MINOCA bedeutet Herzinfarkt ohne Verschluss der Koronararterien („myocardial infarction with nonobstructive coronary arteries“). Die Akutsymptomatik entspricht einen Herzinfarkt durch Koronarverschluss, und die Prognose ist kaum besser. (1)Cureus. 2022 Mar 29;14(3):e23602. doi: 10.7759/cureus.23602

→ Zum Herzinfarkt siehe hier.

Ursachen


MINOCA kann durch eine Reihe von Ursachen ausgelöst werden. Als mögliche Ursachen kommen hauptsächlich folgende in Betracht (2)J Am Heart Assoc. 2018 Jul 3; 7(13): e009635. Published online 2018 Jun 28. doi:  … Continue reading:

  • Koronarspasmus: Verkrampfung der Koronararterien (etwa 27 %) (siehe auch unter Tako-Tsubo-Kardiomyopathie),
  • Angiitis/Vaskulitis der koronaren Blutgefäße, (3)JACC Case Rep. 2022 May 4;4(9):538-542.
  • DOI: 10.1016/j.jaccas.2022.02.022
  • Thrombophilie (Neigung zu überschießender Blutgerinnung (etwa in 14 %),
  • Aufplatzen eines arteriosklerotischen Plaques (in etwa 40 %),
  • Spontane Koronardissektion (Aufplatzen eines Koronargefäßes).

Fallbeispiel

In einem exemplarischen Fall hatte eine Bronchoskopie bei einem extrem angespannten und ängstlichen Patienten zu einer sympathischen Überfunktion geführt. Es trat ein Spasmus der Koronararterien auf, der zu einer akuten Koronarthrombose und einer Plaquezerstörung führte. Eine Notfall-Koronarangiographie (CAG) wies eine nur ungefähr 30 %-ige Stenose im LAD-Abgang und eine 40 %-ige Stenose im ersten diagonalen Ast (D1) auf, mit einem QFR-Wert (Quantitative Flow Ratio) für die LAD von 0,96. Der QFR-Wert wird als eine praktikable Technik zur Bewertung der funktionellen Koronarstenose und zur Unterstützung der Diagnose einer MINOCA angesehen. (4)BMC Cardiovasc Disord. 2020 Apr 21;20(1):185. doi: 10.1186/s12872-020-01458-5

Diagnostik

Akuter anteroseptaler Herzinfarkt im EKG (Brustwandableitungen).

Der Herzinfarkt macht sich durch heftigsten akuten Herzschmerz bemerkbar und wird durch EKG, Laborwerte und technische Untersuchungen und vor allem bildgebende Verfahren gesichert (siehe hier).

Eine Herzkatheteruntersuchung dient der Beurteilung der Herzkranzgefäße (Koronararterien) und lässt erkennen, dass ein koronarer Verschluss nicht nachweisbar ist, was typisch für einen MINOCA ist.

Zur weiteren Diagnostik kann ein intravasaler Ultraschall dienen. Er ermöglicht die Darstellung z. B. einer Plaqueruptur oder einer Vasculitis. Als bessere Untersuchungsmethode zur Darstellung von Plaqueerosionen wird die optische Kohaerenztomographie angesehen. Auch zur Erkennung einer spontanen Dissektion einer Koronararterie gilt sie als überlegen. (5)Circulation. 2018 May 8;137(19):e523-e557. doi: 10.1161/CIR.0000000000000564. Epub 2018 Feb 22.

Studien

In der VIRGO-Studie an jungen Menschen (zwischen 18 und 55 Jahren) wurde bei > 10 % der akute Herzinfarkt als MINOCA klassifiziert. Frauen waren 5 x häufiger betroffen als Männer. In 8,7 % lagen keine üblichen Risikofaktoren für eine koronare Herzkrankheit vor (vs. 1,3 % bei koronararteriosklerotisch bedingtem Herzinfarkt). In etwa 25 % wurde ein nicht-Plaque-assoziierter Mechanismus konstatiert. Die Überlebensprognose nach MINOCA war geringfügig, aber nicht signifikant besser als die bei einer zugrunde liegenden koronaren Verschlusskrankheit: die Mortalität lag nach 1 Monat bei 1,1 % vs. 1,7 % und nach 1 Jahr bei 1,7 % vs. 2,3 %. (6)J Am Heart Assoc. 2018 Jun 28;7(13). pii: e009174. doi: 10.1161/JAHA.118.009174.

Eine Neuseeländische Studie weist 10,8 % der akuten Herzinfarkte (8305 Patienten) als MINOCA aus. Die Mortalität innerhalb von 2 Jahren lag bei 4,5 % vs. 7,9 % bei Herzinfarkt durch koronaren Verschluss. (7)Heart 2018 DOI http://dx.doi.org/10.1136/heartjnl-2018-313665

Eine Langzeit-Nachverfolgung ergab, dass das 5-Jahres-Sterberisiko von Patienten mit MINOCA 1,93-fach höher war als von Patienten mit koronarem Verschluss. (8)JAMA Netw Open. 2023 Nov 1;6(11):e2343402. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2023.43402

Eine Metaanalyse gepoolter bereinigter Daten verlässlicher Studien, die über 1 Jahr gingen, ergab, dass Patienten mit MINOCA und mit Infarkt auf dem Boden einer koronaren Verschlusskrankheit ein ähnliches Gesamtmortalitätsrisiko aufwiesen. (9)MC Cardiovasc Disord. 2024 Jan 2;24(1):9. doi: 10.1186/s12872-023-03674-1.

Therapie

Behandlung: Die medikamentöse Behandlung beinhaltet die Akuttherapie eines Herzinfarkts (siehe hier) und zielt zudem auf die zugrunde liegende Ursache (siehe hier).

Vorbeugung: Da die Prognose eines MINOCA nicht wesentlich besser ist, als die eines Herzinfarkts durch Koronararterienverschluss, sollte ebenso eine wirksame Prophylaxe erfolgen. Es wurde vorgeschlagen, eine Vorbeugung eines Zweitereignisses (Sekundärprophylaxe) durch ASS, ß-Blocker, ACE-Hemmer und Statine in Betracht zu ziehen, auch dann, wenn eine koronare Herzkrankheit nicht als Ursache wahrscheinlich gemacht werden kann. (10)Circulation. 2017 Apr 18;135(16):1481-1489. doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.116.026336. Epub 2017 Feb 8. (11)J Am Heart Assoc. 2018 Jul 3; 7(13): e009635. Published online 2018 Jun 28. doi:  … Continue reading Allerdings konnte in einer kritischen Analyse von Studienauswertungen 2022 kein Vorteil einer Antiplättchen-Therapie gefunden werden, aber auch kein erhöhtes Blutungsrisiko. Es wurde jedoch darauf hingewiesen, dass die meisten Studien bezüglich der verschiedenen MINOCA-Ätiologien nur begrenzt aussagekräftig sind. (12)Front Cardiovasc Med. 2022 Feb 14;8:821297. DOI: 10.3389/fcvm.2021.821297


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Verweise

Literatur[+]