Endometriose

Artikel aktualisiert am 4. Juni 2019

Die Endometriose ist ein gynäkologisches Krankheitsbild, bei dem Endometriumzellen außerhalb des Uterus (Gebärmutter) vorkommen.


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Grundlagen

Die Schleimhaut der Gebärmutter ist zyklusabhängig über die Hormone Östrogen und Gestagen gesteuert: in der ersten Hälfte des Zyklus steigt die Östrogenkonzentration, die zu einem Aufbau und Proliferation des Endometriums führt, damit die befruchtete Eizelle sich dort im Falle einer Schwangerschaft einnisten kann. Ist dies nicht der Fall, so wird in der Desquamationsphase des Zyklus diese Schicht abgestoßen und es kommt zur Regelblutung. Wenn sich dieses hochaktive Gewebe nun woanders als im Cavum uteri befindet, unterliegt es trotzdem denn hormonellen Wachstumseinflüssen inklusive Blutung und es kommt zu klinischen Symptomen.

Entstehung

Die Ursachen der Endometriose sind noch nicht ganz geklärt. Folgende Punkte werden diskutiert:

  • Im Rahmen des normalen Zykluses Verschleppung von Schleimhautzellen in angrenzende Gebiete wie Ovar, Tuben, Vagina, Peritoneum, Douglasraum etc.
  • Embryonale Fehlanlage. Während der Entwicklung des Organismus führte eine Anlagestörung zu ektopen Endometriuminseln.
  • ärztliche Eingriffe (iatrogen)

Eine Theorie der Entstehung einer Endometriose besagt, dass eine retrograde Menstruation Blut mit Schleimhautzellen des Endometriums aus dem Uterus über die Tuben in die Leibeshöhle verschleppt. Die Einnistung solcher Zellen in andere Gewebe hängt jedoch von weiteren Faktoren ab, die nicht alle gut erklärt sind. Endometriale Stammzellen sollen eine Rolle spielen. (1)Ann N Y Acad Sci. 2008 Apr;1127:106-1 Da es familiäre Häufungen gibt, besteht offenbar eine genetische Prädisposition. Zudem werden Umweltfaktoren verantwortlich gemacht.

Das Sevesogift Dioxin hat zu einem Anstieg der Endometriose geführt. (2)Environ Health Perspect. 2002 Jul;110(7):629-34 Chlorierte Kohlenwasserstoffe sind nach der ENDO-Studie mit der Endometriose assoziiert. (3)Reprod Toxicol. 2010 Nov;30(3):365-9 Bei Frauen mit Endometriose lassen sich erhöhte Werte von chlorierten organischen Pestiziden feststellen. (4)Reprod Toxicol. 2010 Nov;30(3):365-9

Häufigkeit

Es wird geschätzt, dass 10 – 15% aller Frauen in gebärfähigem Alter an einer Endometriose leiden. (5)J Reprod Med. 2006 Mar; 51(3):164-8

Lokalisation

  • außerhalb des Genitalbereichs: Endometriosis extragenitalis. Verstreuung der Endometriumszellen im gesamten Bauchraum (Lunge, Gehirn, Darm etc.)
  • außerhalb des Uterus: Endometriosis genitalis externa. Herde in den Eierstöcken (Ovarien) führen zu zystischen Strukturen, in denen sich das Blut ansammelt und bei Ektomie schokoladenartig aussehen = Schokoladenzysten. Auch in der Vagina, dem Ligamentum rotundum oder dem Douglasraum möglich.
  • innerhalb des Uterus: Endometrosis genitalis interna oder Adenomyosis uteri. Normalerweise bilden die Endometriumzellen die oberste Schicht des Uterus. Hier findet man eine pathologische Infiltration der tieferen Schichten. Auch die Tuben können betroffen sein.

Die häufigste Lokalisation ist im Ligamentum sacrouterinum (60%), im Ovar (ca. 50%) und im Douglasraum.

Symptome

Häufig ist die pelvine Endometriose mit zyklusabhängigen Beschwerden im Unterleibs- und Beckenbereich und Auswirkungen auf Stuhlgang, Wasserlassen und Sexualfunktion.

