Biologische Substanzen mit medizinischer Wirkung

Artikel aktualisiert am 4. Januar 2024

Biologische Substanzen mit medizinischer Wirkung sind seit jeher für den Menschen von Interesse gewesen. Ihre Kenntnis begründet die Naturheilkunde, die auf pähistorische Zeiten zurückgeht. Die Heilkundigen der verschiedenen Völker und in der Neuzeit auch die pharmazeutische Industrie sind immer auf der Suche nach Kräutern mit biologischen Wirkungen gewesen. Dabei waren und sind sowohl heilende und krankheitsvorbeugende als auch giftige oder haluzinogene Verbindungen von besonderem Interesse.


Allgemeines

Das Pflanzenreich und das Reich der Pilze und Bakterien und selbst das Tierreich haben sich als unerschöpfliche Quellen bioaktiver Verbindungen herausgestellt, die sich medizinisch nutzen lassen. Daher schaut man sich auch heute noch von der Natur ab, wie beispielsweise Organismen bestimmte Bakterien abwehren, oder welche Verbindungen die Leber schützen, Schmerz lindern oder gegen Malaria oder gegen Krebs wirken. (1)Nat Prod Rep. 2008 Jun;25(3):475-516. DOI: 10.1039/b514294f. Epub 2008 May 7. PMID: 18497896. (2)Recent Pat Biotechnol. 2014;8(1):76-88. DOI: 10.2174/1872208307666131220163108. PMID: 24354526. (3)Molecules. 2020 Dec 7;25(23):5769. DOI: 10.3390/molecules25235769. PMID: 33297511; PMCID: … Continue reading

Manche der in der Natur gefundenen interessanten Substanzen wurden chemisch verändert und wirksamer gemacht, sodass aus ihnen Medikamente mit verstärkter Wirksamkeit entstehen. Inzwischen wird künstliche Intelligenz (ai) eingesetzt, um solche Substanzen z. B. in der chinesischen traditionellen Medizin zu entdecken und Medikamente zu entwickeln. (4)Chem Sci. 2023 Sep 26;14(39):10628-10630. doi: 10.1039/d3sc90185h

Ein besonderer Zweig der Forschung befasst sich mit der Überwindung der i. d. R. sehr schlechten Bioverfügbarkeit vieler wegen ihrer biologischen Eigenschaften hochinteressanter pflanzlicher Polyphenole durch Mikroverkapselung (Nanotechnologie). Eines der am hoffnungsvollsten erscheinenden Anwendungsgebiete ist die Krebstherapie.

Beispiele

Hier seien nur wenige Beispiele angeführt. (Mehr dazu hier.)

  • Die Geschichte der Antibiotika fußt auf natürlich vorkommenden Verbindungen in Pilzen und Mikroorganismen. Paradebeispiel ist Penicillin aus dem Pinselschimmel (Penicillium). Es wurde inzwischen vielfach chemisch modifiziert, um Resistenzen auszuweichen. (5)Curr Top Microbiol Immunol. 2016;398:237-272. DOI: 10.1007/82_2016_499. PMID: 27738915.
  • Bakterielle Gifte, wie das Botulinumtoxin (ein Neurotoxin aus Clostridium botulinum, Botox), werden in entsprechenden Verdünnungen medizinisch verwendet (z. B. gegen Strabismus, Dystonie, Achalasie, Kopfschmerzen, Depression …). (6)Toxins (Basel). 2022 May 31;14(6):383. doi: 10.3390/toxins14060383
  • Artemisinin ist ein Pflanzenprodukt (z. B. aus Beifuß und Estragon), welches sich als wirksam gegen Plasmodien (Malaria-Erreger) erweisen hat (Nobelpreis 2015 an Professorin Tu Youyou). Es wurden halbsynthetische Derivate (Artemether, Artesunat, Dihydroartemisinin) entwickelt, die als Medikamente Malaria in den Tropen und Subtropen zurückdrängen konnten.
  • Die Mariendistel enthält Silibinin, welches leberschützende Eigenschaften besitzt. Es kann beispielsweise bei einer Knollenblätterpilzvergiftung den Verlauf etwas abschwächen (siehe hier). (7)Hum Toxicol. 1983 Apr;2(2):183-95. doi: 10.1177/096032718300200203
  • Aus Curcumin, welches eine gewisse Wirksamkeit gegen Krebs gerichtete Aktivität entfaltet, wurden Derivate entwickelt, die eine deutlich höhere antiproliferative Aktivität aufweisen. (8)Plants (Basel). 2021 Jul 29;10(8):1559. DOI: 10.3390/plants10081559. PMID: 34451604; PMCID: … Continue reading (9)Phytother Res. 2022 Jan;36(1):189-213. doi: 10.1002/ptr.7305
  • Eine Muschel im Indischen Ozean hat ein Pentapeptid, Dolastin, erfunden, welches in geringster Konzentration Lungenkrebs unterdrückt; es wurde inzwischen chemisch modifiziert und noch wirksamer gemacht. Es verspricht, eine Therapieerweiterung in der Onkologie zu ermöglichen. (10)Mar Drugs. 2021 Jun 24;19(7):363. DOI: 10.3390/md19070363. PMID: 34202685; PMCID: PMC8303260. (11)Mar Drugs. 2021 Jul 23;19(8):407. DOI: 10.3390/md19080407. PMID: 34436246; PMCID: PMC8401013.
  • Viele Phytopharmaka werden kaum vom Körper und den Zielzellen aufgenommen. Eine Nanoverkapselung kann dieses Problem weitgehend lösen, wie an den Beispielen der Boswelliasäure, von Curcumin und Naringin nachgewiesen werden kann. Die substanzgeladenen Nanopartikel unterdrückten die Proliferation von Hep-G2-Zellen (Zellkulturen von Leberkrebs) signifikant. (12)BMC Complement Med Ther. 2023 Jul 29;23(1):270. doi: 10.1186/s12906-023-04096-4

