Magenentleerungsstörung
Artikel aktualisiert am 25. Oktober 2023
Magenentleerungsstörung bedeutet eine Verzögerung der Entleerung des Mageninhalts in den Zwölffingerdarm (Duodenum), so er noch mehr als 4-6 Stunden nach Mahlzeiten im Magen verbleibt. (1)Clin Exp Gastroenterol. 2018 Sep 25;11:347-363. doi: 10.2147/CEG.S131650.
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Ursachen
Folgende Ursachen können zu einer Magenentleerungsstörung führen:
- Gastroparese bei einer Nervenschädigung: Bei Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) ist eine Nervenschädigung (Neuropathie) einer der wichtigsten Komplikationen. Sie betrifft nicht nur periphere Nerven, sondern auch die Nerven des Magendarmkanals. Sie kann zu einer verminderten Motilität (Bewegung) der Magenwand zur Durchwalkung des Nahrungsbreis und bei den Magenentleerung führen. (2)J Patient Cent Res Rev. 2019 Apr 29;6(2):148-157. DOI: 10.17294/2330-0698.1689 PMID: 31414026; … Continue reading
- Vorübergehende Dyskinesie der Magenwandmuskulatur: Aus vielen Gründen kann es zu einer Fehlkoordination und unzureichenden Beweglichkeit der Magenwand (Dyskinesie) kommen. Dyskinesien mit Magenentleerungsstörungen können im Rahmen anderer Erkrankungen und Bedingungen vorübergehend auftreten, so vor allem
- im Rahmen eines vorübergehenden Infekts,
- als Nebenwirkung von Medikamenten und
- durch psychischen Stress; er kann vorübergehend „den Magen zuschnüren“.
- Enge des Magenausgangs (Magenausgangsstenose)
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- narbig nach Magengeschwüren,
- durch ein Magenkarzinom,
- beim Bouveret-Syndrom.
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Folgen
Bei einer Magenentleerungsstörung bleiben mehr oder weniger große Nahrungsmengen über viele Stunden im Magen; dies gilt auch für oral eingenommene Medikamente, die dadurch unzuverlässig wirken.
Durch eine verlangsamte Magenentleerung kann es zu einer gastroösophagealen Refluxkrankheit kommen. Umgekehrt findet man bei Menschen mit einer Refluxkrankheit gehäuft eine Magenentleerungsstörung. (3)J Gastroenterol Hepatol. 2018 Dec 14. doi: 10.1111/jgh.14572.
Im Rahmen einer motorischen Fehlkoordination der Muskulatur von Magen und Dünndarm (Dyskinesie), der zu einer verzögerten Magenentleerung führt, kann ein galliger Reflux aus dem Duodenum in den Magen auftreten, der wiederum zu einer Typ-C-Gastritis führt.
Wenn sich im Refluat auch Galle befindet (endoskopisch erkennbarer galliger Reflux aus dem Dünndarm in den Magen) und der gallig tingierte Magensaft weiter in die Speiseröhre gelangt, so steigt dadurch auf Dauer das Risiko von Speiseröhrenkrebs (Ösophaguskarzinom).
Symptomatik
Häufig bestehen ein Völlegefühl, ein Gefühl frühzeitiger Sättigung, manchmal auch Brechreiz, Neigung zu Aufstoßen, Magendrücken oder Schmerzen in der Magengegend oder im epigastrischen Winkel. Gelegentlich werden keine besonderen Beschwerden angegeben.
Diagnostik
Führend ist in der Regel der Endoskopie-Befund: bei der Gastroskopie, die, um einer Aspiration während der Untersuchung vorzubeugen, in aller Regel nüchtern, d.h. mehr als 4-6 Stunden nach der letzten Mahlzeit durchgeführt wird, erkennt man noch erhebliche Speisereste. Sie können gelegentlich eine Inspektion des Magenausgangs verhindern. Es wird auf einen Tumor, ein Ulkus und eine Ulkusnarbe am Magenausgang, eine Gastritis und auf eine Refluxösophagitis geachtet. Gelegentlich erkennt man bei lange bestehender Entleerungsstörung einen großen, dilatierten Magen; dies ist allerdings im Röntgenbild des Magens nach einer Füllung mit Kontrastmittel besser zu erkennen.
