci. 2015 Apr 7;282(1804):20142509. DOI: 10.1098/rspb.2014.2509

Therapie

Die Behandlung der Windpocken ist in der Regel rein symptomatisch und zielt auf eine Fiebersenkung, eine Besserung der Gliederschmerzen und eine Vermeidung einer bakteriellen Superinfektion der Haut.

Medikamentös können Aciclovir und Vidarabin oder neuere Virustatika bei rechtzeitiger Einnahme (am besten innerhalb der ersten Stunden) zur Verminderung der Symptomatik bei heftigem Verlauf, vor allem bei Beteiligung innerer Organe führen. Die Altersbegrenzung de Medikamenteninformation muss beachtet werden.

Organbeteiligungen bedürfen häufig einer Langzeittherapie. So zeigte beispielsweise eine Acyclovir-Behandlung bei einer herpetischen Retinopathie (bedingt durch eine okkludierende Vaskulitis) einen positiven Verlauf. (3)J Ophthalmic Inflamm Infect. 2015 Feb 28;5:6. doi: 10.1186/s12348-015-0038-z Auch eine Varizellen-Zoster-Enzephalomyelitis nach hämatopoetischer Stammzelltransplantation reagierte auf eine antivirale Langzeittherapie günstig. (4)BMJ Case Rep. 2014 Dec 19;2014. pii: bcr2014208540. DOI: 10.1136/bcr-2014-208540


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Verweise

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