Akute Pseudoobstruktion (Ogilvie-Syndrom)

Artikel aktualisiert am 28. August 2023

Die akute Pseudoobstruktion des Dickdarms (Ogilvie-Syndrom) ist eine Störung der Darmmotilität (Peristaltik) mit Subileus- und Ileus-Symptomatik. Sie beruht auf einer Störung der Darmbewegungen durch eine Störung im Nervensystem der Darmwand, die mehrere Ursachen haben kann. Folgen sind eine erhebliche schmerzhafte Aufdehnung des Darmlumens und Stuhlverhalt.


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Entstehung

Es handelt sich beim Ogilvie-Syndrom um eine funktionelle Störung des enterischen Nervensystems, die zu einem „adynamischen Dickdarm“ führt und eine massive Dilatation und ggf. eine Perforation zur Folge hat. (1)Medicine (Baltimore). 2018 Jul;97(27):e11187. DOI: 10.1097/MD.0000000000011187

Viele Ursachen können zu einer Abnahme der Motilität des Dickdarms führen. Dazu gehören

  • Stoffwechselentgleisungen (Diabetes: Pseudoperitonitis diabetica),
  • spinale Tramata (spinaler Schock),
  • retroperitoneale Traumata (Verletzung hinter dem Bauchraum),
  • Medikamente (z. B. psychiatrische Medikationen).

Charakteristisch ist ein Ungleichgewicht des autonomen Nervensystems (Vagus – Sympathicus) mit erniedrigtem parasympathischen und / oder erhöhtem sympathischen Tonus mit der Folge einer Atonie (Bewegungsverlust) des Kolons.

Diagnostik

Ausschluss einer Obstruktion und eines spät manifesten Morbus Hirschsprung durch endoskopische, radiologische, manometrische und histologische Methoden.

Röntgenologisch: massive Erweiterung der Kolondurchmesser ohne Zeichen eines Dünndarmileus.

Differentialdiagnosen

Bei der akuten Pseudobstruktion liegt kein mechanisches Hindernis für die Fortbewegung des Darminhalts vor. Dieses ist jedoch für die Symptomatik sehr viel häufiger verantwortlich und muss diagnostisch vorrangig ausgeschlossen werden. Es kommen weitere Differenzialdiagnosen hinzu, die seltener sind und ebenfalls beachtet werden sollten.

Die verschiedenen Diagnosen lassen sich meist durch Laborwerte (Entzündungsparameter), Stuhlbakteriologie, bildgebende Verfahren (z. B. MR-Sellink, CT-Kolonographie) und Endoskopie mit Histologiegewinnung klären.

Klinik

Typisch sind plötzlich oder rasch auftretende starke Schmerzen durch eine Kolondehnung infolge Stuhl- und Gasansammlung. Zeichen von Darmbewegung sind nur spärlich oder fehlen. Die Symptomatik kann sich zur Ileussymptomatik steigern.

Therapie

Eine kausale Therapie steht i.d.R. nicht zur Verfügung. Zunächst kommen konservative Maßnahmen mit z. B. intravenöser Applikation von Neostigmin in Betracht. Eine akute Darmentlastung durch endoskopische Absaugung der gefangenen Darmgase kann zu einer entscheidenden Entspannung und Lösung der massiven Bauchschmerzen führen. Ggf. hilft die Einlage eines hohen Darmrohrs oder die Entlastung durch eine Operation. In einem geeigneten Fall wurde durch eine Spinalanästhesie eine Verbesserung erzielt. (3)J Clin Anesth. 2005; 17: 122-3


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Verweise

 


Autor: Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (s. Impressum)


 

Literatur

Literatur
1Medicine (Baltimore). 2018 Jul;97(27):e11187. DOI: 10.1097/MD.0000000000011187
2Eur J Pediatr Surg. 2012 Dec;22(6):445-59. doi: 10.1055/s-0032-1322544.
3J Clin Anesth. 2005; 17: 122-3