Ritalin

Artikel aktualisiert am 6. Juli 2017

Ritalin ist ein Medikament mit stimulierenden Wirkungen im zentralen Nervensystem. Die chemische Bezeichnung ist Methylphenidat (oft als MPD oder MPH abgekürzt). Es ist ein Piperidin-Derivat und strukturell mit Amphetaminen verwandt. Es besitzt Suchtpotential und ist betäubungsmittelrezeptpflichtig. Die Hauptanwendungen betreffen das ADHS und seltener Abgeschlagenheit und Depression bei Krebspatienten. Seit einiger Zeit entwickelt es sich zu einer Modedroge zur Leistungssteigerung.


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 Das Wichtigste

Kurzgefasst
Ritalin ist ein Medikament zur Behandlung des ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom). Es erhöht die Aufmerksamkeit und hat auch sonst einen allgemein stimulierenden Effekt. Gesunde Personen benutzen die Substanz zunehmend zur Leistungssteigerung bei Lernstress und bei hohen beruflichen Anforderungen; es scheint zu Modedroge zu werden. Die Nebenwirkungen beruhen auf einer Anregung des Herzkreislaufsystems mit schnellem Herzschlag (Tachykardie) und Herzrhythmusstörungen.

 Wirkungen

Ritalin (Methylphenidat) hat im Wesentlichen psychostimulierende und neuroprotektive Wirkungen. Es wird zur Behandlung des ADHS eingesetzt und verbessert sowohl die Aufmerksamkeit als auch die Koordination der Körperbewegungen.

Bei gesunden Menschen regt es das autonomen Nervensystems an; es steigert die Herzfrequenz, den Blutdruck und die Hautleitfähigkeit; es senkt die Reaktionszeiten. In Tests werden weniger Fehler gemacht [1].

Unter Lernstress und beruflichem Stress wird Ritalin zunehmend von sonst gesunden Personen zur Leistungssteigerung („Gehirndoping“, „Neuroenhancement“) genommen. Suchtpotential und Nebenwirkungen (s. u.) werden meist dabei vernachlässigt; ob sich dadurch dauerhaft die Persönlichkeit verändert, ist Gegenstand der Diskussion. Diese nicht-medizinische Anwendung ist medizinisch und ethisch umstritten [2] [3].

Einzelne Wirkungen

  • Der vesikuläre Monoamin-Transporter-2 (VMAT-2) bewirkt eine Sequestration von Catecholaminen und Serotonin in synaptische Vesikel und trägt damit zu ihrer Exozytose (Ausscheidung in den synaptischen Spalt) bei. Er unterliegt einer ausgeprägten Regulierung. Methylphenidat (Ritalin) bindet an diesen neuronalen Transporter und blockiert so den Einwärtstransport von Dopamin in Nervenzellen (Aufnahmeblocker für Dopamin). Zudem scheint es den Transporter und die assoziierten Vesikel an Nervenendigungen weg von den Synapsen ins Cytoplasma umzuverteilen [4] [5].
  • Methylphenidat (Ritalin) wirkt neuroprotektiv gegenüber den neurotoxischen Effekten von Amphetamin und beim Morbus Parkinson, indem es die intrazelluläre Ansammlung von Dopamin, die beidem zugrunde liegt, vermindert und damit auch die Dopamin-assoziierte Bildung von reaktivem Sauerstoff unterdrückt [6].
  • Wiederholte Zufuhr von Methylphenidat (Ritalin) verändert im Tierexperiment den Tagesrhythmus der Bewegungsaktivitäten auch über die akute Medikamentenwirkung hinaus [7] [8].
  • Methylphenidat (Ritalin) verbessert schon nach eine Einzeldosis von 10 mg die muskuläre Koordination und Balance der Bewegungen besonders bei ADHS-Patienten mit erhöhtem Muskeltonus oder bei motorischer Hemmung [9].
  • Methylphenidat (Ritalin) kann bei alten und kranken Menschen zu einer Verbesserung von Müdigkeit, Apathie und Depression führen [10]. Bei Krebspatienten kann Methylphenidat ebenfalls die häufig quälende Abgeschlagenheit bessern [11] [12].
  • Methylphenidat (Ritalin) erniedrigt im Blut das Gesamtcholesterin, die Triglyceride, LDL-C und Lipoprotein a (Lp(a). Es verbessert so den Lipidstatus [13].

Nebenwirkungen

  • Methylphenidat (Ritalin) kann kardiale Nebenwirkungen entfalten. Dazu gehören Tachykardie (schneller Herzschlag) und Herzrhythmusstörungen wie die Tachyarrhythmie (unregelmäßiger schneller Herzschlag), die Hypertonie (Bluthochdruck), aber auch eine akute Kardiomyopathie (Schwäche der Herzmuskulatur) und eine Perikarditis (Herzbeutelentzündung), die schon nach einer Einzeldosis von Ritalin auftreten können [14]. Auch wurde ein „cardiac arrest“ (Aussetzen der Herzaktion) bei Kammerflimmern ohne kardiale Vorerkrankung beschrieben [15].
  • Methylphenidat (Ritalin) vermag selten taktile und visuelle Halluzinationen auszulösen [16].

Verweis

Literatur

  1. ? J Integr Neurosci. 2005 Mar;4(1):123-44
  2. ? BMC Med Ethics. 2009 Jul 6;10:9
  3. ? BMJ. 2009 Jun 18;338
  4. ? Ann N Y Acad Sci. 2008 Oct;1139:285-90
  5. ? Neuropharmacology. 2009;56 Suppl 1:133-8
  6. ? Curr Neuropharmacol. 2008 Dec;6(4):379-85
  7. ? Neuropharmacology. 2009 Sep;57(3):201-7
  8. ? Pharmacol Biochem Behav. 2009 Mar;92(1):93-9
  9. ? Behav Brain Funct. 2009 May 13;5:21
  10. ? Am J Geriatr Pharmacother. 2009 Feb;7(1):34-59
  11. ? J Natl Cancer Inst. 2008 Aug 20;100(16):1155-66
  12. ? Psychooncology. 2009 Nov 16
  13. ? J Clin Pharmacol. 2009 Jul;49(7):848-51
  14. ? Cardiovasc Toxicol. 2009 Mar;9(1):49-52
  15. ? Pharmacotherapy. 2008 Nov;28(11):1408-12
  16. ? J Child Neurol. 2009 Aug;24(8):1005-7