Die zyklusabhängigen Schmerzen treten typischerweise ca. 2 Tage prämenstruell auf (Dysmenorrhoe). Dabei blutet es meist in eine Zyste, die durch die Kapseldehnung Schmerzen verursacht. Bei Anschluss an die Vagina (Tuben, Portio) kommt es zu Schmierblutungen, bei Anschluss an die Blase zur Makrohämaturie, bei Endometriose am Darm zu Blutauflagerungen am Stuhl. Die Endometriose des Bauchfells (Peritoneum) führt zu zyklusabhängiger Blutung in die Leibeshöhle, die des Lungenfells (Pleura) in den Pleuraspalt. Tuben- oder Ovarbeteiligung können zur Sterilität führen (aber keine primäre Amenorrhoe). Eine Blutung in die Ovarien kann zu einer Schokoladenzyste führen, die bei raschem Anschwellen stark schmerzhaft ist und rupturieren kann.

Hauptbefunde:

  • Dysmenorrhoe in ca. 50% der Fälle
  • Sterilität, 40%
  • Beckenscherzen, zyklisch
  • Dyspareunie (Schmerzen bei Geschlechtsverkehr)

Diagnostik

Die Diagnose einer Endometriose wird häufig erst sehr spät gestellt, nicht zu selten wahrscheinlich überhaupt nicht. Beschwerden und Blutungen im Magendarmkanal oder in der Blase in menstruationsabhängigen Abständen erleichtern es, an eine Endometriose gedacht.

Ein Flüssigkeitsaustritt in die Leibeshöhle oder den Pleuraraum, der sonographisch entdeckt wird und mit der Menstruation assoziiert ist, deutet auf die Diagnose einer Endometriose.

Rezidive eines Pneumothorax jeweils zum Zeitpunkt einer Menstruation weisen auf die Möglichkeit einer Pleuraendometriose hin.

Die Suche nach Endometrioseherden erfolgt durch Spiegelung laparoskopisch, thorakoskopisch oder endoskopisch. Sie kann schwierig oder ergebnislos verlaufen, da sich die Schleimhautinseln oft nicht gut von der Umgebung abheben. Der Zeitpunkt der Untersuchung wird daher meist in den direkt prämenstruellen Bereich gelegt. Eine Histologie bestätigt die Diagnose.

Therapie

Grundsätzlich handelt es sich um eine gutartige Erkrankung, so dass die Behandlung sich flexibel an die individuellen Gegebenheiten wie Alter, Kinderwunsch und Stärke der Symptome orientiert. Im Falle eines Zufallbefunds ohne Leidensdruck ist eine Behandlung nicht obligat.

Operativ werden die Endometriosezysten ausgeschält. Bei größeren Herden je nach Lage kann eine Laparotomie (Eröffnung des kleinen Beckens) notwendig sein, bei kleinen Befunden ist eine Laparoskopie oft ausreichend. In jedem Fall muss eine Ruptur der zu entfernenden Zysten vermieden werden, da sonst eine weitere intraperitoneale Ausbreitung droht.

Medikamentös werden Endometriosen behandelt, die nicht mehr operabel sind, oder zur Rezidivprophylaxe. Hier wird ausgenutzt, dass die Proliferation des ektopen Endometriums Östrogenabhängig ist. Bei Unterdrückung des Östrogenspiegels im Körper, fehlt den Herden der Wachstumsreiz, und sie atrophieren. Rezidive sind allerdings mit ca. 30% relativ häufig.

  • Ovulationshemmer, ohne Östrogene
  • Gestagene
  • Hemmung der FSH und LH Freisetzung aus der Hypophyse. Diese Hormone aus dem Hypophysenvorderlappen bewirken eine Erhöhung der Östrogenproduktion. GnRH Agonisten unterdrücken FSH und LH.

Während der Schwangerschaft und in der Postmenopause verschwinden die Symptome mangels Östrogen vollständig.

Die Behandlung einer Endometriose-bedingten Infertilität ist schwierig und beinhaltet die Möglichkeiten einer künstlichen Befruchtung intrauterinen Insemination und einer In-vitro-Fertilisation. (6)Obstet Gynecol Clin North Am. 2012 Dec;39(4):535-49.

Verweise

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


 

Literatur

Literatur
1Ann N Y Acad Sci. 2008 Apr;1127:106-1
2Environ Health Perspect. 2002 Jul;110(7):629-34
3Reprod Toxicol. 2010 Nov;30(3):365-9
4Reprod Toxicol. 2010 Nov;30(3):365-9
5J Reprod Med. 2006 Mar; 51(3):164-8
6Obstet Gynecol Clin North Am. 2012 Dec;39(4):535-49.