Es kann eine weitere Abklärung z. B. durch eine Sonographie und eine Computertomographie erforderlich sein. Die Fragestellung richtet sich dabei häufig auf einen extragastralen Tumor (z. B. eine Pankreaspseudozyste oder ein Pankreaskarzinom), der auf den Magenausgang oder das Duodenum drückt.
Therapie
Die Behandlung erfolgt nach Ursache. Bei einer funktionellen Magenentleerungsstörung werden Prokinetika eingesetzt.
Bei einer höhergradigen Magenentleerungsstörung wirken oral verabreichte Medikamente nicht immer zuverlässig. Denn sie können in einem großen Volumen an Nahrungsbrei im Magen gefangen und zu dem Zeitpunkt der gewünschten Wirkung wirkungslos bleiben. In diesen Fällen kann eine Zufuhr über Suppositorien (rektal zu verabreichende Zäpfchen) oder gar eine parenterale Applikation notwendig werden.
Bei einer Verengung (Obstruktion) des Magenausgangs können in leichten Fällen Medikamente die Symptomatik bessern. Bei unzureichender Wirkung kommen endoskopisch oder chirurgische erweiternde Maßnahmen in Frage.
Bei einer endoskopischen Intervention kann der Magenausgang (Pylorus) durch einen mit Flüssigkeit oder Luft füllbaren Ballon kontrolliert erweitert werden; gelegentlich muss die Prozedur mehrfach wiederholt werden.
Wenn der Magenentleerungsstörung ein Spastik der Muskulatur des Pylorus (Pylorospastik) zugrunde liegt, kommen heute ebenfalls endoskopische Methoden in Betracht. In speziellen Zentren kann der konzentrische verdickte Muskel über ein endoskopisch eingeführtes Elektromesser eingeschnitten werden (endoskopische Myotomie). (4)J Dig Dis. 2017 Dec;18(12):709-712. doi: 10.1111/1751-2980.12509. PMID: 28727260. In der Regel aber werden Fälle eines unzureichenden medikamentösen Ansprechens operativ (meist durch Laparoskopie) behandelt.
Diabetische Gastroparese: Da die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) die häufigste Ursache einer anhaltenden funktionellen Magenentleerungsstörung darstellt, kommt einer rechtzeitigen Erkennung der Stoffwechselkrankheit und einer guten Einstellung des Blutzuckers für die Vorbeugung eine Hauptrolle zu. (5)Clin Gastroenterol Hepatol. 2016 Jul;14(7):929-36. doi: 10.1016/j.cgh.2015.11.021. Zur Diabetes-Therapie siehe hier.
Für schwere Fälle einer Gastroparese ist heute eine aggressive Therapie durch operative Pyloroplastik (plastische Erweiterung des Magenausgangs) und Implantation einer elektrischen Stimulators der Magenwand der derzeitige „Goldstandard“. (6)Clin Exp Gastroenterol. 2018 Sep 25;11:347-363. doi: 10.2147/CEG.S131650.
Verweise
Patienteninfos
Literatur
↑1 | Clin Exp Gastroenterol. 2018 Sep 25;11:347-363. doi: 10.2147/CEG.S131650. |
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↑2 | J Patient Cent Res Rev. 2019 Apr 29;6(2):148-157. DOI: 10.17294/2330-0698.1689 PMID: 31414026; PMCID: PMC6676757. |
↑3 | J Gastroenterol Hepatol. 2018 Dec 14. doi: 10.1111/jgh.14572. |
↑4 | J Dig Dis. 2017 Dec;18(12):709-712. doi: 10.1111/1751-2980.12509. PMID: 28727260. |
↑5 | Clin Gastroenterol Hepatol. 2016 Jul;14(7):929-36. doi: 10.1016/j.cgh.2015.11.021. |
↑6 | Clin Exp Gastroenterol. 2018 Sep 25;11:347-363. doi: 10.2147/CEG.S131650. |