Phytopharmaka und Biologika

Die Palette der aus der Natur isolierbaren Substanzen, die eine medizinisch gewünschte Wirkung entfalten, ist vielfältig. Sie haben nicht nur in der Naturheilkunde, sondern auch in der klassischen Medizin besondere Bedeutung als „Phytopharmaka“ erlangt. Zu den biologischen Substanzen mit medizinischer Wirkung gehören auch die Biologika, die mithilfe lebender Zellen und Organismen entwickelt werden (siehe hier).

Nanotechnologie und Phytopharmaka

Nanotechnologie in Kombination mit Phytopharmaka ist ein neuer Zweig der Pflanzenheilkunde. Diese Technik erweitert die therapeutische Perspektive.  Eine nanopartikuläre Abgabe von pflanzlichen Arzneimitteln soll Probleme mit ihrer Löslichkeit, Bioverfügbarkeit und Stabilität überwinden, ihre Zielspezifität erhöhen und die Bioverfügbarkeit verlängern.

Beispiel ist Curcumin mit seinen herausragenden biologischen Eigenschaften, die wegen der schlechten Resorption kaum wirksam werden. Nanocurcumin wird bezüglich therapeutischer Wirksamkeit bei verschiedenen chronischen Krankheiten und von Krebserkrankungen getestet. Die Ergebnisse der Laboruntersuuchungen sind vielversprechend. (13)Pharmaceuticals (Basel). 2023 Jan 10;16(1):101. doi: 10.3390/ph16010101 (14)Molecules. 2021 Nov 24;26(23):7109. doi: 10.3390/molecules26237109. Untersuchungen am Menschen betrafen Erkrankungen mit Covid-19. Die Anwendung von Nano-Curcumin führte Beobachtungen zufolge zu einer Verbesserung der Sauerstoffsättigung und einer Reduzierung der Genexpression von Interleukin (IL)-6 und von Interleukin-1 beta (IL-1β) sowie entzündlicher Symptome wie Husten und Fieber. (15)Phytother Res. 2023 Apr;37(4):1663-1677. doi: 10.1002/ptr.7778 Bezüglich der koronaren Herzkrankheit ergab eine Metaanalyse von Untersuchungen, dass eine Nano-Curcumin-Supplementierung das Lipidprofil, Entzündungen und Blutdruck verbessert. Es vermag das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken. Die Ergebnisse streuen jedoch breit. (16)Antioxidants (Basel). 2021 Jun 24;10(7):1015. doi: 10.3390/antiox10071015 Auch bei neurodegenerativen Krankheiten werden Therapieversuche mit Phyto-Nanopartikeln (geladen mit pflanzlichen Polyphenolen) als erfolgversprechend angesehen. (17)Oxid Med Cell Longev. 2022 Feb 21;2022:5288698. doi: 10.1155/2022/5288698


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Dazu siehe hier:

Literatur

Literatur
1Nat Prod Rep. 2008 Jun;25(3):475-516. DOI: 10.1039/b514294f. Epub 2008 May 7. PMID: 18497896.
2Recent Pat Biotechnol. 2014;8(1):76-88. DOI: 10.2174/1872208307666131220163108. PMID: 24354526.
3Molecules. 2020 Dec 7;25(23):5769. DOI: 10.3390/molecules25235769. PMID: 33297511; PMCID: PMC7730830.
4Chem Sci. 2023 Sep 26;14(39):10628-10630. doi: 10.1039/d3sc90185h
5Curr Top Microbiol Immunol. 2016;398:237-272. DOI: 10.1007/82_2016_499. PMID: 27738915.
6Toxins (Basel). 2022 May 31;14(6):383. doi: 10.3390/toxins14060383
7Hum Toxicol. 1983 Apr;2(2):183-95. doi: 10.1177/096032718300200203
8Plants (Basel). 2021 Jul 29;10(8):1559. DOI: 10.3390/plants10081559. PMID: 34451604; PMCID: PMC8398451.
9Phytother Res. 2022 Jan;36(1):189-213. doi: 10.1002/ptr.7305
10Mar Drugs. 2021 Jun 24;19(7):363. DOI: 10.3390/md19070363. PMID: 34202685; PMCID: PMC8303260.
11Mar Drugs. 2021 Jul 23;19(8):407. DOI: 10.3390/md19080407. PMID: 34436246; PMCID: PMC8401013.
12BMC Complement Med Ther. 2023 Jul 29;23(1):270. doi: 10.1186/s12906-023-04096-4
13Pharmaceuticals (Basel). 2023 Jan 10;16(1):101. doi: 10.3390/ph16010101
14Molecules. 2021 Nov 24;26(23):7109. doi: 10.3390/molecules26237109.
15Phytother Res. 2023 Apr;37(4):1663-1677. doi: 10.1002/ptr.7778
16Antioxidants (Basel). 2021 Jun 24;10(7):1015. doi: 10.3390/antiox10071015
17Oxid Med Cell Longev. 2022 Feb 21;2022:5288698. doi: 10.1155/2022/5288698