Chronische Pseudoobstruktion des Darms

Von Fachärzten geschrieben und wissenschaftlich überprüft.

Chronische Pseudoobstruktion des Darms (engl.: chronic idiopathic intestinal pseudoobstruction (CIIP) ) bedeutet lang dauernde Verstopfung (Obstipation) wie bei einer Verengung oder einem Verschluss des Darms durch ein mechanisches Hindernis. Im Fall der Pseudoobstruktion jedoch findet sich solch ein Hindernis nicht; Ursache der Störung des Vortransports des Darminhalts ist eine gravierende Motilitätsstörung der Darmwandung bzw. eines Darmsegments.


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Einteilung

Die chronische intestinale Pseudoobstruktion kann durch eine Erkrankung der Muskeln des Darms (myogen) oder durch eine Fehlfunktion der Darmnerven (neurogen) bedingt sein: es müssen eine viszerale Myopathie oder viszerale Neuropathie unterschieden werden.

In sehr seltenen Fällen findet sich eine Desmose des Kolons (Degeneration der lockeren bindegewebigen Verschiebeschicht innerhalb der Muskularis propria ungeklärter Genese mit der Folge einer erschwerten Muskelkontraktion).

Entstehung

Wesentlich für die Erklärung der Symptomatik und die Behandlung ist die Tatsache, dass der Darmkanal in seiner Wandung eine Muskulatur enthält, die normalerweise nach Bearf koordinierte Bewegungen durchführt, welche den Darminhalt vorwärts treibt. Die Koordinierung erfolgt durch Dehnung und Antrieb bzw. Hemmung durch ein darmeigenes Nervengeflecht, das wiederum durch den Sympathicus gehemmt und durch den Vagus (Parasympathicus) stimuliert werden kann. (Dazu siehe hier.) Bei der Pseudoobstruktion ist die Darmmotilität gestört.

Folgende Ursachen wurden gefunden oder diskutiert :

  • Als häufigste Ursache der CIIP wird eine Autoimmunreaktion angenommen [1] mit Bildung antineuronaler Antikörper und enterischer neuronaler Degeneration.
  • Die intestinalen Cajal-Zellen in der Muskulatur des Gastrointestinaltrakts sind auf nicht geklärte Weise bedeutsam für die elektromechanische Aktivität und damit für die gesamte gastrointestinale Motilität [2]. Ihre Störung oder ihre Rarifizierung (histologisch) kann zur Pseudoobstruktion führen, z. B. bei der paraneoplastischen Form (beobachtet bei kleinzelligem Bronchialkarzinom) [3], bei der slow-transit constpation [4], aber auch bei der idiopathischen Form [5].
  • Auch kann eine autoimmune enterische Leiomyositis Ursache sein [6].
  • Eine paraneoplastische Genese ist möglich [7].
  • Eine Pseudoobstruktion des Darms kann in der Folge neurologischer Krankheiten wie einer ALS oder einer MS eintreten.
  • Es wurden Pseudoobstruiktinen in Assoziation mit anderen internistischen Krankheiten gefunden (z. B. hepatische Enzephalopathie bei Leberzirrhose, kongestive Herzerkrankung, andere Autoimmunerkrankungen wie Lupus erythematodes).

Diagnostik

Ausschluss einer Obstruktion und eines spät manifesten Morbus Hirschsprung (segmentaler enterischer Nervenzellmangel im Rektum bzw. unteren Sigma, meist bereits gleich post partum durch einen Mekoniumileus auffällig) durch endoskopische, radiologische, manometrische und histologische Methoden.

In der Regel liegt begleitend eine Motilitätsstörung des Antrums und Duodenums sowie des gesamten Dünndarms vor, die auch ein frühes Völlegefühl verursachen können (Nachweis über eine antroduodenale Manometrie).

Klinik

Klinische Symptome können sein :

  • Völlegefühl durch verzögerte Magenentleerung (oft begleitend)

 

Die Klinik wird meist zu spät, oft erst Jahre nach Beginn der Symptomatik, richtig gedeutet. Die Prognose ist durch die Komplikationen (Ileus, therapeutische Komplikationen) geprägt.

Therapie

Eine kausale Therapie ist nicht möglich. Blähende Speisen vermeiden. Ggf. endoskopische Absaugung gefangener Darmgase. Kolonmassage. In verzweifelten Fällen kann ein Anus praeter oder gar eine totale Kolektomie diskutiert werden. Wenn die Dünndarmmotilität vorrangig mitbetroffen war, wurde auch eine Dünndarmtransplantation diskutiert und gelegentlich durchgeführt. In einigen Fällen wurde eine parenterale Langzeiternährung über einen Port durchgeführt [8]. In Einzelfällen einer paraneoplastischen Genese mit inhibierenden Mediatorstoffen wurde Oktreotid erfolgreich eingesetzt [9].

Verweise

-> Obstipation
-> Akute idiopathische intestinale Pseudoobstruktion
-> Morbus Hirschsprung
-> Ileus
-> Laxantien

Literatur

  1. ? Gut. 2005; 54: 1206-7
  2. ? Clin Gastroenterol Hepatol. 2005; 3: 449-58
  3. ? Am J Gastroenterol 2002; 97: 1828-1833
  4. ? Gastroenterology 2002; 123: 1459-1467
  5. ? Am J Gastroenterol 2002; 97: 2120-2126
  6. ? Hum Pathol. 2005; 36: 576-80
  7. ? Lung Cancer. 2005; 48: 137-40
  8. ? Clin Gastroenterol Hepatol. 2005 May;3(5):449-58
  9. ? Lung Cancer. 2005; 48: 137-40
  • Silk, DB. Chronic idiopathic intestinal pseudo-obstruction: the need for a multidisciplinary approach to management.